Natronlokomotive
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Die Natronlokomotive ist eine feuerlose Dampflokomotive. Sie wurde 1883 von Moritz Honigmann entwickelt und beruht auf einem für die Dampfgewinnung kaum verwendeten Prinzip. Mindestens eine Maschine dieser Bauart wurde gebaut und in Aachen auch für etwa 9 Monate eingesetzt.
Leitet man Wasserdampf in eine starke Natronlauge (auch andere Lösungen sind denkbar), wird er bei Temperaturen von 130 °C und darüber vollkommen in die Lösung aufgenommen. Durch den Lösungsvorgang (Wasser gelangt in die Lauge) wird gleichzeitig Wärme frei und die Lösung erhitzt sich. Diese erhitzte Lösung wird dann zur Heizung des eigentlichen Dampfkessels benutzt. Die Lösung wird mit der Zeit wärmer und wässeriger, bis sie kein Wasser mehr aufnehmen kann und selbst anfängt zu sieden.
Honigmann bringt nun auf seinen Lokomotiven einen Natronkessel aa (Fig. 8) an, über welchem ein Wasserkessel b steht. Vom Boden des Wasserkessel geht eine große Anzahl Siederohre cc bis fast zum Boden des Natronkessel. Ein Rohr dd führt von dem oberen, dampfgefüllten Teil des Wasserkessels zu den Dampfzylindern f, ein zweites ee von diesen in den unteren Teil des Natronkessels. Ist nun von vornherein der Dampfdruck in b groß genug, um die Maschine anzutreiben, so gelangt der verbrauchte Dampf durch ee in die Natronlauge, löst sich dort und erhitzt durch Wärmeabgabe die Lösung, so dass sie, durch den Wärmeübergang der Siederohre cc genügend Wasser in b zu verdampfen, um die Maschine in Gang zu erhalten. Die Heizung des Wasserkessels reguliert sich von selbst. Je mehr die Maschine leistet, je mehr Dampf sie verbraucht, desto mehr Dampf wird auch der Natronlauge zugeführt und desto mehr Wärme wird entwickelt.
Nach etwa 4-5 Stunden ist die Natronlauge durch Verdünnung unwirksam geworden. Dann muss sie abgelassen und wieder eingedampft werden. Der Kessel wird mit frischer, konzentrierter Lösung gefüllt. Das in b verdampfende Wasser wird durch eine Dampfstrahlpumpe aus einem Wasservorratskasten g ersetzt.
Natronkessel, Siederohre und Abdampfpfannen müssen aus Kupfer hergestellt sein, weil Eisen von der Natronlauge bei hohen Temperaturen angegriffen wird. Die Natronlokomotive hat gegenüber der Dampfspeicherlokomotive einen komplizierteren und aufwändiger herzustellenden Kessel sowie ein Wasserreservoir. Dagegen ist sie nicht nur feuer- und rauchlos, sondern auch ohne Dampfausströmung. Auch zeichnet sie sich durch viel längere Leistungsdauer nach einer Füllung aus, so dass gleichzeitig die Gefahr des Liegenbleibens mitten auf der Strecke vermindert wird.
[Bearbeiten] Literatur
- Zeitschrift d. Vereins Deutscher Ingenieur, Düsseldorf, 1883, S. 730
- Zeitschrift d. Vereins Deutscher Ingenieur, Düsseldorf, 1884, S. 69
- Zeitschrift d. Vereins Deutscher Ingenieur, Düsseldorf, 1884, S. 978
- Britische Zeitschrift Engineering vom 27. Februar 1885
- Mähr, Christian "Vergessene Erfindungen", Dumont Verlag, 2002, ISBN 3832178163