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Radiosity (Computergrafik)

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Radiosity bzw. Radiosität ist neben Raytracing eines der beiden großen Verfahren zur realistischen Bildsynthese komplexer Szenen vorrangig in der 3D-Computergrafik. Es beruht auf dem Energieerhaltungssatz: alles Licht, das eine Fläche empfängt und nicht absorbiert, muss sie wieder reflektieren. Außerdem kann eine Fläche auch selbstleuchtend sein.

Das Radiosity-Verfahren basiert auf der Annahme, dass alle Oberflächen ideal diffuse Reflektoren bzw. alle Lichtquellen ideal diffuse Strahler sind. Ideal diffus bedeutet dabei, dass Licht in alle Richtungen gleichmäßig reflektiert bzw. abgestrahlt wird.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Eigenschaften

[Bearbeiten] Vorteile

Ein gerendertes Bild mit primitivem Raytracing, nur direkte Beleuchtung.
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Ein gerendertes Bild mit primitivem Raytracing, nur direkte Beleuchtung.
Ein gerendertes Bild mit Verwendung von Radiosity. Man erkennt deutlich, dass das Licht von den Kugeln auf den Boden reflektiert wird. Des Weiteren erkennt man auch, dass die weiße Wand die Kugeln von hinten indirekt beleuchtet.
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Ein gerendertes Bild mit Verwendung von Radiosity. Man erkennt deutlich, dass das Licht von den Kugeln auf den Boden reflektiert wird. Des Weiteren erkennt man auch, dass die weiße Wand die Kugeln von hinten indirekt beleuchtet.

Blickpunktunabhängigkeit. – Ein Vorteil des Radiosity-Verfahrens ist, dass die Berechnung vom Standort und Blickwinkel des Betrachters unabhängig erfolgt. Die Lichtverteilung muss so für eine Szene nur ein Mal berechnet werden. Danach kann die Szene in Echtzeit gerendert werden (meist mittels Scanline Rendering), was für Anwendungen wie virtuelle Architekturmodelle interessant ist. Diesen Vorteil genießen jedoch nicht alle Programme.

Einfache indirekte, ideal diffuse Lichtreflexion.Ideal diffuse Lichtreflexionen werden vom Radiosity-Verfahren auf natürliche Weise unterstützt. Die Helligkeit und Farbe einer Fläche wird nicht allein aufgrund der direkten Beleuchtung einer Lichtquelle, sondern auch durch diffus reflektiertes Licht anderer Flächen bestimmt. Ein Beispiel dafür ist ein Zimmer, das durch einfallendes Sonnenlicht nicht nur an den direkt beschienenen Stellen, sondern auch insgesamt heller wird.

[Bearbeiten] Nachteile

Keine analytischen Primitiven. – Durch die zwingende Aufteilung der Szene in Polygone können keine analytisch definierten Primitiven, wie die bei Raytracing üblichen Kugeln, verwendet werden. Durch die zur Vermeidung von sichtbaren Kanten notwendige feine Aufteilung ist bei komplexer Szenengeometrie rasch eine sehr hohe Zahl von Flächen notwendig. Dies führt häufig zu einer hohen Wartezeit bei der Berechnung der Formfaktoren (siehe weiter unten).

Es wurde versucht, mittels adaptativer Vereinfachung der Geometrie dieses Problem teilweise zu lösen [1], was jedoch ein manueller Vorgang ist, der seine Grenzen hat. Daneben sind die aus den Fehlern dieses Verfahrens resultierenden Auswirkungen auf die Lichtberechnung schwer vorhersehbar.

Hoher Speicher- und Zeitbedarf. – Wenn N die Anzahl der Primitiven einer Szene ist, so weisen die effizientesten Radiosity-Varianten eine asymptotische Zeitkomplexität von O(NlogN) auf, wie empirisch festgestellt wurde [2]. Dagegen benötigt Raytracing nur eine Laufzeit von O(logN). Dies begrenzt schnell den praktisch möglichen Verfeinerungsgrad bei Radiosity. Daneben ergeben sich zur Berechnung und Speicherung der Formfaktoren relativ hohe Speicheranforderungen.

Globale Beleuchtung schwer realisierbar. – Für die möglichst realistische Darstellung einer Szene muss die globale Beleuchtung simuliert werden, was aber nur in Spezialfällen mit Radiosity effizient möglich ist. In seiner Grundform ist Radiosity nur zur Simulation ideal diffuser Reflexion fähig. Die Berücksichtigung beliebiger Beleuchtungsmodelle sowie transluzenter Flächen ist möglich [3][4], hat jedoch keine breite Verwendung gefunden, da derartige Effekte schneller bzw. präziser mittels auf Raytracing basierten Lösungen möglich sind.

