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Supersymmetrie

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Die Supersymmetrie ist eine physikalische Theorie, die jedem bosonischen Teilchen (mit ganzzahligem Spin) einen fermionischen Partner (mit halbzahligem Spin) zuordnet (und umgekehrt). Bisher hat man noch von keinem Teilchen den Partner nachgewiesen, deshalb geht man davon aus, dass die supersymmetrischen Teilchen (en. Sparticle, für supersymmetric particle) wesentlich schwerer sind. Die Supersymmetrie gilt als einer der möglichen Kandidaten für die Physik jenseits des Standardmodells.

Unter einer Supersymmetrie versteht man die Invarianz eines physikalischen Modells unter einer Transformation, deren infinitesimaler Parameter ein antikommutierendes Element einer Superalgebra ist. So, wie eine räumliche Drehung um 180 Grad um die x-Achse ein Teilchen mit Spin +½ in z-Richtung in ein Teilchen mit Spin −½ in z-Richtung verwandelt, verbindet eine Supersymmetrietransformation Teilchen, deren Gesamtspin sich um ½ unterscheidet und fasst damit Materieteilchen (Fermionen wie etwa das Elektron) und Kraftteilchen (Bosonen wie z.B. das Photon) als verschiedene Teile eines größeren Ganzen (eines Supersymmetrie-Multipletts) zusammen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Einleitung

In der Quantenfeldtheorie werden die fundamentalen Felder als irreduzible unitäre Darstellungen der Raumzeit-Symmetrien modelliert. Das bedeutet, dass zum einen Raumzeit-Symmetrien als lineare Operatoren auf diesen Feldern wirken, zum anderen ein sinnvolles inneres Produkt definiert ist, das nach den Regeln der Quantenmechanik Amplituden auf Wahrscheinlichkeiten abbildet. Die Raumzeit-Symmetrien sind die Verschiebung in der Ortskoordinate, die Verschiebung in der Zeitkoordinate und der Übergang zu einem bewegten Bezugssystem (im relativistischen Fall als Lorentz-Boost beschrieben). Neben diesen Raumzeit-Symmetrien tauchen in der Quantenfeldtheorie auch „interne“ Symmetrien auf.

In der nichtrelativistischen Quantenmechanik des Punktteilchens in einer Dimension wird die Verschiebung um eine gewisse Distanz \vec{a} in der Ortskoordinate durch den Operator e^{ \frac{\mathsf{i}}{\hbar} \cdot \vec{a} \cdot \vec{P} } beschrieben, wobei \vec{P} \dot{=} \frac{\hbar}{\mathsf{i}} \nabla der Impuls-Operator ist. Die Verschiebung in der Zeitrichtung um das Zeitintervall t wird beschrieben durch e^{-{\frac{\mathsf{i}}{\hbar} \cdot t \cdot \hat{H}}} , wobei \hat{H} der Hamilton-Operator ist.

Ein Beispiel für eine (näherungsweise) interne Symmetrie: In der nichtrelativistischen Quantenmechanik lassen sich gewisse phänomenologische Aspekte des Hadronen-Spektrums durch Annahme einer (nur näherungsweise erfüllten) Isospin-Symmetrie gut erklären. Die zugrundeliegende Annahme ist, dass das up- und down-Quark auf gleiche Weise an der starken Wechselwirkung teilnehmen und deswegen als ein quantenmechanisches Zweizustandssystem aufgefasst werden können. Bindungszustände aus up- und down-Quarks müssen sich dann in irreduzible Darstellungen der Isospin-Symmetriegruppe SU(2) klassifizieren lassen. Beispielsweise bilden die pi-Mesonen ein Isospin-Triplett. Dieses Modell lässt sich nun auf zwei Weisen erweitern: da es neben up- und down-Quark ein weiteres vergleichsweise leichtes Quark gibt – das strange-Quark – lässt sich das Zweizustandssystem zu einem Dreizustandssystem ausweiten, dessen Symmetriegruppe SU(3) ist. Das Triplett der pi-Mesonen wird auf diese Weise ausgeweitet zu einem Mesonen-Oktett, das auch die K-Mesonen und das eta-Meson enthält.

