Perfektionismus (Psychologie)
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Perfektionismus ist das übersteigerte Bestreben nach Perfektion und Vervollkommnung. Psychologisch kann Perfektionismus zu einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung führen.
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[Bearbeiten] Ursache
Ursache des Perfektionismus ist der meist erziehungsbedingte Irrglaube, nur als fehlerlose Person geliebt zu werden und sich das Recht geliebt zu werden verdienen zu müssen. Geliebt wird ein Mensch jedoch nur für seine Menschlichkeit und für die zur Menschlichkeit gehörende Unzulänglichkeit, also für die liebenswerte menschliche Schwäche. Halbwegs fehlerlos sind nur Maschinen, die nicht geliebt, sondern genutzt werden.
[Bearbeiten] Auswirkungen
Perfektionisten stehen sich selbst keine Fehler zu, überfordern sich selbst und streben nach Unmöglichem. Da das Unmögliche aber nicht erreichbar ist, empfinden sich Perfektionisten oft als Versager. Unter Perfektionismus Leidende sind oft von der Realität enttäuscht, weil sie Vollkommenheit vermissen, diese Enttäuschung kann sich zu Wut, universellem gestaltlosem Ärger, Pedanterie, Misstrauen, Kontrollzwang, und im schlimmsten Fall zu Angsterscheinungen und Depressionen verdichten („Anankastische Persönlichkeitsstörung“, auch „Zwanghafte Persönlichkeitsstörung“, ICD-10, F60.5). Das Streben, in allen Lebensbereichen perfekt zu sein, kann nach einer Zeit extremer Belastungen zum Bruch oder Burnout-Syndrom führen. Der Erfolgsdruck, dem sich Perfektionisten aussetzen, kann aber auch als großer Antrieb und als produktiv erlebt werden, macht Perfektionisten jedoch nicht erfolgreicher. Produktivität und Arbeit werden über zwischenmenschliche Gefühle und Vergnügen gestellt, und in Fragen der Moral und Ethik wird eine übersteigerte Gewissenhaftigkeit und Starrheit vertreten. Unentschlossenheit führt oft zum Aufschieben von aktuellen Entscheidungen. Details, Regeln, Kleinigkeiten und „letzte Optimierungen“ stehlen dem Perfektionisten Zeit und Energie und lassen ihn das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren. Perfektionisten suchen keine Lösungen, sondern Lücken. Ein für Perfektionisten zutreffendes Sprichwort lautet „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“.
[Bearbeiten] Partnerschaft
Im Sexualleben einer Partnerschaft, wo der Partner oder die Partnerin zu Recht Hingabe, Sinnlichkeit und Genußfreudigkeit erwartet, kann ein Perfektionist aufgrund seiner leistungsbezogenen Selbstkontrolle sein eigentliches Leistungsziel und seine Sehnsucht nach „Liebe“ paradoxerweise nicht erlangen, denn die Selbstkontrolle und die Leidenschaft widersprechen sich.
[Bearbeiten] Studie
Nach einer kanadischen Studie (Lit.: Dewey 2004) mit 300 Studenten leiden Studenten mit chronischen Schmerzen öfter unter Perfektionismus als ihre Kommilitonen und haben häufiger Probleme im studentischen Alltag. Es zeigte sich in der Studie, dass Perfektionisten den Lernalltag anders wahrnehmen und schneller problematisieren. Perfektionisten reagieren mit Stress auf Situationen, die andere gelassener betrachten. Aus dem selbst auferlegten Stress folgen als logische Konsequenz vermehrt Kopfschmerzen.
[Bearbeiten] Therapie
Um dem Perfektionismus zu entkommen, müssen sich Betroffene selbst beobachten und sich im Falle der Beobachtung eines „Fehlers“ oder einer Unvollkommenheit an sich selbst oder der Umwelt selbst befehlen, an etwas anderes zu denken. Nützlich ist es in dieser Situation, nicht an das Fehlende zu denken, sondern sich am Vorhandenen zu erfreuen. Gute eigene Leistungen dürfen nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden, sondern sollen von einem selbst belohnt werden. Der Wert der eigenen Arbeit wird auf diese Weise schätzen gelernt und der Selbstwert wird nicht mehr über andere Personen definiert. Als letztes sollten eigene kleine Fehler nicht nur gestattet werden, sondern auch (spontan) mit Vorsatz begangen werden. Bewusste Schlampigkeit ist ein Lösungsweg aus dem Teufelskreis des Perfektionismus, weder die Natur (Bäume, menschliche Körper) noch Biographien kennen die Perfektion. Das Ziel sollte sein, sich selbst wieder zu lieben, und zu erkennen, dass andere Menschen einem die Liebe nicht entziehen, wenn man nicht mehr der „Bürokrat“ des eigenen Lebens ist.
Zitate
Das Streben nach Perfektionismus und Vollkommenheit macht manchen Menschen vollkommen unerträglich., Pearl S. Buck, 1892 - 1973, amerikanische Schriftstellerin, Literaturnobelpreis 1938
[Bearbeiten] Siehe auch:
Workaholic, Selbstvertrauen, Zeitmanagement
[Bearbeiten] Literatur
- Bottos S., Dewey D., Perfectionists´ Appraisal of Daily Hassels and Chronic Headache, Headache (2004); 44(8): 772-779, Abstract
- Reinhold Ruthe, Die Perfektionismus-Falle, Februar 2003, 160 Seiten, Paperback, Brendow Verlag, ISBN 3-87067-968-9
- Curnan, Cynthia, Einfach perfekt! Perfektionismus - Fluch oder Segen., München, Kreuzlingen : Hugendubel (2000), 251 S., ISBN 3-7205-2109-5
- Monica Ramirez Basco, Wenn Perfektionismus zur Qual wird, So befreien Sie sich von zu hohen Ansprüchen, Moderne Verlagsgesellschaft (MVG), 2000, ISBN 3-478-08654-X