[Bearbeiten] Vergleich mit Raytracing

Historisch gesehen war Radiosity interessant, da es die Simulation indirekter diffuser Beleuchtung auf einfache Weise erlaubte, was mit Raytracing lange Zeit nicht möglich war. Andererseits war Raytracing gut für spiegelnde und transparente Objekte geeignet, wozu wiederum Radiosity nicht fähig war. Es wurden daher anfangs Vorschläge zur Kombination von Radiosity mit Raytracing gemacht, die jedoch aufwändig waren und sich letztendlich nicht im großen Maße durchsetzen konnten.

Mit dem Aufkommen moderner globaler Beleuchtungsverfahren wie Path Tracing und Photon Mapping wurden jedoch die Möglichkeiten von Raytracing beträchtlich erweitert. Weil derartige Algorithmen alle von Radiosity unterstützten Effekte mit weniger Fehlern und auf elegantere Weise simulieren können, ist Radiosity im Bereich der hochwertigen realistischen Bildsynthese weitgehend aus der Mode gekommen. Kommerzielle Verwendung findet Radiosity vor allem bei Echtzeitrendering von Architekturmodellen, bei denen eine zeitaufwändige Vorausberechnung vertretbar ist. Auch derartige Anwendungen sind jedoch mit Raytracing möglich [5].

[Bearbeiten] Prinzip

Mit der eingangs formulierten Annahme kann die allgemeine Rendergleichung in die Radiosity-Gleichung überführt werden.

B(x) = E(x)+\rho(x)\int_{S}B(x') \frac{1}{\pi r^2} \cos\phi_x\cos\phi_{x'} \cdot V(x,x') \,\mathrm dA'

mit

B(x) = gesamte vom Punkt x abgestrahlte Energie (Summe aus Eigenstrahlung und Reflexion als Leistung pro Flächeneinheit), genannt Radiosity im Punkt x
E(x) = im Punkt x abgegebene Eigenstrahlung
ρ(x) = Reflexionsfaktor im Punkt x
S = alle Oberflächen der Szene
r = Abstand der Punkte x und x'
φ(x) = Der Winkel zwischen der Normale im Punkt x und der Verbindungslinie zwischen den Punkten x und x'
V(x,x')= \begin{cases} 1, & \mbox{wenn }x\mbox{ von }x'\mbox{ aus sichtbar} \\ 0, & \mbox{sonst}\end{cases}.

Die gesuchte Radiosity im Punkt x ergibt sich aus einem Integral in geschlossener Form, was auf direktem Weg nicht berechnet werden kann. Abhilfe schafft die Diskretisierung der Oberfläche S: anstatt alle infinitesimal kleinen Teilflächen δA' zu betrachten, teilt man die Oberfläche S in zusammenhängende Teilflächen (Fassetten oder Patche genannt) Ai auf (Finite-Elemente-Methode). Für diese Teilflächen gelten weitere Annahmen: jedes Ai ist planar; die jeweilige Radiosity Bi und der Reflexionsfaktor ρi sind über Ai konstant. Dies führt dann zur diskreten Radiosity-Gleichung.

B_i = E_i + \rho_i \sum_{j=1}^n B_jF_{ij},\quad 1 \le i \le n

mit

Bi = gesamte von Teilfläche i abgestrahlte Energie (Summe aus Eigenstrahlung und Reflexion als Leistung pro Flächeneinheit), genannt Radiosity der Teilfläche i
Ei = von der Teilfläche i abgegebene Eigenstrahlung
ρi = Reflexionsfaktor der Teilfläche i
n = Anzahl der Teilflächen
Fij = Anteil an der von Fläche i abgegebenen Energie, die auf Fläche j auftrifft, genannt Formfaktor.

[Bearbeiten] 1. Unterteilung der Oberflächen

Im ersten Schritt erfolgt die Festlegung der Primitiven: wie und in welche Teilflächen soll eine gegebene kontinuierliche Oberfläche zerlegt werden. Üblich sind Dreieck und Quadrat. Bereits in dieser Phase wird zwischen Qualität und Effizienz entschieden. Um so feinmaschiger das Netz, um so genauer sind die Ergebnissen aber um so aufwändiger die Berechnungen.

