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Persönliche Gleichung

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Als Persönliche Gleichung wird bei Sternbeobachtungen in der Astronomie und Geodäsie die durchschnittliche Reaktionszeit des Beobachters bezeichnet. Sie beträgt je nach Messmethode und Erfahrung des Beobachters zwischen einigen Hundertstel- und Zehntelsekunden. Da sie als systematischer Fehler die Ergebnisse beeinflusst, muss sie durch Experimente bestimmt und rechnerisch berücksichtigt werden.

Auch bei automatisierten Messungen (durch lichtelektrische Sensoren o.ä.) gibt es kleine systematische Effekte, die analog instrumentelle Gleichung genannt werden. Für eine Messgenauigkeit von beispielsweise 0,1" muss die Zeit auf die Hundertstelsekunde (0,01 s) gemessen werden, weil sich die Sterne zufolge der Erdrotation um etwa 5 bis 15" pro Sekunde bewegen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Überblick: durchschnittliche Werte

Die Persönliche Gleichung (im folgenden PG abgekürzt) hat - wie der Name andeutet, für jeden Beobachter einen charakteristischen Wert, der sich nur relativ wenig durch Müdigkeit oder äußere Umstände ändert. Deshalb kann er sehr verlässlich durch Referenzmessungen (wo das Soll-Ergebnis bekannt ist) bestimmt werden und von den gemessenen Zeiten abgezogen werden. Sehr wohl hängt PG jedoch von der Erfahrung des Beobachters ab. In der Fachliteratur (siehe unten) werden folgende typische Werte angegeben:

  • Visuelle Sterndurchgänge (Fernrohr mit mind. 30-facher Vergrößerung):
    • Erfahrene Beobachter 0,05 s bis 0,20 s, wobei der Wert um etwa 0,03 s schwanken kann
    • Wenig erfahrene Beobachter zwischen 0,1 und 0,4 s mit Schwankungen von etwa ±0,05 s (zwischen der 2. und 5. Messnacht stabilisiert sich der Wert auf "typisches" Niveau)
  • Am Registriermikrometer (manuelle Nachführung) zwischen 0,01 und 0,15 s (Schwankung um ca. 0,02 s)
    • Bei automatischer Nachführung und manueller Korrektion unter 0,10 Sekunden
  • Bei Sternbedeckungen durch den Mond durchschnittlich 0,3 Sekunden.

So kurze Reaktionszeiten mögen dem Laien unglaubwürdig erscheinen, liegen sie doch weit unter der sogenannten Schrecksekunde. Der Grund dafür ist ein zweifacher: 1) Ein Sterndurchgang ist nicht überraschend, sondern genau vorhersehbar. 2) Eine ruhige Grundstimmung (Gelassenheit) bringt die besten Ergebnisse.
Ist ein Ereignis hingegen wirklich überraschend - z.B. eine Sternschnuppe - so muss auch ein erfahrener Astronom mit etwa 1s Verzögerung rechnen. Bis zu einem gewissen Grad kann man sie aber im Nachhinein (bei geschlossenen Augen) abschätzen.

[Bearbeiten] Visuelle Messung von Sterndurchgängen

Zahlreiche Verfahren der Astrometrie und Astrogeodäsie beruhen auf der Messung von Sterndurchgängen durch ein Fadenkreuz oder Fadennetz eines geeigneten Fernrohrs. Zu erwähnen sind u.a. die genaue Bestimmung der Sternzeit und der Sternörter (Rektaszension, Deklination), der geografischen Koordinaten (exakter: astronomische Breite und Länge) - insbesondere für Lotabweichung und Geoidbestimmung - sowie für die Richtungsbestimmung (Azimut) und die Größe von Himmelskörpern.

Bei der Messung eines Sterndurchgangs im Gesichtsfeld eines Theodolits oder Durchgangsinstruments registriert der Beobachter den Zeitpunkt, zu dem sich der Stern genau hinter dem Faden befindet oder von ihm "biseziert" wird. Dies kann mittels digitaler Stoppuhr, mit Handtaster und Chronograf oder mit Auge-Ohr-Methode erfolgen. Über die Nachführung am beweglichen Faden siehe unten.

Abgesehen von Fehlern im Zeitsystem (Uhrgang, Zeitzeichen usw.) und bei der Einrichtung des Instruments kommt es beim Sterndurchgang - oder einer ganzen Serie von "Fadenantritten" - zur Überlagerung zweier persönlicher Einflüsse:

  • eine verzögerte Reaktion um einen personentypischen Wert (in extremen Fällen sagt die Alltagssprache "lange Leitung")
  • eine etwas unsymmetrische Auffassung der Bisektion.

Der erste Einfluss ist unvermeidlich, aber auf etwa 0,03s konstant. Der zweite kann durch ruhige Aufmerksamkeit bzw. mit zunehmender Erfahrung minimiert werden und lässt sich durch spezielle Messanordnungen eliminieren (z.B. Umkehrprisma oder symmetrische Sternpaare).

