Kurilenkonflikt
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Der Kurilenkonflikt ist ein Territorialstreit zwischen Japan und Russland. Gegenstand des Konflikts ist die Souveränität über die südlichsten Inseln des Kurilen-Archipels. Die Inseln gehören seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zur Sowjetunion bzw. seit 1991 zu Russland, werden jedoch von Japan beansprucht.
Der Streit resultiert aus Unklarheiten des Friedensvertrages von San Francisco, und letztlich auch aus der seit 1855 wechselhaften Geschichte der Inselkette.
Im einzelnen betrifft der Konflikt die folgenden Inseln: [1]
- Etorofu (択捉島); russisch: Iturup (Итуруп)
(3.184,0 km²) - Kunashiri (国後島); russisch: Kunaschir (Кунашир)
(1.498,8 km²) - Shikotan (色丹島 bzw. Шикотан)
(253,3 km²) - die Habomai-Gruppe (歯舞群島 bzw. Хабомай)
(99,9 km²)
Japan bezeichnet diese vier Inseln zusammenfassend als die "Nördlichen Territorien" ("Hoppo Ryodo", 北方領土). Zusammen nehmen sie etwa die Hälfte der Fläche aller Kurilen-Inseln ein.
Kunashiri und die Habomai-Inseln liegen unmittelbar vor der japanischen Küste: Kunashiri ist ca. 10 km, eine der Habomai-Inseln (Kaigara) sogar nur knapp 4 km von Hokkaido entfernt. Dieses Gebiet gehörte während des Kalten Krieges zu den am stärksten bewachten Staatsgrenzen.
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[Bearbeiten] Chronologie
- Durch den russisch-japanischen Handels-, Schifffahrts- und Grenzziehungsvertrag vom 7. Februar 1855 (Vertrag von Shimoda) wurde die Inselkette in eine nördliche, russische Gruppe, und eine südliche, zu Japan gehörende Gruppe unterteilt. Der Grenzverlauf wurde zwischen den Inseln Urup (russisch) und Etorofu (japanisch) festgelegt.
Japan feiert anlässlich der Vertragsschließung den 7. Februar alljährlich als den "Tag der Nördlichen Territorien".
- Im am 7. Mai 1875 geschlossenen Vertrag von Sankt Petersburg übertrug Russland auch alle übrigen (nördlichen) Kurilen-Inseln an Japan. Der Vertrag nennt in §2 ausdrücklich "die 18 Inseln zwischen Uruppu und Shimushu". Im Gegenzug gab Japan die bis dahin umstrittene Insel Sachalin an Russland ab. Den südlichen Teil Sachalins erhielt Japan 1905 durch den Vertrag von Portsmouth, der den Russisch-Japanischen Krieg beendete, wieder zurück.
- Am 13. April 1941 wurde der Japanisch-Sowjetische Neutralitätspakt geschlossen. Am 5. April 1945 kündigte die UdSSR an, den Vertrag nicht mehr zu verlängern, so dass er am 25. April 1946 ungültig werden würde.
- Am 8. August 1945 trat Sowjetunion, wie auf der Jaltakonferenz mit den Alliierten vereinbart, in den Krieg gegen Japan ein, zunächst nur auf dem asiatischen Festland.
- Am 18. August, also nach der bereits am 15. August erfolgten Kapitulation Japans, begannen sowjetische Truppen mit der Besetzung der gesamten Inselgruppe der Kurilen sowie von Habomai und Shikotan. Nur auf den drei nördlichsten Kurileninseln gab es japanische Garnisonen und heftige Kämpfe. Die übrigen Inseln wurden kampflos besetzt.
- Am 2. Februar 1946 wurden die Inseln vom Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR zu sowjetischem Hoheitsgebiet erklärt.