In der Praxis benutzt man meist adaptive Verfahren. Ausgehend von einer z. B. triangulierten Oberfläche werden nach dem hier angegebenen Schema die zugehörigen Radiosity-Werte aller Fassetten bestimmt. Mit diesen Daten erfolgen dann weitere ortsabhängige Netzverfeinerungen. Ausschlaggebend dafür können sein: ein hoher Radiosity-Gradient benachbarter Fassetten, Diskontinuitäten im Lichtverlauf (z. B. Lichtleck) oder eine örtlich ungünstige Netzeinteilung (z. B. T-Knoten).

Bestimmung von Radiosity-Werten bei konstanten, linearen und quadratischen Basisfunktionen
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Bestimmung von Radiosity-Werten bei konstanten, linearen und quadratischen Basisfunktionen

[Bearbeiten] 2. Festlegung der Basisfunktionen

Die diskrete Radiosity-Gleichung stellt eine Möglichkeit der Diskretisierung dar. Sie beruht auf der Annahme, dass die Radiosity über einer gegebenen Fassette konstant ist und verwendet daher konstante Basisfunktionen. Die Wahl von Basisfunktionen höheren Grads ist ebenfalls möglich.

[Bearbeiten] 3. Berechnung der Formfaktoren

Der aufwendigste Schritt bei Radiosity ist, unabhängig von dem gewählten Algorithmus, die Berechnung der Formfaktoren. Ein Formfaktor gilt immer zwischen zwei Patches und beschreibt die Menge der ausgetauschten Strahlung, liegt also zwischen null (keine Strahlung wird ausgetauscht) und eins (alle Strahlung wird ausgetauscht).

Der Formfaktor ist rein geometrischer Natur und wird durch die Stellung der Patches zueinander bestimmt. Des Weiteren spielt die Sichtbarkeit der Patches eine Rolle. Die Sichtbarkeitsberechnung braucht bei weitem die meiste Zeit in der Berechnung.

Die Formel für einen Formfaktor lautet:

F_{s,e} = \frac{1}{A_s}\int_{v\in A_e}\int_{u\in A_s} \frac{1}{\pi r^2} \cos\phi_u\cos\phi_v V(u,v) \,\mathrm dA_e \mathrm dA_s

mit

Fs,e = Formfaktor zwischen dem Sender S und dem Empfänger E
As = Der Fläche des Senders S
Ae = Der Fläche des Empfängers E
φu = Der Winkel zwischen der Normale des Senders S und der Verbindungslinie zwischen Sender S und Empfänger E
φv = Der Winkel zwischen der Normale des Empfängers E und der Verbindungslinie zwischen Empfänger E und Sender S
r = Entfernung zwischen Sender S und Empfänger E
V(u,v)= \begin{cases} 1, & \mbox{wenn }u\mbox{ von }v\mbox{ aus sichtbar} \\ 0, & \mbox{sonst}\end{cases}

Da das direkte Berechnen dieses Doppelintegrals sehr schwierig ist, werden im allgemeinen Annäherungen verwendet.

Ermittlung der Formfaktoren nach Nusselt
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Ermittlung der Formfaktoren nach Nusselt

Das simpelste Verfahren ist nur für Flächen korrekt, die relativ klein und relativ weit entfernt sind und zwischen denen keine partielle Verdeckung besteht. Man berechnet dabei Winkel und Entfernung nur zwischen zwei repräsentativen Punkten, den Mittelpunkten der beiden Flächen.

F_{s,e} \approx A_j \frac{\cos\phi_u\cos\phi_v d_{u,v}}{\pi r^2}

Wobei u der Mittelpunkt von Ai und v der Mittelpunkt von Aj ist.

[Bearbeiten] Methode nach Nusselt

(auch „Nusselts Analogon“)

Es wird ein repräsentativer Punkt der Empfängerfläche, der Mittelpunkt, ausgewählt. Die sichtbaren Teile der Senderfläche werden auf die Einheitshalbkugel um diesen Punkt projiziert. Dadurch wird \frac{\cos\phi_v }{r^2} beachtet. Dann wird die Projektion auf der Einheitskugel wiederum die Fläche, in der Aj liegt projiziert. Die entstandene Fläche wird durch π geteilt (Fläche des Einheitskreises). Durch diesen Schritt wird der Formfaktor F_{s,e} \approx \int_{v\in A_e} \frac{\cos\phi_u\cos\phi_v d_{u,v}}{\pi r^2} \,\mathrm dA_e ermittelt.

