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Network Centric Warfare

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Das Militär als ein vernetztes Unternehmen (nach einer Grafik des US-Verteidigungsministeriums)
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Das Militär als ein vernetztes Unternehmen (nach einer Grafik des US-Verteidigungsministeriums)

Network Centric Warfare (NCW), zu Deutsch etwa: Netz(werk)zentrierte Kriegsführung, ist ein militärisches Konzept, das durch die Vernetzung von Aufklärungs-, Führungs- und Wirksystemen Informationsüberlegenheit herstellen soll und somit dem US-Militär eine teilstreitkräfteübergreifende Überlegenheit in der gesamten Reichweite militärischer Operationen garantieren soll (full spectrum dominance). Es ist das zentrale Konzept der sogenannten Revolution der militärischen Angelegenheiten.

Auch andere Staaten haben sich diese Konzeption der US-Streitkräfte als Vorbild genommen und eigene, sich voneinander unterscheidende, vor allem im Anspruch weitaus weniger umfassende Modelle, entwickelt. Die Bundeswehr nennt ihr Konzept Vernetzte Operationsführung (NetOpFü). Schweden hat seiner Konzeption den Namen Network Based Defense (NBD) gegeben, während Großbritannien seine Variante Network Enabled Capabilities (NEC) getauft hat.

Das materielle Rückgrat für diese US-amerikanische Doktrin des Pentagon bildet das Global Information Grid.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Begriffsdefinition

Im Militärwesen hat NCW inzwischen einen ähnlichen Stellenwert erlangt wie der Begriff E-Business für die Wirtschaft.

Die Grundsätze von NCW liegen in der Wirtschaft, aus der Admiral a.D. Cebrowski diese Prinzipien für das Militär entlehnte. So sind beide Begriffe in der Art verbunden, dass sie Informationen als Schlüssel für die Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen verstehen. Sie erreichen dies durch eine höhere Effektivität und Effizienz beim Einsatz von Informationstechnologie und einer gleichzeitigen "kundenorientierten" Fortentwicklung von Organisationen und Prozessen.

[Bearbeiten] Vernetzung von Entitäten

Glynis Turner, Technical Sergeant der US-Luftwaffe, inspiziert auf der Incirlik Air Base in der Osttürkei Satcom-Anlagen
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Glynis Turner, Technical Sergeant der US-Luftwaffe, inspiziert auf der Incirlik Air Base in der Osttürkei Satcom-Anlagen

Network Centric Warfare soll gegenüber konventionellen Konzepten eine Steigerung der militärischen Kampfstärke erreichen. Dies wird durch eine Vernetzung aller relevanten Entitäten erreicht. Diese Entitäten werden dabei in Aufklärungs-, Führungs- und Wirksysteme (auch Effektoren genannt) unterschieden.

Durch die Vernetzung aller relevanten Entitäten sollen bisherige Reichweitenbegrenzungen überwunden werden und gleichzeitig die Reaktionsgeschwindigkeit und Genauigkeit erhöht werden.

Digitale Vernetzung ermöglicht eine bisher unerreichte Geschwindigkeit bei der Distribution von Informationen. Die Kosten für die Vervielfältigung von Informationen tendieren gen Null. Dank digitaler Kopien entsteht kein Qualitätsverlust und die Zeitverzögerung ist extrem gering.

Das Informationsmanagement spielt also für den effektiven Einsatz von NCW eine entscheidende Rolle. Ein reine Bündelung und Verfügbarkeit von Information kann aber nicht leisten worauf NCW abzielt. Die drohende Informationsüberlastung für die einzelne Entität ist eines der Hauptprobleme von NCW. Der Transfer von Information in Wissen und der Vermittlung von diesem bedeutet die gewünschte Informationsüberlegenheit. Diese kann nur mit Hilfe modernster Informationstechnologie in Form von Wissenmanagementsystemen und "künstlicher Intelligenz" erreicht werden.

[Bearbeiten] Beispiel für die Auswirkungen der Vernetzung

Kriegsführung im Informationszeitalter: Einsatzbereiche im Konflikt (Grafik: Office of Force Transformation, US-Verteidigungsministerium)
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Kriegsführung im Informationszeitalter: Einsatzbereiche im Konflikt (Grafik: Office of Force Transformation, US-Verteidigungsministerium)

An einem simplen Beispiel kann kurz erläutert werden, was sich hinter dem Begriff Entitäten beim NCW verbirgt und wie durch die Vernetzung die Reichweite, Reaktionsgeschwindigkeit und Genauigkeit erhöht werden können:

Ein Soldat verfügt über Sensoren (Augen, Nase, Ohren, ...) zur Aufnahme von Informationen über seine Umgebung. In diesem Beispiel ist er selbst Entscheidungsträger und das von ihm betreute Wirksystem ist die Waffe in seiner Hand.

