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Paul Zech

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Paul Zech (* 19. Februar 1881 in Briesen (Westpreußen); † 7. September 1946 in Buenos Aires) war ein deutscher Lyriker, Schriftsteller und Publizist des Expressionismus.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben und Schaffen

[Bearbeiten] Herkunft und Anfänge

Geboren als Sohn eines Seilers, der wohl ebenso wie die Mutter nicht aus Westpreußen (heute Polen) stammte, verbrachte Zech als erstes überlebendes von ca. 20 (!) Kindern seiner Eltern eine offenbar unstete Jugend bei verschiedenen Verwandten. Gegen 1895 fand er eine festere Bleibe in Elberfeld (heute Wuppertal), wo sich ein Konfirmandenfoto von ihm erhalten hat. Dass er hier das Gymnasium besucht habe, wie er später behauptete, ist nicht belegt; frei erfunden ist sein angebliches Studium an verschiedenen Universitäten und die Promotion zum Dr. phil.

Spätestens seit 1902 schrieb er: Ein auf dieses Jahr datiertes Gedicht (mit Ortsangabe Elberfeld) ist erhalten. Ob er 1902/03 im Ruhrgebiet, Frankreich, Belgien und sogar England in Kohlebergwerken und Fabriken arbeitete, wie er verschiedentlich angab, scheint nicht unmöglich, ist aber unsicher.

Ende 1903 war er jedenfalls in Elberfeld, denn hier wurde er, nachdem er im Juli geheiratet hatte, im September 1904 Vater. Auf der Heiratsurkunde und der Geburtsurkunde seines Sohnes (dem 1906 noch eine Tochter folgte) steht er als „Lagerist“. In einem Adressbuch von 1907 ist er als „Konditor“ verzeichnet.

Neben seiner Arbeit schrieb er mit beachtlichem Fleiß Gedichte, die er ab 1904 zunehmend häufig in der lokalen und regionalen Presse unterbringen konnte. 1910-12 – inzwischen stand er im Adressbuch als „Korrespondent“ – verfasste er auch zahlreiche Buchbesprechungen für eine Elberfelder Zeitung, ohne dort jedoch Redakteur zu sein, wie er später an einer Stelle angab.

Thema seiner Lyrik war zunächst meist traditionell die Natur, zum Beispiel in den beiden Gedichtbändchen Waldpastelle (1910; publiziert von Alfred Richard Meyer) und Schollenbruch (1912). Erst ab ca. 1910 verfasste er auch Gedichte zum Thema Großstadt und Arbeitswelt in einer dem literarischen Expressionismus verpflichteten Manier. Wenig später begann er mit der Abfassung ebenfalls expressionistischer Erzählungen.

[Bearbeiten] Die Zeit der Anerkennung

1912 war er im Kondor, der ersten, von Kurt Hiller herausgegebenen, Lyrikanthologie des frühen Expressionismus, vertreten. Insgesamt hatte er sich als Autor so weit hochgearbeitet, dass er den Sprung nach Berlin wagte, wo ihm seine angebliche „Elberfelder Stadtnachbarin“ Else Lasker-Schüler, die er persönlich aber jetzt erst kennenlernte, schon Publikationsmöglichkeiten verschafft hatte. Über sie fand er auch Anschluss an Berliner Literatenkreise und gründete 1913 mit zwei Kollegen die literarische Zeitschrift Das neue Pathos, die jedoch nie regelmäßig erschien und 1920 eingestellt wurde.

1913 brachte er die elegischen Sonette aus dem Exil heraus, die wohl die Trennung von seiner Elberfelder Muse (und Geliebten?) Emmy Schattke spiegeln. 1914 folgten weitere Gedichtbändchen: Die eiserne Brücke und Die rot durchrasten Nächte. Letzteres gibt vor – vermutlich wegen der z.T. erotischen Gedichte, die es enthält – Übertragungen des kaum bekannten französischen Lyrikers Léon Deubel († 1913) zu bieten, besteht aber ganz überwiegend aus Zechschen Originaltexten.

Nach Beginn des Krieges 1914 verfasste Zech patriotische Gedichte und meldete sich freiwillig zum Militär. Er wurde zunächst aber nur Schreibtischsoldat. 1915 kam er an die Front, erst an der Ost-, dann an der Westfront, wo er im Schützengraben verschüttet wurde und später bei einem Gasangriff Verletzungen mit lebenslangen Folgen erlitt. Hatte er 1917 die immerhin noch teilweise patriotische Sammlung Helden und Heilige publiziert, ließ er 1918 das kriegskritische Bändchen Vor Cressy an der Marne. Gedichte eines Frontsoldaten vorsichtshalber unter dem Pseudonym „Michel Michael“ erscheinen. Seine zunehmend pazifistischen Tagebuchaufzeichnungen aus den Kriegsjahren wurden 1919 gedruckt als Das Grab der Welt. Eine Passion wider den Krieg.