Approximation der Formfaktoren mittels Hemi-Cube
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Approximation der Formfaktoren mittels Hemi-Cube

[Bearbeiten] Hemi-Cube-Verfahren

Von Cohen et al. stammt das sogenannte Hemi-Cube-Verfahren [6]. Die Einheitshalbkugel nach Nusselt wird durch einen Einheitshalbwürfel approximiert, dessen Seitenflächen in ein diskretes Gitter unterteilt sind. Jeder Gitterfläche wird ein Gewichtungsfaktor, der Delta-Formfaktor, zugeordnet, welcher von der Position der Gitterfläche abhängig ist. Ein Delta-Formfaktor ist damit der Formfaktor der Gitterfläche nach Nusselt. Die Summe der Delta-Formfaktoren ist 1.

Für jede der fünf Halbwürfelflächen wird mit modifizierten Rasteralgorithmen (üblicher Weise Z-Buffer) ein Item-Buffer berechnet. Dieser enthält für jede Gitterfläche die Identität der Objektfläche (Item, im Bild rotes Dreieck), die darauf projiziert wurde. Für jedes Item wird die Summe der Delta-Formfaktoren der überdeckten Gitterflächen berechnet (im Bild rote Gitterflächen). Diese Summe wird als Formfaktor zwischen Item und betrachteter Fläche aufgefasst.

[Bearbeiten] Sillions Verbesserung

Statt eines Halbwürfels wird nun nur noch eine einzige Fläche, welche zentriert über dem differentiell kleinem Flächenstück (dA) platziert wird, verwendet. Diese Fläche wird ebenfalls in kleine, diskrete Bereiche aufgeteilt. Diesen werden dann genau wie beim Hemicube-Verfahren in Abhängigkeit der Geometrie zu dA, den sogenannten Delta-Formfaktoren zugeordnet. Der Vorteil bei diesem Verfahren ist, dass ein Patch nur auf diese eine Fläche projiziert werden muss und nicht mehr auf 5 Flächen eines Würfels. Außerdem ist dieses Verfahren legitim, da Patches, die orthogonal auf der Fläche von dA stehen, keinen großen Beitrag an der Gesamthelligkeit haben. Diese Beobachtung kann man sich über den Cosinus zwischen den Normalen der beiden Flächenstücke klar machen.

[Bearbeiten] 4. Berechnung der Radiosity-Werte

Die diskrete Radiosity-Gleichung kann als lineares Gleichungssytem aufgefasst werden und lässt sich demzufolge nach einigen Umformschritten wie folgt in Matrixform darstellen.

\begin{pmatrix}      B_1 \\      B_2 \\     \vdots \\     B_n    \end{pmatrix}    =   \begin{pmatrix}      E_1 \\      E_2 \\     \vdots \\     E_n    \end{pmatrix}    +   \begin{pmatrix}      \rho_1 F_{11} & \rho_1 F_{12} & \ldots & \rho_1 F_{1n} \\      \rho_2 F_{21} & \rho_2 F_{22} & \ldots & \rho_2 F_{2n} \\      \vdots & \vdots & \ddots & \vdots \\     \rho_n F_{n1} & \rho_n F_{n2} & \ldots & \rho_n F_{nn}   \end{pmatrix}    \cdot   \begin{pmatrix}      B_1 \\      B_2 \\     \vdots \\     B_n    \end{pmatrix} oder kurz B = E+TB.

Um alle gesuchten Radiosity-Werte zu bestimmen, muss das Gleichungssystem gelöst werden. Naheliegend ist die Invertierung der Matrix (I-T) (Matrix-Inversion nach Gauß), was aber aufgrund des enormen Aufwands unpraktikabel ist.

Im allgemeinen existieren zwei unterschiedliche iterative Lösungsstrategien, die gegen die exakte Lösung konvergieren. Damit ist ein frei wählbarer Kompromiss zwischen Darstellungsqualität und Rechenzeit möglich.