Zum anderen kann man den Spin der Quarks in die Betrachtung mit aufnehmen und ein Vierzustandssystem mit Zuständen up/spin-hoch, up/spin-runter, down/spin-hoch, down/spin-runter betrachten. Das Triplett der pi-Mesonen, das durch Quark-Antiquark-Paarungen mit verschwindendem Spin entsteht, wird so erweitert auf ein System von {4 \cdot 4}=16 Quantenzuständen, das die drei pi- und das eta-Meson (mit verschwindendem Spin) sowie das omega- und die drei rho-Mesonen umfasst. (Letztere haben Gesamtspin 1 und tauchen deswegen in drei Polarisationszuständen auf, was die {3 + 1 + \left( 3 + 1 \right) \cdot 3} = 16 Quantenzustände ergibt.)

Unter anderem hat der Erfolg dieser nichtrelativistischen Modelle für die Mesonen-Klassifizierung die Frage aufgeworfen, ob es möglich ist, entsprechende relativistische Verallgemeinerungen zu finden. Nach wiederholtem Scheitern aller Konstruktionsversuche wurde von Coleman und Mandula ein allgemeines Argument angegeben, weshalb eine Vergrößerung von Raumzeit-Symmetrien, wie sie etwa für das Verheiraten des Spins (der auf räumliche Drehungen reagiert) mit internen Symmetrien nötig wären, nicht möglich ist. (Kurz gesagt ist die Idee, dass die vergrößerten Symmetrien zusätzliche Erhaltungssätze liefern würden, die Streuung nur noch unter diskreten Winkeln ermöglichen würden. Da der differentielle Streuquerschnitt stetig ist, würde dies bedeuten, dass Wechselwirkungen in so einem Modell nicht möglich sind. Allenfalls konforme Symmetrie käme in Frage.)

Eine Eigenheit der Quantenfeldtheorie ist, dass sich die Felder in unserer Welt, die zu Kraftteilchen gehören (also etwa das zum Photon gehörende elektromagnetische Feld) elegant mit reellen bzw. komplexen Zahlen beschreiben lassen, während es für die Beschreibung von Materieteilchen nützlich ist, eine Superzahlen-Algebra einzuführen. Diese bestent aus einer Erweiterung der komplexen Zahlen um algebraische Elemente, die {a_j \cdot a_k} = {- a_k \cdot a_j} erfüllen. Diese technisch und konzeptionell sehr involvierte Konstruktion lässt sich stark vereinfacht so darstellen, dass auf diese Weise das Pauli-Prinzip modelliert wird: ein Feld X, das durch antikommutierende Superzahl-Elemente beschrieben wird, erfüllt das Pauli-Prinzip, denn es muss {X \cdot X}={-X \cdot X}=0 gelten, das heißt ein gegebener Quantenzustand kann nicht zweifach angeregt (besetzt) werden.

Man stellt fest, dass sich große Teile der Analysis, linearen Algebra, Algebra, Gruppentheorie, usw. auf Superzahlen-Algebren verallgemeinern lassen. Eine detaillierte Betrachtung zeigt, dass es insbesondere möglich ist, Symmetriegruppen zu betrachten, in denen Drehwinkel nicht nur herkömmliche komplexe Zahlen, sondern auch antikommutierende Superzahlen sein können. Erstaunlicherweise ist die Idee einer derartigen fundamentalen Symmetrie ohne große Modifikationen mit dem allgemeinen Rahmenwerk der Quantenfeldtheorie kompatibel und umgehen eine der Grundannahmen des zuvor erwähnten Coleman-Mandula-Theorems. Dies liefert die Grundlage für die Vereinheitlichung von Quantenfeldern mit verschiedenem Spin, also von Materiefeldern mit Kraftfeldern.