Die Jahre unmittelbar nach dem Krieg bedeuteten den Höhepunkt für Zech. 1917 hatte ihm sein Novellenband Der schwarze Baal Anerkennung auch als Erzähler verschafft. 1918 erhielt er für seine Lyrik den Kleist-Preis, 1919 war er in der legendären expressionistischen Gedicht-Anthologie Menschheitsdämmerung von Kurt Pinthus mit zwölf Texten bestens vertreten. 1919 erschien eine um neue Novellen vermehrte Neuausgabe von Der schwarze Baal.

Insgesamt war er enorm produktiv in dieser Zeit. Neben Lyrik (beispielsweise 1921 das anonym publizierte Bändchen erotischer Sonette Allegro der Lust) verfasste er weitere Erzählungen, einige Romane, Essays sowie auch Dramen, von denen aber nur wenige zur Aufführung kamen und nur eines, Das trunkene Schiff, ein Stück um den französischen Lyriker Arthur Rimbaud, 1926 wenigstens etwas erfolgreich war. Auch lyrisch adaptierte er Rimbaud zu dieser Zeit in „Nachdichtungen“. Sie erschienen 1927 in Bandform unter dem Titel Rimbaud. Das gesammelte Werk und wurden bis heute des öfteren nachgedruckt, obwohl sie sehr frei und als Texte sehr viel typischer für Zech sind als für Rimbaud.

[Bearbeiten] Der Abstieg

Der wirkliche Durchbruch allerdings blieb Zech versagt. Ein Grund war vermutlich, dass er allzu häufig Texte voreilig zum Druck gab und sie bei eventuellen weiteren Nachdrucken so sehr veränderte, dass schließlich alles, was er veröffentlichte, den Anstrich von Unfertigkeit und Vorläufigkeit bekam.

Nachdem er kurz nach Kriegsende vorübergehend einen Werbedienst für die sozialistische deutsche Republik geleitet hatte, erhielt Zech 1925, wiederum über die SPD, eine Stelle als Hilfsbibliothekar in der Berliner Stadtbibliothek. Damit hatte er zwar ein festes Gehalt, aber weniger Zeit zum Schreiben. Als er dies 1925 und 27 mit Plagiaten etwas auszugleichen versuchte, wurde er 1929 aufgrund der durchaus berechtigten Vorwürfe betroffener Autoren aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen.

Anfang 1931 kam in einer ersten Fassung sein auf lange Sicht einziges erfolgreiches und vielleicht auch bestes Werk heraus, Die lasterhaften Balladen und Lieder des François Villon. Es erschien 1962 in einer stark überarbeiteten Version postum als Taschenbuch und hat es inzwischen (Stand:2006) auf mehr als 300.000 Exemplare in 27 Auflagen gebracht. Entgegen der gängigen Annahme auch der Zech-Spezialisten handelt es sich hierbei nicht um eine Übertragung, sondern um eine äußerst freie Nachdichtung, d. h. um Texte im Stile Villons bzw. dessen, was Zech dafür hielt, denn seine Französischkenntnisse waren nur mäßig und die des Altfranzösischen sicher äußerst gering. Auch enthält der Villon bei näherem Hinsehen viele Anspielungen auf Zechs eigene enttäuschende Situation um 1930 und wirkt wie ein Versuch von deren literarischer Bewältigung. Hierbei sind Zech einprägsame Verse gelungen, wie das bekannte Gedicht vom Erdbeermund, das keinerlei Vorbild hat bei Villon.

Im März 1933 wurde Zech fristlos von der Bibliothek entlassen und vorübergehend festgenommen. Grund war vermutlich der Vorwurf des Bücherdiebstahls im Dienst. Hiernach stellte er im Juli noch einen Antrag auf Aufnahme in die neue Reichsschrifttumskammer, wurde jedoch abgelehnt, weil er mehrfach unbefugt den Doktortitel geführt hatte und die Plagiate nicht vergessen waren, aber auch wegen seiner Nähe zur SPD.

[Bearbeiten] Zech in Argentinien

Im August 1933 verschwand Zech aus Berlin und ging über Prag, Paris und Neapel nach Buenos Aires, wo er zunächst bei einem dorthin ausgewanderten Bruder Aufnahme fand. Er verkehrte in der nicht unbeträchtlichen deutschen Kolonie der Stadt, die sich gerade um einen Schub geflüchteter Antifaschisten und Juden vermehrte und in Gegner und Bewunderer Hitlers spaltete. Zech nutzte diese Situation und gab sich als verfolgter und ausgebürgerter Linksintellektueller aus, dessen Bücher sogar verbrannt worden seien.

