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Todesfuge

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In dem Gedicht "Todesfuge" von Paul Celan werden Geschehnisse in einem Konzentrationslager geschildert.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Das Gedicht beginnt mit einem Oxymoron, nämlich mit den Worten: "Schwarze Milch".

Hier werden zwei Elemente miteinander kombiniert, die eigentlich nicht zusammen passen: Milch ist normalerweise weiß. Möglicherweise spielt der Autor hiermit auf den Kunstkaffee an, der in manchen KZ-Speiseplänen eine dominierende Rolle spielte, obwohl dieser nicht zu allen Tageszeiten, wie es Celan schildert, aufgenommen wurde. Andere Quellen spekulieren, dass sich Celan hier auf die Klagelieder der Jeremia (4,7-8) im alten Testament bezieht. Da heißt es: "Ihre Fürsten waren reiner denn Schnee und klarer denn Milch. [...] nun ist ihre Gestalt so dunkel von Schwärze."

Dieses Motiv dominiert den gesamten weiteren Verlauf des Gedichtes. Denn im Folgenden werden verschiedene Geschehnisse in dem KZ einander gegenübergestellt, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Zum einen Geschehnisse aus der Sphäre eines KZ-Wärters; zum anderen Geschehnisse aus der Sphäre der jüdischen Gefangenen.

Aber auch das Leben des Wächters weist Widersprüche auf. Auf der einen Seite ist er der bürgerliche Kulturmensch, der sich um Hunde kümmert, seiner Frau Briefe schreibt und gerne Musik hört. Andererseits ist er ein kaltblütiger Mörder, dem es nichts ausmacht, die Gefangenen zu schinden und zu ermorden. Zum Ende wird deutlich, dass aus Sicht des Autors die Waage in Richtung "Monster" ausschlägt. Dabei wird der Wächter - der typische Deutsche - als ein Beispiel für alle Deutschen gesehen, denn "der Tod ist ein Meister aus Deutschland", was so viel bedeutet, dass kein anderes Volk das Töten so gut versteht wie das deutsche. Die letzte Strophe verdeutlicht das Fazit, das Celan aus diesen Betrachtungen zieht. Der Kontrast zwischen den goldenen Haaren Margaretes und den aschenen Haaren Sulamiths weist auf den größeren Kontrast zwischen Deutschen und Juden hin. Für Celan sind beide Völker zu unterschiedlich um sich zu verstehen.

Zweierlei will der Autor mit seinem Gedicht bezwecken. Zum ersten verdeutlicht er durch die Gegenüberstellungen die Perversion der Menschenvernichtungsindustrie des nationalsozialistischen Regimes auf grauenvolle Art und Weise. Zum anderen vermittelt Celan mit diesem Gedicht, geprägt durch seine eigenen, leidvollen Erfahrungen, einen unversöhnlichen Hass und unüberwindbare Differenzen zwischen Deutschen und Juden.

Begriffspaare sind etwa: "Dein goldenes Haar Margarete" (aus der Sphäre des KZ-Wärters, der nach Hause schreibt) und "Dein aschenes Haar Sulamith" (aus der Sphäre der jüdischen Gefangenen).

Fugenartigkeit des Gedichts

Das Gedicht heißt "Todesfuge", weil die einzelnen sprachlichen Bausteine immer neu kombiniert werden. Dies ist eine Technik, die in der Musik für eine Fuge charakteristisch ist. Ferner wird das Anfangsmotiv ("Schwarze Milch") immer weitergesponnen, indem immer weitere Gegensätze miteinander kombiniert werden: "Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends".

Insoweit ist das Anfangsmotiv als der zentrale Bestandteil des Gedichts gleichsam dessen Keimzelle. Ebenso wird in der Musik mit einem Motiv verfahren: Auch hier wird die kleinste Sinneinheit vielfältig variiert.

"Der Tod ist ein Meister aus Deutschland"

Als Redewendung wird die Zeile „der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ besonders im antifaschistischen Sprachgebrauch häufig zitiert und findet sich auf Plakaten und in Wandmalereien wieder. Auf extrem rechter Seite finden sich zahlreiche antisemitische Applikationen der Celan-Zeile, wie z.B. „Der Tod ist ein Meister aus Israel“.

Autorenlesung

Zu besonderer Entfaltung kommt die Todesfuge - dies deutet bereits der Titel an - wenn sie aufgeführt, d.h. gesprochen wird. Einen besonderen Glücksfall stellt eine Aufnahme des Autors selbst bei der Rezitation der Todesfuge dar, die im Verlag Günther Neske, Pfullingen, innerhalb der Sprechplattenedition Lyrik der Zeit erschien. Hier ist der selbsterfahrene Schrecken, die den Autor zur Komposition des Gedichts inspiriert haben mag, noch unmittelbarer als in der gedruckten Form zu spüren. Celans Intonation vermittelt hier gleichsam äußerstes Entsetzen und eine Unbeteiligtheit, die den Hörer nicht weniger erschauern lässt.

Vertonung

Der später ausgebürgerte DDR-Komponist Tilo Medek vertonte das Celan'sche Gedicht in den 1960er Jahren als Chorwerk, das international beachtet wurde.

Ausgaben

  • Paul Celan: Todesfuge. Mit einem Kommentar von Theo Buck. 2. Auflage. Rimbaud, Aachen 2002. ISBN 3-89086-795-2
  • Paul Celan: Die Gedichte - Kommentierte Gesamtausgabe in einem Band, hrsg. und kommentiert von Barbara Wiedemann. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003. ISBN 3518413902; TB-Ausg.: 2005, ISBN 3518456652

Sekundärliteratur

  • Jean Firges: Den Acheron durchquert ich: Einführung in die Lyrik Paul Celans, Stauffenburg Verlag, Tübingen 1998
  • Jean Firges: Vom Osten gestreut, einzubringen im Westen: Jüdische Mystik in der Dichtung Paul Celans, Sonnenberg Verlag, Annweiler 1998

Weblinks

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