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REACH-System

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Durch eine in Vorbereitung befindliche Verordnung der EU[1][2] soll das europäische Chemikalienrecht grundlegend reformiert und das so genannte REACH-System eingeführt werden. Das REACH-System (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals - Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe) soll zukünftig mehr als 40 Richtlinien und Verordnungen im Rahmen des Chemikalienrechts der Bundesrepublik Deutschland ersetzen. In allen anderen Mitgliedsstaaten der EU wird die Verordnung - als direkt wirkendes Recht - ebenso gelten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Überblick

Das gegenwärtige System für Industriechemikalien unterscheidet zwischen Altstoffen (bis September 1981 auf den Markt gekommen) und Neustoffen. Neustoffe müssen bereits auf etwaige Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt geprüft und beurteilt werden, bevor sie in Mengen von 10 kg oder mehr in den Verkehr gebracht werden dürfen. Im Gegensatz dazu unterliegen Altstoffe nach geltendem Recht nicht den gleichen Prüfanforderungen. Im Jahr 1981 waren ca. 100.000 Altstoffe bekannt.

Das REACH-System basiert - anders als das bisherige europäische Chemikalien-Regime - auf dem Grundsatz der Eigenverantwortung. Es verlangt vom jeweiligen Inverkehrbringer (Hersteller, Importeur), dass er für die Sicherheit seiner Chemikalien in soweit selber verantwortlich ist, dass er die zur Bewertung dafür notwendigen Daten auch selber beschafft (Beweislastumkehr) und auf dieser Grundlage Vorgaben zum sicheren Umgang mit den Stoffen entlang der gesamten Wertschöpfungskette macht (Risiko-Management). Registrierungspflichtig und damit vom REACH-System grundsätzlich erfasst sind Chemikalien, die ab einer Tonne pro Jahr produziert werden. Der Umfang der bei der Registrierung beizubringenden Daten richtet sich nach der Menge des produzierten Stoffes. So ergibt sich ab einer Menge von 10 Tonnen pro Jahr die Pflicht zur Erstellung von Stoffsicherheitsberichten (CSR = Chemical Safety Reports) und gegebenenfalls zu Vorschlägen zur Risikominimierung.

Eine wesentliche Neuerung von REACH ist, dass es neben den immanenten Stoffeigenschaften die Verwendungen in den Blick nimmt und bei der Regulierung nicht nur beim erstmaligen Inverkehrbringen ansetzt, sondern die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt. Neben die bisherige Pflicht, durch Sicherheitsdatenblätter Informationen in der Lieferkette an die nachgeschalteten Anwender der Chemikalien weiterzugeben, tritt die Verpflichtung der Anwender, dem Hersteller bisher nicht registrierte Verwendungen mitzuteilen. Die REACH-Mechanismen sind darauf angelegt, das Wissen und die Kreativität der Akteure entlang der Wertschöpfungskette zusammenzuführen (REACH als "lernendes System"), um so ein Risiko-Management in Eigenverantwortung der Stoff-Inverkehrbringer und Stoff-Anwender (Downstream-User) aus der Wirtschaft auf den Weg zu bringen.

Zudem gibt es eine Zulassungspflicht für bestimmte Stoffe, denen ein erhöhtes Gefährdungspotential zueigen ist. Bei diesen Stoffen entscheidet die Europäische Kommission (und damit ein hoheitliches Organ) für welche Anwendungen und unter welchen Bedingungen der Stoff weiterhin hergestellt und vermarktet werden kann.

Schätzungen besagen, dass von den ca. 30.000 Stoffen, die jährlich mit mehr als einer Tonne produziert werden, bisher nur 140 ausreichend auf ihre Wirkung hin untersucht wurden. Zudem ist wegen der Geheimhaltung von Rezepturen in der Regel nicht bekannt, welche Stoffe in Konsumgütern Verwendung finden und so zu einer Belastung von Gesundheit und Umwelt führen können.

