Reichsflotte
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Die erste gesamtdeutsche Marine wurde während der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 am 4. Juni 1848 von der Nationalversammlung in Frankfurt am Main gegründet.
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[Bearbeiten] Bezeichnung und Verfassungsgrundlage
Für diese Marine sind mehrere Bezeichnungen überliefert. Der Beschluss der Nationalversammlung in der Paulskirche vom 14. Juni 1848 spricht einfach von der „deutschen Marine“. Marineminister Duckwitz schreibt 1849 einen Bericht über „die Gründung der Deutschen Kriegsmarine“. In der Ernennungsurkunde für Admiral Bromme heißt es wiederum „Reichs-Marine“, ein Begriff der auch in der damaligen Marine selber Verwendung fand. Da alle drei Begriffe inzwischen für deutsche Marinen anderer Zeitabschnitte verwendet werden, ist unter Historikern der Begriff Reichsflotte gebräuchlich geworden. Daneben wird auch die Bezeichnung Bundesflotte verwandt, die aber insofern unzutreffend ist, als es sich nicht um die Marine des Deutschen Bundes handelte. Die Reichsflotte bestand vielmehr auf Grundlage der Paulskirchenverfassung des Jahres 1848 mit der Bezeichnung "Verfassung des Deutschen Reichs". Diese bestimmte in Artikel III § 19:
- [1] Die Seemacht ist ausschließliche Sache des Reiches. Es ist keinem Einzelstaate gestattet, Kriegsschiffe für sich zu halten oder Kaperbriefe auszugeben.
- [2] Die Bemannung der Kriegsflotte bildet einen Theil der deutschen Wehrmacht. Sie ist unabhängig von der Landmacht.
- [3] Die Mannschaft, welche aus einem einzelnen Staate für die Kriegsflotte gestellt wird, ist von der Zahl der von demselben zu haltenden Landtruppen abzurechnen. Das Nähere hierüber, sowie über die Kostenausgleichung zwischen dem Reiche und den Einzelstaaten bestimmt ein Reichsgesetz.
- [4] Die Ernennung der Offiziere und Beamten der Seemacht geht allein vom Reiche aus.
- [5] Der Reichsgewalt liegt die Sorge für die Ausrüstung, Ausbildung und Unterhaltung der Kriegsflotte und die Anlegung, Ausrüstung und Unterhaltung von Kriegshäfen und See-Arsenalen ob.
- [6] Ueber die zur Errichtung von Kriegshäfen und Marine-Etablissements nöthigen Enteignungen, so wie über die Befugnisse der dabei anzustellenden Reichsbehörden, bestimmen die zu erlassenden Reichsgesetze.
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Deutschland, organisiert als Staatenbund, hatte sich nach dem Wiener Kongress 1815 eine föderale Verteidigungsstruktur geschaffen. Die Mitgliedsstaaten stellten die Streitkräfte des Deutschen Bundes. Bei den Seestreitkräften verließ man sich auf drei Bundesfürsten, die als Monarchen fremder Staaten große Flotten besaßen. Der König von Hannover war zugleich König von Großbritannien, der Großherzog von Luxemburg war König der Niederlande und der Herzog von Holstein war König von Dänemark. Preußen besaß als kontinental orientierte Landmacht keine eigene Marine, Österreich eine kleine Flotte im Mittelmeer.
Während des Schleswig-Holsteinischen Krieges (1848–1851) zeigte sich das Scheitern der deutschen Seeverteidigung, weil die Könige von Großbritannien und der Niederlande nicht mehr deutsche Bundesfürsten waren und Dänemark Kriegsgegner wurde. Innerhalb weniger Tage brachte die dänische Marine den deutschen Seehandel in Nord- und Ostsee zum Erliegen.
[Bearbeiten] Geschichte der Reichsflotte
Angesichts dieser Situation beschloss die erst am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche zusammengetretene Nationalversammlung schon am 14. Juni des gleichen Jahres in einer ihrer ersten Entscheidungen, eine deutsche Flotte aufzustellen und dafür 6 Millionen Reichsthaler bereitzustellen. Der Beschluss erfolgte nur zwei Tage, nachdem der Bundestag des Deutschen Bundes den Erfolg der Revolution anerkannt und sein Budgetrecht an die Nationalversammlung abgetreten hatte.
Die Reichsflotte stand von 1848 bis 1849 unter dem Kommando des Prinzen Adalbert von Preußen. Nach dessen Abberufung durch den König von Preußen übernahm Konteradmiral Karl Rudolf Bromme, genannt „Brommy“, das Kommando. Die Flotte bestand bis 1852 aus 2 Segelfregatten, 3 Dampffregatten, 6 Dampfkorvetten und mehreren Ruderkanonenbooten. Sie kam im Seegefecht vor Helgoland am 4. Juni 1849 zu ihrem ersten und einzigen Einsatz, übrigens dem bis heute einzigen Seegefecht unter schwarz-rot-goldener Flagge.
Nach dem Scheitern der Revolution und der Herstellung des alten Bundestages wurde am 2. April 1852 die Auflösung der Reichsflotte beschlossen. Das Personal wurde entlassen, 2 Dampffregatten erhielt die preußische Marine, die übrigen Schiffe wurden meist unter Wert im Ausland versteigert.
Siehe auch: Geschichte der Deutschen Marine, Liste der Schiffe der Reichsflotte
[Bearbeiten] Literatur
- Guntram Schulze-Wegener: Deutschland zur See . 150 Jahre Marinegeschichte. Mittler, Hamburg 1998. ISBN 3-8132-0551-7
- Jörg Duppler : Germania auf dem Meere / Bilder und Dokumente zur Deutschen Marinegeschichte 1848 –1998. Mittler, Hamburg 1998. ISBN 3-8132-0564-9