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Militärdiplom

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Als Militärdiplom (lateinisch: diploma militaris) wird eine Urkunde bezeichnet, mit der im römischen Reich Auxiliarsoldaten und Angehörigen weiterer Waffengattungen das römische Bürgerrecht und das Recht zur Eheschließung verliehen wurde, in der Regel bei der Entlassung nach der üblicherweise 25 Jahre dauernden Dienstzeit. Flottensoldaten dienten 27 Jahre, Praetorianer kürzer.

Ein Militärdiplom bestand aus zwei in Form eines Diptychons miteinander verbundenen Bronzetäfelchen, das auf der Außen- und Innenseite zwei identische Abschriften eines kaiserlichen Ediktes (Constitution) enthielt, das in Rom durch öffentlichen Anschlag bekannt gegeben worden war. Diplome wurden in Rom erstellt und versiegelt. Möglicherweise erhielten nur die Soldaten ein Diplom auf Bronze, die dafür bezahlten; in Krisenzeiten scheint auf die Ausgabe von Metallkopien gänzlich verzichtet worden zu sein. Wenn der Verdacht aufkam, dass der Text auf der Außenseite manipuliert worden sei, konnte er nach Erbrechen des Siegels mit der Textfassung der Innenseiten verglichen werden. Nach römischer Rechtsauffassung war der Innentext die eigentliche beglaubigte Anschrift.

In der Urkunde verlieh der jeweilige Kaiser einem namentlich genannten Soldaten das Bürgerrecht und das einmalige Recht zu einer rechtsgültigen Heirat (conubium; Soldaten durften offiziell nicht heiraten, sondern hatten nur geduldete Lebensgefährtinnen). Die Verleihung erstreckte sich auf eventuelle Kinder, die vor dem Jahr 140 auch häufig namentlich erwähnt wurden. Die Frau wurde vor 140 – wenn es eine gab – ebenfalls auf dem Diplom namentlich genannt, erhielt jedoch nicht das Bürgerrecht. Nach 140 scheint sich die Rechtspraxis geändert zu haben, und Familien wurden nur noch in Ausnahmefällen genannt, z. B. wenn der Soldat schon vor Beginn seines Militärdienstes verheiratet war bzw. Kinder bekommen hatte.

Außer für Auxiliarsoldaten gab es Militärdiplome auch für Angehörige der römischen Flotte sowie für die Prätorianer, Cohortes urbanae (die nur das conubium erhielten, da sie das Bürgerrecht bereits besaßen) und Spezialtruppen wie die aus den Auxilien rekrutierten equites singulares, nicht dagegen für Soldaten einer Legion, da sie das römische Bürgerrecht bereits vor Rekrutierung besitzen mussten. Zur Zeit des Bürgerkriegs im Vierkaiserjahr 68–69 gab es allerdings Diplome für die Legio I Adiutrix unter Galba und die Legio II Adiutrix unter Vespasian. Hier liegt die Vermutung nahe, dass diese Legionen zunächst aus Nichtbürgern rekrutiert wurden (wohl Flottensoldaten), die dann rückwirkend eingebürgert wurden. Etwa tausend Militärdiplome sind von der Mitte des 1. (Zeit des Kaisers Claudius) bis zum Anfang des 4. Jahrhunderts belegt. Seit etwa 200 sind allerdings keine Auxiliardiplome mehr belegt, möglicherweise im Zusammenhang mit der Verleihung des Bürgerrechts an alle freien Reichsbewohner durch Kaiser Caracalla im Jahr 212.

Für die historische Forschung sehr wertvoll ist die enthaltene Auflistung aller Truppeneinheiten einer Provinz, aus der Soldaten das Bürgerrecht erhielten, sowie die Nennung des gerade amtierenden Statthalters, der beiden Konsuln sowie des Kommandeurs der entlassenden Einheit. Ferner werden sieben Zeugen aufgeführt, die in Rom die Abschrift beglaubigten. Diplome sind auf den Tag genau datiert und können daher wichtige Informationen zur Chronologie (Regierungszeiten und Titulatur der Kaiser, Datierung von Statthaltern) und zur Sozial- und Militärgeschichte liefern.

Diplome werden zu den Inschriften gerechnet, ihre Erforschung fällt daher in den Bereich der lateinischen Epigraphik. Sie sind in Band XVI des Corpus Inscriptionum Latinarum gesammelt; die seit den späten 1950er Jahren publizierten Diplome wurden in den bisher fünf Bänden der Roman Military Diplomas (RMD) von Margaret Roxan und Paul Holder gesammelt.

Viele Diplome (bzw Fragmente) gelangen in den Kunsthandel, ohne entsprechend bearbeitet zu werden. Es ist daher wichtig, auch diese Dokumente zu erfassen, was z. B. über „Roman Military Diplomas On-Line“ (siehe Weblinks) erfolgen kann.

[Bearbeiten] Literatur

  • Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL), Band XVI (1936) und Supplement (1955).
  • Margaret Roxan, Paul Holder (ab Bd. 4): Roman Military Diplomas (RMD). Zur Zeit 5 Bände. London 1978–2006.
  • Werner Eck, Hartmut Wolff (Hrsg.): Heer und Integrationspolitik. Die römischen Militärdiplome als historische Quelle. Böhlau, Köln [u.a.] 1986. (Passauer historische Forschungen, 2) ISBN 3-412-06686-9
  • Nicole Lambert und Jörg Scheuerbrandt: Das Militärdiplom. Quelle zur römischen Armee und zum Urkundenwesen. Theiss, Stuttgart 2002. (Schriften des Limesmuseums Aalen, 55) ISBN 3-8062-1726-2
  • J. J. Wilkes (Hrsg.): Documenting the Roman army. Essays in honour of Margaret Roxan. London 2003, ISBN 0-900587-92-X.
  • Barbara Pferdehirt: Die Rolle des Militärs für den sozialen Aufstieg in der römischen Kaiserzeit. Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz 2002, ISBN 3-88467-069-7 (Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte, Monographien, 49).
  • Barbara Pferdehirt: Römische Militärdiplome und Entlassungsurkunden in der Sammlung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums. 2 Bände. Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz 2004, ISBN 3-88467-086-7 (Kataloge vor- und frühgeschichtlicher Altertümer, 37, 1 und 2).

[Bearbeiten] Weblinks

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