Als Ergebnis der ersten Lesung in Parlament und Ministerrat liegt seit 13. Juni 2006 ein "Gemeinsamer Standpunkt" des Ministerrates vor, der die Grundlage für die Beratungen in der zweiten Lesung bildet. Das Parlament hatte in seinen Beschlüssen unter anderem Aspekte des Verbraucherschutzes stärker betont als der Ministerrat. Da keine grundsätzlichen Differenzen bestehen, ist mit einer Annahme der Verordnung bis Ende 2006/Anfang 2007 zu rechnen.

REACH soll hier Verbesserungen bringen, wird aber wegen der damit verbundenen hohen Kosten auch stark kritisiert. Dabei wird die enorme Höhe der Kosten jedoch häufig angezweifelt. Eine neue Studie des Umweltbundesamtes soll hier Klarheit schaffen.

In einer Internet-Konsultation konnten Einzelpersonen, Gremien, Firmen und Verbände ihre Einwände, Bedenken, Vorschläge usw. zum Entwurf der REACH-Verordnung einbringen.

[Bearbeiten] Stand Juli 2005

Die Kommission hat die oben genannte Internet-Konsultation ausgewertet, Ergebnisse verschiedentlich auch im jetzt vorliegenden Vorschlag berücksichtigt und den Verordnungsentwurf dem Europäischen Parlament zugeleitet, wo dieser zurzeit in den Ausschüssen beraten wird. Aufgrund von derzeit über 3.500 vorliegenden Änderungsanträgen wird eine erste Entscheidung über REACH nicht vor November/Dezember 2005 stattfinden können. Die britische Präsidentschaft hat bereits angekündigt, in den nächsten sechs Monaten eine Einigung über die Vorschläge der Kommission zu REACH zu erzielen.

[Bearbeiten] Stand Oktober 2005

In seiner Sitzung am 11. Oktober 2005 hat der Wettbewerbsfähigkeitsrat einen neuen REACH-Vorschlag der Kommission als gute Basis für eine Einigung begrüßt. Insbesondere wurde eine erleichterte Registrierung für Stoffe zwischen 1 – 10 Tonnen Jahresproduktion akzeptiert; verschiedene Ansichten wurden dargelegt, z. B. ob die Erleichterung auch für neue Stoffe gelten soll und ob die Risikoeinschätzung der Chemikalien von der Agentur oder aber vom Produzenten/Importeur aufgrund vorgegebener Kriterien erfolgen soll. Weiterhin wurde diskutiert, ob die Verantwortlichkeit insgesamt bei der Agentur oder auch beim Hersteller/Importeur liegen sollte.

Weitere Fragen wurden erörtert. Z. B.: Sollte es weitere Erleichterungen für die Wirtschaft geben, die über die gewollte Streichung des Reproduktionstoxizitätstestes im Bereich zwischen 10 und 100 Jahrestonnen hinausgehen?

Hinsichtlich des Vorschlags "One Substance – One Registration" (OSOR) haben die einzelnen Mitgliedsstaaten noch keine einheitlichen Ansichten dargelegt; eine konkretere inhaltliche Ausgestaltung ist notwendig.

Die Kommission sicherte zu, die Ratspositionen in die eigenen Überlegungen einzubeziehen und will an einer baldigen Einigung mitarbeiten. Die britische Ratspräsidentschaft hat sich die politische Übereinkunft zu REACH in der nächsten Sitzung des Wettbewerbsfähigkeitsrates am 28./29. November zum Ziel gesetzt.