- Am 8. September 1951 wurde der Friedensvertrag von San Francisco geschlossen. Die Sowjetunion unterzeichnete den Vertrag nicht, auch bedingt durch den Koreakrieg. Der Vertrag stellt in Artikel 2(c) fest, "dass Japan alle Rechte, Titel und Ansprüche aufgibt bezüglich der Kurilen und des Teils von Sachalin und ihm benachbarter Inseln, die Japan im Vertrag von Portsmouth 1905 abgetreten worden waren". Es wurden keine exakten geographischen Grenzen der Kurilen festgelegt, allerdings verstanden und akzeptierten die Teilnehmer an der Friedenskonferenz die Position Japans, dass die vier in der Diskussion stehenden Inseln nicht zu den Kurilen gezählt würden. Die USA bekräftigten dies in einer Note an die UdSSR vom 23. Mai 1957, die feststellte, dass das Wort "Kurilen" im Vertrag von San Francisco und im Abkommen von Jalta die Habomai-Inseln, Shikotan, Kunashiri und Etorofu weder einschliesse, noch dass solch ein Einschluß beabsichtigt gewesen sei. Japan unterstreicht diese Auffassung auch durch seine Bezeichnung der vom Konflikt betroffenen Inseln als "nördliche Territorien", und nicht als "südliche Kurilen".
- Am 19. Oktober 1956 unterzeichneten die Sowjetunion und Japan in Moskau eine gemeinsame Erklärung: Der Kriegszustand zwischen beiden Staaten sollte am Tag der Ratifizierung der Erklärung offiziell beendet werden. Diese enthielt in Artikel 9 die Bestimmung, dass im Falle eines Friedensvertrages die UdSSR die Inseln Shikotan sowie die Habomai-Gruppe an Japan übertrage. 1960 weigerte sich die sowjetische Regierung, der in Artikel 9 festgelegten Verpflichtung nachzukommen.
- Am 13. Oktober 1993 unterzeichneten Ministerpräsident Morihiro Hosokawa für Japan und Präsident Boris Jelzin für Russland die Deklaration von Tokio. Sie definierten darin die Territorialfrage als die Frage der Zugehörigkeit aller vier Inseln (bzw. Gruppen).
- Am 16. August 2006 beschoß ein russisches Patrouillenboot ein japanisches Fischerboot, dass in der nähe der Südkurilen auf Krabbenfang war. Dabei wurde ein Fischer getötet und die drei übrigen Fischer in russisches Gewahrsam genommen.[2]
Japan fordert trotz aller Verhandlungen bisher vergeblich die Rückgabe der südlichen Inseln von der Sowjetunion bzw. Russland. Nach wie vor besteht zwischen den beiden Staaten wegen dieses Konflikts offiziell kein Friedenszustand.
Die Verhandlungsposition beider Staaten variiert: Japan ratifizierte zwar die Erklärung von 1956, fordert aber seit langem auch die Rückgabe von Etorofu und Kunashiri. Russland wiederum erkannte bspw. unter Jelzin die vier Inseln als zusammengehörig an. Seit 2004 strebt es jedoch wieder verstärkt eine Einigung auf Basis der Erklärung von 1956 an.
[Bearbeiten] Literatur
- Hasegawa, Tsuyoshi: The Northern Territories dispute and Russo-Japanese relations. University of California at Berkeley, IAS 1998
- Hasegawa, Tsuyoshi: Racing the Enemy: Stalin, Truman and the Surrender of Japan. Harvard University Press, 2005. Paperback f. September 2006 angekündigt (Belknap Press).
- Hasegawa, Tsuyoshi: Russia and Japan: An Unresolved Dilemma Between Distant Neighbors. University of California at Berkeley, IAS1993
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Detaillierte Karte des Gebiets (mit Eintragungen zur Geschichte der Russisch-Japanischen Grenze in englisch)
- Offizielle russische Kurzform der Geschichte Sachalins und der Kurilen. (Literatur nur aus russischer Sicht) (en)
- Aktuelle News zum Kurilenkonflikt (Weblog in deutsch und englisch)
- Amtliche Seite des japanischen Außenministeriums zum Konflikt. (en)
- Nachtrag Juni 2006 detaillierter Kurilen-Atlas
Die verschiedenen Verträge und Dokumente inkl. Landkarten sind hier aufgeführt:
- Entwicklungen bis 1992 (en) NICHT VERFÜGBAR
- Ergänzungen bis 2001 (en)
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Asian Times: Kosuke Takahashi 'Creative thinking on the Kurils', 20 April 2005
- ↑ BBC: Japan fisherman killed by Russia, 16. August 2006