[Bearbeiten] Messungen am Registriermikrometer

In der 2.Hälfte des 19. Jahrhunderts erfand der Instrumentenbauer Repsold das nach ihm benannte Registriermikrometer. Ein im Fadennetz beweglich angeordneter Faden lässt sich dem Stern nachführen und ist mit einer Meßspindel verbunden, die in genau definierten Abständen elektrische Kontakte schließt. Bildet man das Mittel der so registrierten Zeiten, ist entspricht dies dem Sterndurchgang am Mittelfaden des Gesichtsfeldes.

Das Repsold'sche Mikrometer wird auch unpersönliches Mikrometer genannt, obwohl es die PG nicht völlig eliminiert. Es verringert jedoch die systematischen Messfehler erheblich. Sie lassen sich - analog zu oben - in zwei Anteile zerlegen, den Bisektions- und den Nachführfehler.

  1. Bisektionsfehler bedeutet, dass der Beobachter den beweglichen Faden nicht genau auf dem "Sternzentrum" (Beugungsscheibchen) hält, sondern stets etwa rechts oder stets etwas links von der Mitte. Er ist von der scheinbaren Sterngeschwindigkeit abhängig und beträgt bei einem Stern nahe dem Himmelsäquator für die meisten Beobachter zwischen 10 und 30 Millisekunden (0,01 bis 0,04 s). Er lässt sich eliminieren, wenn das Messfernrohr nach der Mitte umgelegt und die Bewegungsrichtung des Sterns umgekehrt wird. Beim "gebrochenen Fernrohr" (z.B. Universalinstrumente vom Bautyp T4 oder DKM3) erfolgt dies von selbst, während ein geradsichtiges Fernrohr ein "Okularreversionsprisma" benötigt.
  2. Nachführfehler bedeutet, dass man den beweglichen Faden dem Stern geringfügig voran- oder nachfolgen lässt. Wird der Bisektionsfehler w.o. eliminiert, ist der Nachführfehler ident mit der Persönlichen Gleichung. Sie kann mit einer speziellen Versuchsanordnung ("künstlicher Stern") bestimmt werden und liegt (nach Steinert) zwischen 20 und 40 ms.

[Bearbeiten] Messungen mit motorisierter Nachführung, Fotografie oder Sensoren

Um den Beobachter vom konzentriert-gleichmäßigen Drehen des Regostriermikrometers zu entlasten, hat man für einige größere Instrumente (Meridiankreis, Danjon-Astrolabium, Zirkumzenital) eine motorgetriebene Nachführung konstruiert, die nur noch geringfügig der Sterngeschwindigkeit anzupassen ist. Sie verringert die PG abermals, wobei die Restbeträge sehr konstant und durch Messung an Referenzstationen gut bestimmbar sind. Beim Danjon-Astrolab muss der Beobachter zwei entgegengesetzt laufende Sternbilder mit einem Handrad auf gleicher Höhe halten, was auf ca. 0,01 s gelingt.

Gänzlich kann die Persönliche Gleichung nur durch automatische Beobachtungsmethoden vermieden werden:

Doch erkauft man sich dies mit instrumentellen Fehlern, die teilweise nur schwer mathematisch zu modellieren sind.

[Bearbeiten] Neuere Methoden der Kosmischen Geodäsie

Als man in den 1970er-Jahren in den Genauigkeitsbereich der Millisekunden vordringen wollte, waren diese kleinen Restfehler ein nur schwer zu überwindendes Hindernis. Daher wurden die geschilderten Messverfahren nach und nach durch andere, voll automatisierbare Messprinzipien ersetzt:

Nach wie vor sind jedoch Methoden im Einsatz, bei denen die Persönliche Gleichung eine zwar geringe, aber doch noch eine Rolle spielt. So etwa bei der genauen Bestimmung astronomischer Längendifferenzen (sog. Längenausgleich über kontinentale Vermessungsnetze), für Referenzstationen der absoluten Lotabweichung, für ein kontinentales "Zentimetergeoid" (insbesondere mit dem Ni2-Astrolab im Hochgebirge) und für einige Sonderzwecke.

Da sich die PG eines visuellen Beobachters in fast allen Fällen rechnerisch beseitigen lässt (Restfehler je nach Methode und Aufwand unter 0,01 bis 0,03 s), bleibt die Frage nach weiteren Automatisierungsmethoden eine solche nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis. Für das Monitoring z.B. der Erdrotation und der Polbewegung ging sie um 1980 an die modernen Satelliten- und Quasar-Methoden (siehe Kosmische Geodäsie und IERS), während für Expeditionen und einige Geoid-Projekte weiterhin die Astrogeodäsie geeignete Methoden anbietet.

Siehe auch: Zeitmessung, Intervallzähler, Prismenastrolab, Passageninstrument

[Bearbeiten] Fachliteratur (Auswahl) und Weblink

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