  • Beim Gathering wird die Radiosity Bi ein Fassette durch Einsammeln aller einflussnehmenden Bj (abhängig vom jeweiligen Formfaktor) gebildet. Ausgangspunkt ist B0=E und man sieht nur die selbstleuchtenden Flächen. Nach dem ersten Schritt B1=E+TB0 sind zusätzlich alle direkt beleuchteten Objekte sichtbar. Im nächsten Iterationsschritt B2=E+TB1 werden die einfachen Reflexionen berücksichtigt, usw. Auffällig ist, dass in jedem Schritt alle Formfaktoren benötigt werden. Auf diesem Prinzip beruhende Verfahren sind Jacobi-Iteration und Gauß-Seidel-Iteration.
  • Beim Shooting wird die unverteilte Radiosity Bi auf alle als Empfänger in Frage kommenden Fassetten (abhängig vom jeweiligen Formfaktor) geschossen. Ausgangspunkt sind wiederum die selbstleuchtenden Flächen, somit gilt B=E.
 für jede Fassette i
   Radiosity B = Eigenleuchten E
   unverteilte Radiosity ΔB = Eigenleuchten E
 wiederhole
   i = Fassette mit maximaler Restenergie ΔBi•Ai
   für jede Fassette j
     rad = ΔBj•ρj•Fji         (wieviel der zu verteilenden Radiosity bekommt Fassette j)
     ΔBj = ΔBj+rad            (zu verteilende Radiosity der Fassette j wird um diesen Betrag erhöht)
     Bj = Bj+rad              (Radiosity der Fassette j wird um diesen Betrag erhöht)
   ΔBi = 0                    (zu verteilende Radiosity der Fassette i wurde verteilt und ist nun 0)
 bis (Abbruchkriterium)
Als Abbruchkriterien können neben objektiven Werten wie Fehlermetriken auch der subjektive Eindruck benutzt werden. Shooting-Verfahren sind den Gathering-Verfahren in zwei Gesichtspunkten überlegen. Zum einen kann aus dem Pseudocode abgeleitet werden, dass für jeden Iterationsschritt lediglich j Formfaktoren benötigt werden. Zum anderen wird in jedem Durchlauf die Radiosity der Fassette mit der grössten Restenergie verteilt, wodurch Shooting-Verfahren wesentlich schneller gegen „schöne“ Bilder konvergieren als Gathering-Verfahren. Auf diesem Prinzip beruhende Algorithmen sind Southwell-Iteration und Progressive-Refinement.

[Bearbeiten] 5. Rendern

Den letzten Schritt bildet das Rendern des fertigen Bildes. Die an den ausgesuchten Stellen berechneten Radiosity-Werte werden gemäß der gewählten Basisfunktionen kombiniert. Wurden Radiosity-Werte in den Netzknoten bestimmt ist z. B. auch Gouraud Shading möglich. Genügt das so erstellte Bild dem Anspruch nicht, so können weitere Iterationen aus (4) folgen. Treten ungewollte grafische Artefakte auf, so sollte mit entsprechenden Änderungen in der Netzstruktur der Algorithmus von vorn gestartet werden.

[Bearbeiten] Geschichtliche Entwicklung

1984 wurde das Verfahren erstmals von Goral et al. vorgestellt. Es stammt aus der Thermodynamik, wo es verwendet wurde, um den Austausch von Wärmestrahlung zu berechnen (Strahlungsrechnung). Zu dieser Zeit wurde die Full-Form-Factor-Matrix-Methode zum Lösen des Gleichungssystems verwendet. Hier wird das Gleichungssystem komplett für alle Formfaktoren zwischen allen Patches (=Flächen) der Welt aufgestellt und dann mittels eines mathematischen Verfahrens (meist dem Gauß-Seidel-Verfahren) gelöst. Prinzipiell entspricht dieses Vorgehen dem Einsammeln von Radiosity. Für jedes Patch wird berechnet, wie viel Licht es von jedem anderem Patch erhält. Das hat den Nachteil, dass die Berechnung der gesamten Matrix extrem viel Zeit benötigt und viel Speicherplatz belegt, was das Verfahren für komplexe Szenen unbrauchbar macht.

1988 wurde dann das Progressive-Refinement-Verfahren von Cohen et al. vorgestellt [7]. Hier wird der Prozess umgedreht und das Licht wird nicht mehr an jedem Patch eingesammelt, sondern von jedem Patch verschossen. So kann man zuerst einmal das Licht von den Patches mit dem größten Radiositywert versenden und sich dann denen mit wenig Radiosity zuwenden. Hier ist es nicht mehr nötig, die komplette Matrix zu berechnen, sondern es werden in jedem Schritt nur noch die Formfaktoren von einem einzelnen Patch zu allen anderen benötigt. Dadurch sinkt der benötigte Speicherplatz enorm und man erhält nach jedem Schritt ein brauchbares Bild. Je länger man wartet, desto besser wird das Bild, da immer mehr Indirektionen berechnet werden. Um zu konvergieren, braucht dieses Verfahren allerdings genauso lange wie die Full-Form-Factor-Matrix-Methode.
Im Prinzip entspricht das Verfahren einer Reihenentwicklung der Matrix. Das Lineare Gleichungssystem, das sich aus der Strahlungsgleichung ergibt ist dann (IM)B = E, wobei I die Identitätsmatrix, M die Matrix, bestehend aus den Formfaktoren und den Reflektionskoeffizienten und E die Eigenstrahlung beschreibt. Stellt man die Gleichung nun um zu B = (IM) − 1E, so lässt sich der rechte Teil (IM) − 1 als Reihe der folgenden Form entwickeln und man erhält eine inkrementelle Annäherung an die tatsächliche Strahlungsintensität:

