Sozialer Wandel
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Sozialer Wandel (auch: Gesellschaftlicher Wandel) werden die Veränderungen bezeichnet, die innerhalb einer Gesellschaft über einen längeren Zeitraum vor sich gehen, und zwar in erster Linie die Veränderungen der Sozialstruktur einschließlich der Bevölkerungsstruktur.
[Bearbeiten] Begriffe
Zur Beschreibung dieser Entwicklung wurden verschiedene Begriffe wie Entwicklung, Fortschritt oder Evolution benutzt. Allerdings haben sich viele von ihnen als problematisch erwiesen, da hier einerseits der Eindruck von einem unabdingbar notwendigen Geschehen entstehen kann und andererseits eine zielgerichtete Veränderung hin zu einem besseren Zustand oder einer höheren Ebene suggeriert wird. Um einen neutraleren Begriff zu verwenden, wurde von William Fielding Ogburn der Begriff des "sozialen Wandels" in die Soziologie eingeführt.
Ralf Dahrendorf definiert besonders rapiden und radikalen sozialen Wandel als "Revolution", Lars Clausen besonders rapiden, radikalen und magisierten (dämonisierten) (= 'krassen') sozialen Wandel als "Katastrophe".
Aspekte des Sozialen Wandels, die die Neuentstehung oder Aufgliederung von Sozialen Positionen, Lebenslagen und/oder Lebensstilen betreffen, werden als Soziale Differenzierung bezeichnet.
[Bearbeiten] Theorien des Sozialen Wandels
Die Ursachenbestimmung von sozialem Wandel ist recht komplex. Versuche, den Wandel monokausal durch einen einzelnen Faktor zu erklären (z.B. durch technische Entwicklung, ökonomische Basis, Kultur, Religion etc.), gelten unter vielen Wissenschaftlern als ungeeignet. Man geht vielmehr von einer weitreichenden Interdependenz der sozialen Handlungsfelder und Bereiche aus, wobei einzelne Bereiche anderen Bereichen vorauseilen können.
- Karl Marx hat Sozialen Wandel auf die Entwicklung der Produktivkräfte zurückgeführt,
- Ogburn auf technische Erfindungen,
- Vilfredo Pareto auf die Zirkulation der Eliten,
- der Sozialdarwinismus auf Umweltveränderungen.
Modernere, mehrdimensionale Theorien des Sozialen Wandels haben gemeinsam, daß sie ihr Hauptaugenmerk auf Interessengegensätze, Konflikte und Entwicklungsrückstände und die dadurch erzeugten sozialen Spannungen richten. Weitere Untersuchungen gehen der Frage nach, wie der Soziale Wandel gezielt politisch beeinflußt werden kann.
[Bearbeiten] Literatur
- Volker Bornschier u.a.: Diskontinuität des sozialen Wandels. Campus Verlag 1990, ISBN: 3593342529.
- Volker Bornschier: Westliche Gesellschaft - Aufbau und Wandel. Seismo Verlag 1998. ISBN: 3908239664
- Achim Bühl: Die virtuelle Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Sozialer Wandel im digitalen Zeitalter, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2000. ISBN: 3531231235
- Walter Ludwig Bühl: Sozialer Wandel im Ungleichgewicht. Zyklen, Fluktuationen, Katastrophen. Lucius + Lucius 1999, ISBN: 3828245102.
- Walter Ludwig Bühl: Schule und gesellschaftlicher Wandel. Klett-Cotta (Stuttgart) 1988, ISBN: 3129216200.
- Hans Peter Dreitzel (Hrsg.): Sozialer Wandel, 1967.
- Shmuel N. Eisenstadt: Tradition, Wandel und Modernität. Suhrkamp Verlag 1988, ISBN: 3518571192.
- Hans-Peter Müller und Michael Schmid: Sozialer Wandel. Suhrkamp 1995, ISBN: 3518287729.
- Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation, 1939.
- Karl Heinz Hillmann: Wertwandel, 1986.
- Bernhard Schäfers: Sozialstruktur und sozialer Wandel in Deutschland. Mit einem Anhang: Deutschland im Vergleich europäischer Sozialstrukturen. 8., vollst. neu bearb. Aufl., UTB (Stuttgart) 2004. ISBN: 3825221865
- Hermann Strasser, Susan C. Randall u.a.: Einführung in die Theorien des sozialen Wandels. Luchterhand Verlag 1979, ISBN: 3472751134
- Günter Wiswede und Thomas Kutsch: Sozialer Wandel. Zur Erklärungskraft neuerer Entwicklungs- und Modernisierungstheorien. ISBN: 3534075714.
- Wolfgang Zapf (Hrsg.): Theorien des Sozialen Wandels, 1969
- Rainer Zoll (Hrsg.): Ein neues kulturelles Modell. Zum soziokulturellen Wandel in Gesellschaften Westeuropas und Nordamerikas, Opladen 1992. ISBN 3-531-12419-6