[Bearbeiten] Stand November 2005

Am 16. November 2005 haben sich die Ausschüsse Umwelt und Binnenmarkt auf einen Kompromiss zur Registrierung im REACH-System geeinigt. Im Europäischen Parlament fand dieser Kompromiss am 17. November 2005 mit 407 Stimmen zu 155 Gegenstimmen die Mehrheit. In Fragen der Substituierung und der Autorisierung von hochgiftigen, krebserregenden oder schwer abbaubaren Stoffen wurden strengere Regelungen getroffen. Die Industrie darf hiernach die besonders besorgniserregenden Stoffe nur dann verwenden, wenn keine geeigneten Alternativstoffe oder –technologien bestehen, die Verwendung dieser Stoffe aus sozioökonomischen Gründen gerechtfertigt werden kann und sich die Risiken aus Ihrer Verwendung angemessen beherrschen lassen. Diese Zulassung ist auch auf fünf Jahre begrenzt. Gleichzeitig einigte sich das Parlament jedoch auf eine drastische Verringerung der Testanforderungen bei der Registrierung. Insbesondere im Bereich 1-10 Jahrestonnen Produktion müssen die Hersteller nun nur noch unter bestimmten Bedingungen Tests durchführen, für viele Stoffe müssen nur die bereits vorhandenen Daten eingereicht werden.

[Bearbeiten] Stand Dezember 2005

Am 13. Dezember 2005 einigte sich der Rat für Wettbewerbsfähigkeit der EU auf einen "Gemeinsamen Standpunkt" zu REACH. Dieser wird von nun an in der folgenden zweiten Lesung in EU-Parlament und EU-Rat Diskussionsgrundlage sein. Der Ministerrat führte für manche der besonders Besorgnis erregenden Stoffe eine Pflicht zum Ersatz durch ungefährlichere Alternativen ein, wenn diese vorhanden sind. Daneben wurde jedoch auch hier eine Verringerung der Testanforderungen für Stoffe im Niedrigtonnagebereich (1-10 Tonnen) beschlossen.

[Bearbeiten] Wie es weiter geht

Der Umweltministerrat hat am 27. Juni 2006 die gemeinsamen Standpunkte zur Chemikalienverordnung REACH verabschiedet. Inhaltlich deckt sich der Beschluss zur Chemikalienpolitik mit der bereits im Dezember 2005 erzielten politischen Einigung.

Das Europäische Parlament hat drei Monate Zeit, den Entwurf anzunehmen, abzulehnen oder Änderungen zu beschließen (wahrscheinlichste Option). Beschließt das Parlament Änderungen am gemeinsamen Standpunkt des Rates, muss wiederum der Rat darüber abstimmen. Stimmt der Rat den Änderungen zu, ist REACH beschlossen. Beschließt er weitere Änderungen, müssen sich Rat und Parlament in dritter Lesung in einem Vermittlungsausschuss einigen.

Sollte dieser Vermittlungsausschuss notwendig sein, würde er vermutlich unter deutscher Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 eingesetzt werden.

[Bearbeiten] Aktueller Stand

Nach dem fünften informelle Trilog mit Vertretern des EU Rates, des Parlaments sowie der Kommission konnten am 30. November 2006 Grundlagen für eine Einigung im Hinblick auf die 2. Lesung zu REACH im Plenum des Europaparlaments am 12. und 13. Dezember 2006 in Straßburg geschaffen werden, um eine Entscheidung über die Reform der EU-Chemikalienpolitik (REACH) noch in diesem Jahr zu erreichen. Die EU-Umweltminister könnten dann am 18. Dezember 2006 endgültig das Dokument verabschieden.

[Bearbeiten] Unterstützung von Unternehmen im REACH-System

Durch das REACH-System soll nach dem Prinzip der Beweislastumkehr zukünftig also die Verantwortung für die Überprüfung der Sicherheit von Chemikalien von den nationalen Behörden auf die Hersteller und Importeure übertragen werden. Diese müssen künftig darstellen, dass ihre Produkte (Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse) sicher zu handhaben sind und weder die Gesundheit der Weiterverarbeiter oder der Endverbraucher noch die Umwelt über Gebühr belasten. Dabei sollen die Hersteller und Importeure diese Chemikalien-Stoffinformationen an alle Abnehmer und die diesen nachgeschalteten Anwendern weitergeben.

