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Reichsrätekongress

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Der Reichsrätekongress, auch Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte genannt, war die erste ordentliche Zentralversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte nach der Novemberrevolution von 1918 und tagte vom 16.-21. Dezember 1918 im Gebäude des preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorbereitung und Zusammensetzung

Die Einberufung des Kongresses ging auf die Initiative des Berliner Vollzugsrates zurück, der sich selbst nur als eine provisorische Spitze der Arbeiter- und Soldatenräte sah. Einen allgemeinen Wahlmodus gab es nicht, die Art und Weise der Delegiertenbestimmung war den lokalen Räten überlassen. Auf etwa 200.000 Einwohner kam ein Delegierter. Für die Armeeangehörigen wurden ein Abgesandter für 100.000 Soldaten gewählt. Die Wahlen selbst fanden zumeist auf Landes-, Bezirks- oder Provinzebene durch die jeweiligen Räteorganisationen statt.

Auch die Mehrzahl der gewählten Delegierten standen überwiegend auf Seiten der gemäßigten Linken. Die Anhänger der MSPD stellten mit 288 Delegierte immerhin 59,2%, die Vertreter von USPD und Spartakusbund waren mit 18,4% vertreten. Unter diesen waren 88 USPD Vertreter, während die Anhänger der Spartakusgruppe mit 10 Delegierten eine verschwindende Minderheit darstellten. Hinzu kamen 5,1% Demokraten, 2% Syndikalisten und 15,3% Parteilose.

Beruflich hat Ossip K. Flechtheim 71 Delegierte der Gruppe der Intelektuellen zugeordnet. 195 waren als Redakteure, Gewerkschafts- oder Parteisekretäre o.ä. hauptberuflich bei den Arbeiterparteien oder Gewerkschaften beschäftigt. Immerhin 179 waren Arbeiter oder Angestellte aus der Wirtschaft.

Zu Vorsitzenden der Versammlung wurden Friedrich Seger (USPD), Robert Leinert (MSPD) und Josef Gomolka als Vertreter der Gewerkschaften gewählt.

[Bearbeiten] Verhandlungen und Ergebnisse

[Bearbeiten] Rätesystem oder parlamentarische Demokratie

Berliner Abgeordnetenhaus (um 1900)
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Berliner Abgeordnetenhaus (um 1900)

Es gab in der Versammlung zwar einige entschiedene Befürworter eines politischen Rätesystems, zu ihnen gehörte etwa Richard Müller der Vorsitzende des Berliner Vollzugsrates. Bezeichnend für die Schwäche des linken Flügels war, dass Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg kein Mandat erringen konnten und der Antrag beide als Gäste mit beratender Stimme anzuerkennen, scheiterte. Auch Ernst Däumig (USPD) von den Revolutionären Obleuten gehörte zu den Vertretern eines reinen Rätesystems und stellte einen entsprechenden Beschlussantrag. Dieser sah vor, das Rätesystem zur Grundlage der Verfassung der deutschen sozialistischen Republik zu machen und den Arbeiter- und Soldatenräten die höchste gesetzgebende und vollziehende zuzuschreiben. Aber die Mehrheitsverhältnisse ließen diese Position zu einer Minderheitenmeinung werden und der Antrag wurde mit 344 zu 89 Stimmen abgelehnt.

Das Ergebnis des Kongresses war letztlich eine Bestätigung der Politik des Rates der Volksbeauftragten um Friedrich Ebert. Auf Antrag des Mehrheitssozialdemokraten Max Cohen sprachen sich etwa 400 gegen 50 Delegierte für die Wahl der Nationalversammlung am 19. Januar 1919 aus. Dies war ein deutlich früherer Termin als in der Rat der Volksbeauftragten anstrebte. Durchaus nicht zu Unrecht kritisierte die Linke, dass der gemäßigte Flügel mit einer frühen Wahl beabsichtigt hätte, die Revolution zu einem Ende zu bringen.

[Bearbeiten] Konflikte um die Aufgaben des Zentralrates der Arbeiter- und Soldatenräte

Der Rat der Volksbeauftragten wurde als provisorische Exekutive und Legislative bis zum Zusammentritt der Nationalversammlung anerkannt. Der vom Kongress zu wählende Zentralrat sollte als Ersatz für ein Parlament die Regierung einsetzen und ihre Entscheidungen überwachen. Dabei gab es gerade in diesem Punkt erhebliche Differenzen zwischen der MSPD und der USPD. Hugo Haase, der Vorsitzende der USPD, definierte den Überwachungsauftrag so, dass dem Zentralrat alle Gesetze vorzulegen seien und die wichtigsten mit ihm zu beraten seien. Die Mehrheit der USPD Delegierten wollte noch eine weitergehende Regelung durchsetzen. Danach sollte der Zentralrat das volle Recht haben, Gesetzen zuzustimmen oder abzulehnen. Die Mehrheitssozialdemokraten sahen dagegen den politischen Bewegungsspielraum des Rates der Volksbeauftragten in Gefahr und drohten mit ihrem Rückzug aus der Regierung im Reich und in Preußen, sollte die Mehrheit der Versammlung der USPD folgen. Innerhalb der USPD setzte sich gegen Widerstand von Haase der linkere Flügel mit dem Antrag eines Boykotts der Wahl zum Zentralrat durch.