Seine Existenzgrundlage waren, neben den Honoraren für seine Beiträge in deutschsprachigen Exil-Zeitschriften (von denen es damals zahlreiche gab), die Zuwendungen diverser Personen. Darüberhinaus verstand er es, US-amerikanische Hilfsorganisationen für emigrierte deutsche Künstler und Autoren anzuzapfen, denen er phantasievoll übertreibend seine Notlage schilderte.

Die Reisen kreuz und quer durch Südamerika, die er in diesen Jahren gemacht haben will, sind einmal mehr Fiktion, ebenso seine längeren Besuche bei Indianern im Urwald. Und weitgehend Plagiat sind die Indianerlegenden, die er angeblich selbst gesammelt und ins Deutsche übertragen hatte.

1935 wurde ein Stück von ihm, Nur ein Judenweib, ins Jiddische übertragen aufgeführt. Auch Lyrik verfasste er weiterhin, wobei er naturgemäß seine Situation als Fremder in einer fremden Umgebung und Natur thematisierte. Die längeren Texte, die er in Buenos Aires verfasste, darunter sieben Romane, blieben unveröffentlicht, so zum Beispiel der Roman Die Kinder von Paraná oder der angeblich noch in Berlin geschriebene „Tatsachenroman“ Deutschland, dein Tänzer ist der Tod.

Spanisch zu schreiben bemühte sich Zech nicht, und gerne wäre er nach dem Krieg nach Deutschland zurückgekehrt, wo seine Familie unbeschadet die Nazizeit überstanden hatte. Doch ließen weder seine knappen Mittel noch sein sich rasch verschlechternder Gesundheitszustand die Reise zu. Am 7. September 1946 brach er vor seiner Wohnungstür in Buenos Aires zusammen und verstarb am selben Tag.

[Bearbeiten] Zech postum

Nachdem er schon um 1930 an den Rand des Literaturbetriebs geraten und nach 1933 als ehemaliger SPD-Sympathisant gänzlich im Abseits gelandet war, teilte Zech nach dem Krieg das Schicksal vieler Exilautoren, denen kein Comeback gelang. Auch die Bemühungen seines Sohnes Rudolf, der in einem eigenen kleinen (West-)Berliner Verlag 1947 bis 1960 Werke des Vaters aus dem Nachlass publizierte, fruchteten wenig. Einzig in der damaligen DDR, wo ihm der Status eines Antifaschisten (was Zech wirklich war) und vermeintlichen Naziverfolgten ein gewisses Interesse sicherte, wurden 1952 bis 1956 und nochmals in den 80er Jahren einige seiner Werke neu aufgelegt und andere postum erstmals gedruckt.

Eines der ersten von Rudolf Zech (1947) und dann in der DDR (1952) neu aufgelegten Werke war der Villon (in der Erstfassung von 1931). Er fiel um 1953 Klaus Kinski in die Hände, dank dessen eindrucksvollen Rezitationen die Figur Villons in der damaligen Bundesrepublik bekannt wurde. 1962 wurde daraufhin der Villon (allerdings in einer vom späten Zech selbst umstrukturierten und stark moralisierten Version) als dtv-Taschenbuch aufgelegt. Diese Taschenbuchausgabe hat Zech postum zum Erfolgsautor gemacht – wenn auch tragischerweise nicht unter seinem eigenen Namen, sondern unter dem Label „Villon“.

Zechs Gedichte Wer auf der Flucht ist, so wie wir und Im Dämmer (Im schwarzen Spiegel der Kanäle) fanden Aufnahme in Reich-Ranickis Anthologie Der Kanon.

Ein Teil des Nachlasses von Zech befindet sich in der Handschriftenabteilung der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, ein anderer Teil in der Akademie der Künste in Berlin. Die Wuppertaler Stadtbibliothek besitzt eine ansehnliche Sammlung von Büchern des Autors.

[Bearbeiten] Werke

  • Ausgewählte Werke. Hrsg. [...] von Bert Kasties. 5 Bde., Aachen 1998-99. (Bd. I enthält eine vorzügliche biografische Einführung.)
  • Die lasterhaften Balladen und Lieder des François Villon. Freie Nachdichtung, 1931 bzw. 1962 u.ö. ISBN 3423000430
  • Vom schwarzen Revier zur Neuen Welt. – Gesammelte Gedichte 1983, ISBN 3446135766
  • Der schwarze Baal. Novellen. Hrsg. und mit einem Nachwort von M. Martínez. Göttingen 1989 ISBN 3892440077

[Bearbeiten] Literatur

  • Fritz-Hüser-Institut für Deutsche und Ausländische Arbeiterliteratur (Hrsg.): Verzeichnis der Archivbestände zu den Arbeiterdichtern Paul Zech (1881-1946), Gerrit Engelke (1890-1918) und Max Barthel (1893-1975) sowie Übersicht über den Nachlass von Heinrich Lersch und Katalog zur Ausstellung 'Arbeiterdichter zu Krieg und Arbeitswelt. Dortmund: Das Institut 1984, 60 S.

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen

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