Er nimmt die Informationen seiner Sensoren auf und kombiniert sie mit den Befehlen oder Anweisungen übergeordneter Stellen. Auf Basis dieser Informationen fällt er seine Entscheidungen:

Er kann

  • seine Sensoren zu einer erweiterten Informationsaufnahme veranlassen
  • Untergeordneten Anweisungen geben
  • seine Waffe einsetzen, um ein identifiziertes Ziel zu bekämpfen

Die Einsätzfähigkeit der Entitäten wird in diesem Beispiel im Wesentlichen durch ihre Reichweiten bestimmt. Die Reichweite der Sensoren des Soldaten (Sichtfeld, Hörreichweite, usw.) bestimmt den Radius des Informationshorizonts. In den Entscheidungsrahmen fällt nur das unmittelbare Umfeld. Der Soldat kann also zum Beispiel nur die Waffe bedienen, die er in der Hand hat, und nur die übergeordneten oder untergeordneten Stellen kontaktieren, die in der unmittelbaren Gesprächsreichweite sind. Zuletzt hat natürlich auch die Waffe eine eingeschränkte Reichweite (Schussweite, etc.), die den Radius des Soldaten einschränkt.

Mit Hilfe von Sprechfunk lässt sich die Kommunikationsreichweite des Soldaten erhöhen. Er kann sich also zum Beispiel mit übergeordneten oder untergeordneten Stellen über Funk austauschen. Auf seine Sensor- oder Waffenreichweite hat dies allerdings kaum Einfluss. Ein Ziel, das sich außerhalb seiner Sensorreichweite befindet, könnte er auch bei einer höheren Waffenreichweite nicht zielsicher angreifen, da er es über Sprechfunk nicht anvisieren kann.

Mit Hilfe einer Datenverbindung zwischen allen Entitäten kann ein Soldat auf die Sensoren eines anderen Soldaten zugreifen. Zum Beispiel wäre dies durch eine Helmkamera möglich, die ihr aktuelles Umgebungsbild auf einem kleinen Monitor im Sichtfeld jedes Soldaten einblendet. Alle Soldaten können sich daher potentiell das Blickfeld eines anderen Soldaten einblenden.

Bei einer engen Vernetzung der Entitäten in nahezu Echtzeit würden diese im Idealfall zu einer kollektiv agierenden Entität verschmelzen. Dank des Informationsaustausches untereinander könnte eine Selbstsynchronisation erreicht werden, die Handlungen aufeinander abstimmt und eine schnellere Adaption auf veränderte Umgebungsbedingungen ermöglichen könnte.

Jeder Waffenplattform werden alle für sie relevanten Daten (weitaus mehr als sie alleine sammeln könnte) aufbereitet zur Verfügung gestellt. Diese Informationen bestehen also aus der Verarbeitung von Daten, die von allen anderen verfügbaren Sensoren gesammelt wurden.

Beispiel:

Feindliche Flugzeuge werden von einem AWACS-Flugzeug während einer Patrouille entdeckt. Bodenradarsysteme und Abfangjäger richten ihre Sensoren auf die Ziele. Alle Daten werden von allen Sensoren verarbeitet und fusioniert an alle Verteidigungsysteme übertragen. Dadurch verfügen Boden-Luft-Raketensysteme und Abfangjäger über eine überwältigende Menge von Daten über die Ziele. Ohne ein Frühwarnsystem wie AWACS wäre es zu spät gewesen bis die tieffliegenden Ziele von Bodensensoren oder Abfangjäger erfasst gewesen wären.

Beispiel:

Tomahawk-Marschflugkörper überfliegen ein feindliches Gebiet und warten auf weitere Befehle. Plötzlich entdeckt ein Boeing E-8 Joint STARS-Aufklärungsflugzeug eine feindliche Boden-Luft-Raketenstellung mit deaktiviertem Radar. Die Tomahawks befinden sich zufällig in der Nähe der Ziele. Durch einen gesicherten Kanal werden in weniger als eine Minute die GPS-Koordinaten an die Marschflugkörper übertragen, zusammen mit dem Befehl, das Ziel zu vernichten. Die Tomahawks ändern ihren Kurs um, fliegen in Richtung Ziel und greifen es an. Das Ziel wird als zerstört gemeldet und es werden keine weiteren Einheiten gegen ein Ziel verwendet, das schon zerstört wurde.