\sum_{i=1}^\infty x^i = \frac{1}{1-x} = (1-x)^{-1}.

Der momentane Stand ist das Hierarchische Radiosity, das 1991 von Hanrahan et al. vorgestellt wurde [8]. Bei diesem Verfahren wird eine Patchhierarchie verwendet. Wenige große Patches bestehen aus vielen kleinen. Der Lichtaustausch wird jetzt auf unterschiedlichen Stufen vorgenommen. Wenn der Fehler gering ist, wird das Licht auf einer hohen Hierarchieebene ausgetauscht, wenn ein großer Fehler zu erwarten ist (zum Beispiel wenn viel Licht ausgetauscht wird oder die Flächen sehr nahe beieinander liegen), dann wird das Licht auf einer niedrigeren Ebene ausgetauscht. Dadurch reduziert sich die Anzahl der zu berechnenden Formfaktoren substantiell und die Berechnung wird deutlich beschleunigt.

Zusätzlich zu diesen Verfahren wurden noch viele Erweiterungen ersonnen. Zum Beispiel gibt es die Methode des Clustering [9], welches eine Erweiterung des Hierarchischen Radiosity ist. Hier wird oberhalb der Patchhierarchie eine weitere Hierarchie erzeugt, die Cluster. Licht kann dann auch zwischen ganzen Clustergruppen ausgetauscht werden, abhängig vom zu erwartenden Fehler. Wieder spart man sich die Berechnung vieler Formfaktoren.

[Bearbeiten] Literatur

  • Michael F. Cohen, John R. Wallace: Radiosity and Realistic Image Synthesis. Morgan Kaufmann, San Francisco 1993, ISBN 0-1217-827-00.
  • François X. Sillion, Claude Puech: Radiosity and Global Illumination. Morgan Kaufmann, San Francisco 1994, ISBN 1-5586-027-71.

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

  1. H. E. Rushmeier u. A: Geometric simplification for indirect illumination calculations. In: Proceedings of Graphics Interface ’93, S. 227–236, Canadian Information Processing Society, Toronto 1993 (PDF)
  2. M. F. Cohen u. A.: Radiosity and realistic image synthesis. Academic Press Professional, San Diego 1993, ISBN 0-12-178270-0
  3. H. Rushmeier, K. Torrance: Extending the radiosity method to include specularly reflecting and translucent materials. In: ACM Transactions on Graphics, Vol. 9, S. 1–27, ACM Press, New York 1990 (PDF)
  4. E. Gobbetti u. A.: Hierarchical Higher Order Face Cluster Radiosity for Global Illumination Walkthroughs of Complex Non-Diffuse Environments. In: Computer Graphics Forum, Vol. 22-3 (9/2003)
  5. B. Walter u. A.: Global Illumination Using Local Linear Density Estimation. In: ACM Transactions on Graphics, Vol. 16-3 (7/1997), S. 217–259, ACM Press, New York 1997
  6. M. F. Cohen, D. P. Greenberg: The hemi-cube: a radiosity solution for complex environments. In: Proceedings of the 12th annual conference on Computer graphics and interactive techniques, S. 31–40, ACM Press, New York 1985, ISBN 0-89791-166-0
  7. M. F. Cohen u. A.: A progressive refinement approach to fast radiosity image generation. In: Proceedings of the 15th annual conference on Computer graphics and interactive techniques, S. 75–84, ACM Press, New York 1988
  8. Pat Hanrahan u. A.: A Rapid Hierarchical Radiosity Algorithm. In: Proceedings of the 18th annual conference on Computer graphics and interactive techniques, S. 197–206, ACM Press, New York 1991
  9. B. Smits u. A.: A Clustering Algorithm for Radiosity in Complex Environments. In: Proceedings of the 21st annual conference on Computer graphics and interactive techniques, S. 435–442, ACM Press, New York 1994 (PDF)
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