Das Konzept „Supersymmetrie“ ist allgemein und insbesondere nicht auf das Standardmodell eingeschränkt. Wichtig ist für eine Boson-Fermion-Symmetrie, dass für Bosonen und Fermionen gleich viele Quantenzustände existieren. Zwei wichtige Verallgemeinerungen der Supersymmetrie sind die erweiterte Supersymmetrie und die geeichte Supersymmetrie. Es ist im Prinzip möglich, mehr als einen unabhängigen antikommutierenden Spinor von Supersymmetrietransformationen zu haben. Während eine Supertransformation den Spin eines Teilchens um ½ ändert, können zwei hintereinander ausgeführte unabhängige Supertransformationen den Spin eines Teilchens um 1 ändern. Da sich die Helizität der masselosen Teilchen im Bereich −2…2 bewegen muss (wobei Teilchen mit Helizität +2 bzw. −2 positiv bzw. negativ zirkular polarisierte Gravitonen darstellen), sind in vier Raumzeit-Dimensionen maximal acht unabhängige Supersymmetrie-Generatoren möglich, die alle Teilchen von Spin 0 bis Spin 2 in einem Multiplett vereinheitlichen, das allerdings leider unsere Welt nicht beschreiben kann. Da der Kommutator zweier globaler Supersymmetrie-Transformationen eine Raumzeit-Parallelverschiebung ergibt, liegt die Frage nahe, ob die Beförderung der Supersymmetrie zu einer lokalen Symmetrie automatisch eine diffeomorphismen-invariante physikalische Theorie einer gekrümmten Raumzeit liefert. Dies ist in der Tat der Fall. Umgekehrt gesehen bedingt die Verallgemeinerung der Supersymmetrie auf eine gekrümmte Raumzeit die Erweiterung der Supersymmetrie zu einer lokalen Symmetrie. Eine solche geeichte Supersymmetrie enthält als Eichfeld eine "spinor-wertige 1-Form", das sogenannte Spin-1½ Rarita-Schwinger-Feld, dessen Superpartner das Spin-2 Graviton ist. Eine supersymmetrische Gravitationstheorie wird Supergravitation genannt.

[Bearbeiten] Das minimale supersymmetrische Standardmodell

Das minimal supersymmetrische Standardmodell (MSSM) ist die kleinstmögliche Wahl, das bestehende Standardmodell der Elementarteilchenphysik (SM) zu einem supersymmetrischen Physikmodell zu erweitern:

  • Die Menge der Teilchen wird gegenüber dem SM um ein weiteres Higgsfeld erweitert.
  • Die Gruppe der Wechselwirkungen (lokalen Symmetrien) bleibt unverändert.
  • Die globale Transformation der Raumzeitkomponenten wird um die Supersymmetrietransformationen erweitert. Hierdurch verdoppelt sich die Anzahl der im Modell vohandenen Teilchen, da jedem Teilchen ein Superpartner zugeordnet wird, der sich von dem ursprünglichen Teilchen zunächst nur durch den Spin unterscheidet.

In diesem Modell mit erweitertem Teilcheninhalt können neue Wechselwirkungsterme, insbesondere Terme, die den Teilchen ihre Masse geben, auftreten. Diese Terme besitzen zunächst unbekannte Faktoren. Im MSSM werden alle theoretisch (im Sinne einer physialisch sinnvollen, renormierbaren Eichtheorie) erlaubten Terme mit noch unbekannten Konstanten erlaubt, was die Anzahl der unabhängigen Parameter der Theorie gegenüber dem Standardmodell um 105 reellwertige Parameter erweitert. Das MSSM ist also minimal im dem Sinne, dass sich die Anzahl der in der Theorie vorkommenden Teilchen um die minimal mögliche erhöht, aber maximal in dem Sinne, dass alle theoretisch erlaubten neuen Wechselwirkungen berücksichtigt werden.

