Kiez
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Der Kiez (früher Kietz) bezeichnet überwiegend in Berlin und im Norden Deutschlands einen überschaubaren, kleinen Stadtbezirk, einen Ortsteil oder eine Ortslage als soziales Bezugssystem und in der Regel nicht als Verwaltungseinheit.
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[Bearbeiten] Bedeutung und Entwicklung des Begriffs Kiez
Steht der früher als Kietz geschriebene Begriff heute für ein kuscheliges behagliches Altstadtquartier in Großstädten, wurde die Bezeichnung Kiez zuvor mit abwertender Intention für verkommene Stadtviertel verwendet. Die ursprüngliche Bedeutung sagte aus, dass es sich um eine Dienstsiedlung handelte, die in der Regel in der Nähe einer Burg und zumeist als Fischersiedlung an Flussübergängen lag. Diese „echten“ Kietze gibt es nur östlich der Elbe, der Begriff Kietz ist mit einiger Sicherheit slawischen Ursprungs und leitet sich von chyza = Hütte, Haus ab. Die Kietze waren in der Regel Außenrandsiedlungen in Form einer gedrängten, kurzen Dorfzeile und entstanden zwischen 600 und 900.
Zum Ende des 20. Jahrhunderts bezieht sich der Begriff Kiez als soziales Bezugssystem auf ein Viertel (Quartier) mit gewisser Altbausubstanz und seiner dazugehörigen Bevölkerung. In diesem Rahmen zeichnet sich ein Kiez dadurch aus, dass der Bewohner hier über eine abgeschlossene urbane Infrastruktur mit Läden und Kneipen verfügt. Daher hört man beispielsweise in Berlin oft die Wendung: Der kommt aus seinem Kiez nicht raus, was bedeutet: Jemand verlässt seine Wohnumgebung kaum – weil er alles vorfindet, was er für den Alltag braucht.
Die Verwendung des Begriffes für das Hamburger Amüsierviertel St. Pauli, und hier insbesondere für die Reeperbahn, hat den Begriff in gewissem Umfang auch mit Prostitution und ihrem Umfeld besetzt. So dient zum Beispiel die Wendung sie ist auf dem Kiez als Umschreibung für sie betreibt Prostitution.
Auch in Bremen und Hannover werden seit einigen Jahren einige Straßen als Kiez bezeichnet, in denen eine der Reeperbahn ähnliche Mischung aus Rotlicht- und Ausgehviertel besteht. Am belebtesten ist die Scholvinstraße in Hannover und der Sielwall in Bremen.
Seit circa 2004 lässt sich, vornehmlich im Berliner Umfeld, eine allgemeinere Verwendung des Begriffes für Viertel dokumentieren, welche nicht notwendigerweise Tradition oder eine breitgefächerte Infrastruktur voraussetzt.
[Bearbeiten] Historisch: Gröbener Kietz
Rund zehn Kilometer südwestlich von Berlin ist mit dem Gröbener Kietz in der Nähe von Ludwigsfelde ein echter Kietz erhalten, der noch um das Jahr 2000 auch auf seinem Ortsschild die Bezeichnung Kietz trug (heute: Gröben). Erste Erwähnung findet dieser bey Gröben gelegene Kietz 1497. Er soll sich seinerzeit unmittelbar neben einem alten Burgwall befunden haben, von dem heute nichts mehr zu erkennen ist. Als gesichert gilt, dass sich ein Burgplatz rund 700 m westlich von Gröben befand. Eine Karte von 1683 zeigt einen von der Alten Nuthe, dem früheren Lauf des Flusses Nuthe, umgebenen Burgwall und den Kietz. An die vergangene Kietz-typische Fischerei erinnern heute mehrere traditionelle Fischerhütten aus Lehm, Holz und Stroh sowie brüchige Kähne auf den Wiesen neben der fast verlandeten Alten Nuthe.
[Bearbeiten] Bekannte Kieze heute
[Bearbeiten] In Berlin
- Chamissokiez (um den Chamissoplatz in Kreuzberg 61)
- Graefekiez (um die Graefestraße in Kreuzberg 61)
- Helmholtzkiez (ugs. "Helmi"; um den Helmholtzplatz am Prenzlauer Berg)
- Hermannstraßenkiez siehe Hermannstraße (Berlin-Neukölln)
- Insel Kiez (auf der Schöneberger Insel in Schöneberg 62)
- Reuterkiez (im Nordwesten Neuköllns)
- Klausenerplatz-Kiez (um den Klausenerplatz in Charlottenburg)
- Köpenicker Kiez (im Zentrum von Köpenick)
- Kollwitzkiez (um den Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg)
- Kottbusser Tor (der Kiez am Kotti in SO 36)
- Nollendorf-Kiez (um den Nollendorfplatz in Schöneberg 62)
- Pallas Kiez (im und um den Pallaseumkomplex in Schöneberg 30)
- Rosenthaler Vorstadt (Um die Kastanienallee in Mitte und Prenzlauer Berg)
- Rote Insel (Kolonnen- und Monumentstraße in Schöneberg)
- Scheunenviertel (etwa die Spandauer Vorstadt in Mitte)
- Schillerkiez siehe Schillerpromenade und ausführlich Hermannstraße (Berlin-Neukölln)
- Stutti-Kiez (Berlin-Charlottenburg)
- Waidmannsluster Kiez (in Berlin Reinickendorf, Waidmannslust)
- Warthekiez siehe Hermannstraße (Berlin-Neukölln)
- Weitlingkiez im Bezirk Berlin − Lichtenberg
- Winskiez siehe Immanuelkirche (Berlin) im Prenzlauer Berg
- Wrangelkiez (um die Wrangelstraße in SO 36)
[Bearbeiten] In Potsdam
- Kiezstraße, bis 1930er Jahre Kietz (Stadtzentrum, südlich Breite Straße) - die alte slawische Fischersiedlung, die erst im 17./18. Jahrhundert in die Stadtumwallung einbezogen wurde. Diese Straße hat trotz Überformung in friderizianischer Zeit den Charakter eines Angerdorfes behalten. Zur Havel hin verläuft parallel der Wall am Kiez, bis nach dem 2. Weltkrieg ein Weg durch die Gärten, entlang des Stadtwalls.
[Bearbeiten] In Hamburg-St. Pauli
- Reeperbahn (sie wird dort der Kiez genannt)
[Bearbeiten] In Hannover
- Einige Straßen am Steintor (zB. die Scholvinstraße; ähnliche Situation wie in St. Pauli, wenn auch kleiner)
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Kieze-in-Berlin.de
- klausenerplatz-kiez.de
- Kiezbilder - Bilder vom Hamburger Kiez und deren Nachtleben
- Kiezfreunde - Junge Community rund um den Hamburger Kiez
- Adressen und Veranstaltungstipps für den Hamburger Kiez
- Adressen und Veranstaltungskalender vom Hamburger Kiez und deren Nachtleben
- Artikel und Bildergalerie vom Hamburger Kiez
- http://www.multiple-box.de Hamburg-Bilder vom Kiez-Rubens ERWIN ROSS und Fotos von GÜNTER ZINT