Um den Unternehmen zu helfen, insbesondere den kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU), die Anforderungen der zukünftigen EU-Verordnung REACH zu erfüllen, sollten die EU-Mitgliedstaaten zusätzlich zu den von der Europäischen Chemikalienagentur (z.Z. in Helsinki im Aufbau befindlich) bereitgestellten schriftlichen Leitlinien jeweils einzelstaatliche Auskunftsstellen einrichten, sogenannte REACH helpdesks (siehe Erwägungsgrund 35 des Entwurfs der EU-Verordnung REACH vom 27. Juni 2006). Diese nationalen Auskunftsstellen sollen die Hersteller, Importeure, nachgeschalteten Anwender und sonstige interessierte Kreise hinsichtlich ihrer jeweiligen Zuständigkeiten und Verpflichtungen im Rahmen der EU-Verordnung REACH beraten, insbesondere hinsichtlich der Registrierung von Stoffen (siehe Artikel 123 des Entwurfs der EU-Verordnung REACH vom 27. Juni 2006).

Hierzu wird aktuell der REACH-Net – Beratungsservice entwickelt. An diesem REACH helpdesk beteiligen sich mehrere Bundesländer, der Verband der Chemischen Industrie, die Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie und viele weitere Organisationen um den Praxisbetrieb eines nachfrageorientierten Serviceangebotes zur EU-Verordnung REACH zu erproben. Das REACH-Helpdesk der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ist auch an der Erprobung des REACH-Net - Beratungsservices beteiligt. Grundlage für den nachfrageorientierten REACH-Net – Beratungsservice ist das praxisbewährte Kompetenznetz Moderne Arbeit und für die angebotsorientierten Informationen des REACH-Net - Potals das KMU-Gefahrstoffportal.

Weiterhin wird diesbezüglich im Auftrag der EU-Kommission aktuell die "Studie zur Einrichtung eines Helpdesks für die Unterstützung von KMU bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen von REACH" durchgeführt. Allgemeines Ziel dieser Studie ist die Festlegung politisch bezogener Empfehlungen über die Vorgehensweise bei der Einrichtung nationaler Auskunftsstellen (REACH helpdesks), das KMU bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und Verpflichtungen im Rahmen der EU-Verordnung REACH informiert, berät und unterstützt. Begleitet wird die Studie von der EU-Expertengruppe SHERPER (SME Helpdesk Expert’s Roundtable – Planning their Establishment for REACH). Die Ergebnisse der Studie sollen im Zuge der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands am 14. Februar 2007 in der öffentlichen Veranstaltung "SHERPER and beyond - Recommendations on how to establish REACH helpdesks" im Bundespresseamt in Berlin vorgestellt werden.

[Bearbeiten] Literatur

  • Christian Calliess, Martina Lais: REACH revisited - Der Verordnungsvorschlag zur Reform des Chemikalienrechts als Beispiel einer neuen europäischen Vorsorgestrategie. Natur und Recht 27(5), S. 290-299 (2005), ISSN 0172-1631
  • Henning Friege: REACH - Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals - Informationsniveau über die Eigenschaften von Chemikalien umstritten. Umweltwissenschaften und Schadstoff-Forschung 17(3), S. 184 (2005), ISSN 0934-3504
  • Lothar Knopp: REACH contra "Bessere Rechtsetzung" und Harmonisierung. Umwelt- und Planungsrecht 25(11+12), S. 415-418 (2005), ISSN 0721-7390
  • Steffi Richter, Dietline Großmann, Caroline Hoffmann (Hrsg): REACH für Anwender. Broschüre, 34 Seiten. Umweltbundesamt Dessau

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Fußnoten und Quellen

  1. Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und der Verordnung (EG) über persistente organische Schadstoffe
  2. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates im Hinblick auf ihre Anpassung an die Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)
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