Die Folge war, dass in dem 17 Mitglieder umfassenden Gremium nur Mehrheitssozialdemokraten vertreten waren. Ohne die Beteiligung der USPD oder gar noch weiter links oder rechts stehender politischer Kräfte, spielte der Zentralrat als Gegengewicht zum Rat der Volksbeauftragen keine nennenswerte Rolle.

Die Schaffung des Zentralrates war im wesentlichen der einzige Zentralisierungsansatz der Rätebewegung. Eine geplante Reichszentrale der Soldatenräte etwa trat nie zusammen. Zur mangelnden Aktivität der Zentrale trug nicht zuletzt bei, dass diese mehrheitliche von der MSPD gestellt wurde, die sich längst für den parlamentarischen Weg und die Wahl einer Nationalversammlung entschieden hatte.

Von Bedeutung war der Konflikt um den Zentralrat für die politische Richtung insgesamt dadurch, dass dies dazu beitrug, dass Misstrauen zwischen den Koalitionspartnern MSPD und USPD zu verstärken, das letztlich zum Auseinanderfallen der Regierung nach den Weihnachtskämpfen führte.

[Bearbeiten] Sozialisierung und Militärfrage

Während die Mehrheitssozialdemokratie hinsichtlich der künftigen Verfassung mit den Ergebnissen des Kongresses zufrieden sein konnte, gab es in anderen Fragen doch deutlich „linkere“ Verhandlungsergebnisse. Dazu zählte der mit großer Mehrheit angenommene Beschluss unverzüglich die Sozialisierung der dafür reifen Industrien (insbesondere des Bergbaus) einzuleiten.

Auch die Beschlüsse zur Militärpolitik die wegen ihrer Urheber aus der Hansestadt sogenannten „Hamburger Punkte“ lagen keineswegs auf der Linie der provisorischen Regierung. Danach sollte die Regierung die miltitärische Kommandogewalt nur unter Kontrolle mit einem neu zu schaffenden Zentralrat der Arbeiter- und Soldatenräte ausüben können. Symbolhaft als Kampf gegen den Militarismus wurden alle Rangabzeichen und das Waffentragen außerhalb des Dienstes abgeschafft. Wichtiger aber war, dass die Soldaten ihre Anführer zukünftig selbst wählen und für die Aufrechterhaltung der Diziplin letztlich die Soldatenräte verantwortlich sein sollten. An die Stelle des stehenden Heeres sollte eine milizähnliche Volkswehr treten.

Zwar versuchte der Rat der Volksbeauftragte oder führende Sozialdemokraten nicht öffentlich diese Beschlüsse abzuschwächen, gleichwohl erlangten sie keinerlei praktische Bedeutung. Der noch immer bestehenden oberste Heeresleitung (OHL) gelang es durch ein Ultimatum durchzusetzen, dass die Punkte nur für Heimatarmee nicht aber für das Feldheer Geltung haben sollten. Im weiteren Verlauf bestanden zwar zunächst weiter Möglichkeiten zur Schaffung einer republikanischen Armee, aber spätestens mit Verabschiedung eines Gesetzes über die Schaffung einer vorläufigen Reichswehr durch die Nationalversammlung vom 6. März 1919 blieb von den Hamburger Punkten nichts mehr in der Praxis übrig-

Trotz Ablehnung des Rätesystem als Basis einer kommenden sozialistischen Verfassungsordnung, von der die Delegierten fest ausgingen, bedeutete dies keineswegs automatisch eine Selbstaufgabe des Kongresses. Stattdessen forderte der Kongress eine institutionelle Eingliederung der Räte in das parlamentarische System. Daran knüpfte der im April 1919 tagenden 2. Reichsrätekongress an und sprach sich für die Einrichtung von „Kammern der Arbeit“ aus. Angesichts des Ergebnises der Wahl zur Nationalversammlung, die statt einer sozialistischen Vormachtstellung eine Regierung der Weimarer Koalition aus MSPD, Zentrum und DDP brachte, hatten diese Pläne keine Chancen mehr auf eine Verwirklichung.

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks

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