In den letzten Tagen des Zweiten Golfkrieges 1991 konnte ein solcher Vorgang (also die Zeit zwischen Aufklärung und Zerstörung eines Ziels), der sogenannte "sensor-to-shooter-cycle", zwei volle Tage dauern. Im Dritten Golfkrieg konnte eine signifikante Reduzierung dieser Zeit erreicht werden, die sich nur noch im Bereich von Minuten abspielte. Damit lässt sich die Effizienzsteigerung durch NCW unterstreichen.

[Bearbeiten] Vernetzte Unternehmen als Vorbild

Beim klassischen militärischen Kommunikationskonzept waren Aufklärungs-, Führungs- und Wirksysteme nur partiell untereinander verbunden. Jede Entität war mit nur einigen wenigen Entitäten verbunden. Daten wurden in inkompatiblen Systemen (sogenannten "Insellösungen") verwaltet, die nur von einem kleinen Teil der relevanten Entitäten eingesehen werden konnten. NCW möchte diese Grenzen überwinden und eine Komplettvernetzung realisieren. In der freien Wirtschaft sind ähnliche Konzepte bereits im Einsatz. Unter dem Begriff Collaborative Business werden Abteilungs- und Unternehmensgrenzen mit Hilfe offener Systeme überwunden und ein ungehinderter Informationsaustausch ermöglicht. Hier zeigt sich, dass sich das Militär bei der Idee des Network Centric Warfare ganz direkt an den Erfahrungen der Wirtschaft orientiert.

Bei einem vollständigen Einsatz von NCW bedeutet es also, dass jeder Entität alle für sie relevanten Informationen zugeführt werden, auch über die Grenzen der Teilstreitkräfte (jointness) und sogar über die Grenzen von nationalen Streitkräften (combinedness) hinweg. Gemäß der Metcalfe-Regel, die besagt, dass der Nutzen eines Netzes mit der Zahl der Teilnehmer steigt, hat diese umfassende Einführung von NCW auch wieder einen positiven Rückkopplungseffekt auf das Ergebnis der Vernetzung.

[Bearbeiten] Aktuelle Entwicklungen

Während des Irakkrieges von 2003 wurde erstmals das Konzept des Network Centric Warfare im großen Umfang umgesetzt. Es hat zwar nicht wirklich alles funktioniert. Prinzipiell bot das neue System den Nutzern jedoch einige Möglichkeiten:

  • Die militärische Führung (CENTCOM) war mit fast allen Einheiten der US-Streitkräfte über direkte Datenleitungen verbunden (E-Mail, Videokonferenz, Chat).
  • Radardaten wurden in Echtzeit an Schiffe, Flugzeuge, Panzer und weitere Kampfeinheiten übermittelt und größtenteils mit so genannten Freund-Feind-Kennungen versehen, um den Kommandeuren eine genaue Übersicht zu ermöglichen.
  • Missionsdaten, Karten, Satellitenfotos, Einsatzvideos von vorherigen Missionen sowie aktuelle Angaben über Lagerbestände, Waffenausrüstung und Zustand von Geräten und Fahrzeugen konnten über eine Art Intranet abgefragt werden.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Wehrtechnischer Report. IT-Report 2006. Bonn/Frankfurt am Main: Report-Verlag, 2006. - 72 S., Ill., graph. Darst.
  • Stefan Plogmann: Der "Just-in-Time-Krieg". Feldkirch, 2004.
  • David S. Alberts, John J. Garstika, Frederick P. Stein: Network Centric Warfare - Developing and Leveraging Information Superiority. Washington D.C.: DoD C4ISR Cooperative Research Program (CCRP), 2000.
  • David S. Alberts, John J. Garstika, Richard E. Hayes, David A. Signori: Understanding Information Age Warfare. Washington D.C.: DoD C4ISR Cooperative Research Program (CCRP), 2001.
  • Stefan Aust, Cordt Schnibben: Irak - Geschichte eine modernen Krieges. Hamburg: SPIEGEL-Buchverlag, 2003. - ISBN 3-42105-804-0
  • Heiko Borchert (Hrsg.): Vernetzte Sicherheit - Leitidee der Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert. 2004.

[Bearbeiten] Zeitschriften

[Bearbeiten] Weblinks

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