Einige der neu auftauchenden Parameter sind durch experimentelle (nicht-)Beobachtungen stark eingeschränkt:

[Bearbeiten] R-Paritätsverletzung

Einige Wechselwirkungsprozesse mit einer ungeraden Anzahl an Superpartnern erlauben den spontanen Zerfall von freien Protonen. Da dieser Prozess bei verschiedenen experimentellen Suchen nicht beobachtet wurde, müssen die zugehörigen Parameter sehr klein sein. Oft werden Prozesse mit einer ungeraden Anzahl von Superpartnern einfach verboten, indem man eine neue erhaltende Quantenzahl definiert. In diesem Fall spricht man von R-Paritätserhaltung.

[Bearbeiten] Massen der Superpartner

Die Superpartner der Standardmodellteilchen haben zunächst die gleiche Masse wie das ursprüngliche Teilchen. Da aber bis heute z.B. kein bosonisches Elektron entdeckt wurde, geht man davon aus, dass die Superpartner eine sehr viel höhere Masse (~O(1 TeV)) besitzen. Dies führt zu ersten Einschränkungen an die entsprechenden Parameter in den Wechselwirkungstermen.

Es existieren Ansätze, die Massen der im MSSM vorkommenden Teilchen miteinander in Beziehung zu setzen. Bei diesen Ansätzen handelt es sich um erweiterte Physikmodelle (GUT, Superstringtheorien), die sich im Grenzfall geringer Energien ("gering" ist hier relativ zu sehen, es soll mindestens den TeV Energiebereich einschließen) wie das MSSM verhalten.

[Bearbeiten] Experimentelle Suche

Eine wichtige Klasse an Experimenten für die Suche nach Supersymmetrie in der Physik stellen Experimente an zukünfitgen Teilchenbeschleunigern, insbesondere dem Large Hadron Collider (LHC) am europäischen Kernforschungszentrum CERN, dar. Das am häufigsten untersuchte supersymmetrische Modell ist das minimal supersymmetrische Standardmodell (MSSM). Um bereits im Vorfeld des Experiments Informationen zu erhalten, was man denn am LHC zu sehen hofft, werden die Experimente im Vorfeld mit Monte-Carlo Ereignisgeneratoren (z.B. Pythia) simuliert.

Da es praktisch unmöglich ist, den gesamten 105-dimensionalen Raum der zusätzlichen Paramter des MSSM zu untersuchen, werden üblicherweise erweiterte Physikmodelle mit weniger freien Parametern verwendet um Voraussagen über die Parameter des MSSM zu erhalten. Um Simulationen vergleichbar zu machen, hat man sich auf bestimmte Parameterpunkte (Snowmass Points and Slopes, SPS) geeinigt, die jeweils charakteristisch für bestimmte Parameterregionen der erweiterten Physikmodelle sind. Von der Idee her sollten die Punkte den gesamten möglichen Parameterraum gut repräsentieren.

Studien zeigen (Stand 2006) dass -- wenn Supersymmetrische Teilchen im Massen-Bereich bis etwa 1 TeV existieren -- man diese gut nachweisen kann.

Bild:susy-zerfall-chi0.jpg

Man geht (in den meisten Modellen) davon aus, dass das LSP, das Leichteste Supersymmetrische Teilchen stabil ist und den Detektor als Dunkle Materie verlässt. Ein typischer Prozess ist im Feynman-Diagramm angegeben. Ein typisches Signal für supersymmetrische Physik ist daher fehlende Energie (da das LSP nicht vom Detektor gesehen wird).

[Bearbeiten] Weblinks

  • http://de.arxiv.org/abs/hep-th/0508127 (Kurzer Übersichtsartikel von einem der Entdecker der Supersymmetrie, der insbesondere auf wesentliche phänomenologische Aspekte eingeht.)
  • A Supersymmetry Primer by S.P. Martin, Northern Illionois University. Eine englischsprachige "pädagogische einführung" zur Supersymmetrie. Vom Niveau her geschrieben für Physiker ab dem Hauptstudium.

[Bearbeiten] Literatur

  • Pierre Ramond: Strings - Urbausteine der Natur In: Spektrum der Wissenschaft Dossier 6/2004, Spektrum der Wissenschaft Verlag, S. 56–61, ISSN 0947-7934 / ISBN 3-936278-81-4

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