Karel Ancerl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Karel Ancerl (ursprünglich Ančerl, * 11. April 1908 in Tutschap, damals Österreich-Ungarn; † 3. Juli 1973 in Toronto, Kanada) war ein tschechischer Dirigent.

Der langjährige Leiter der Tschechischen Philharmonie war bereits mit elf Jahren als Geiger Orchestermitglied in seiner Heimatgemeinde. Gegen den Willen seiner Eltern studierte er am Konservatorium in Prag Komposition, Dirigieren und Schlaginstrumente. Großen Einfluss übten auf ihn in dieser Zeit auch der Neutöner Alois Hába sowie der damalige Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie Václav Talich aus.

Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 arbeitete er u.a. als Chef der Oper des 5. Mai und Mitarbeiter des Rundfunks, bis er nach dem Einmarsch der Deutschen alle Ämter verlor und 1942 sogar ins KZ Theresienstadt deportiert wurde. Die Filmaufnahmen eines Nazi- Progagandafilms zeigen ihn ein einer Szene, wie der das Orchester dirigiert. Als einziger seiner Familie überlebte Karel Ancerl die anschließende Haft in Auschwitz.

Im Oktober 1950 wurde Ancerl zum künstlerischen Direktor der Tschechischen Philharmonie ernannt, der er in den folgenden Jahren bis 1968 einen Spitzenplatz unter den Orchestern des "Ostblocks" sicherte und Einladungen in die ganze Welt einbrachte. Er erweiterte das Repertoire vor allem um moderne Musik (Schönberg, Bartók, Britten) und setzte sich mit Hingabe auch für unpopuläre Komponisten seines Heimatlandes ein (Martinu).

Nach dem politisch unruhigen Herbst 1968, der die Hoffnungen auf einen humaneren Kurs der sozialistischen Staaten im Einflussbereich der Sowjetunion beendete, emigrierte Ancerl nach Kanada und leitete dort bis 1972 das Toronto Symphony Orchestra.

Die typischen, häufig als "dunkel" beschriebenen Farben seines Orchesters und Ancerls interpretatorische Leistungen wurden auf einer 42 Volumina umfassenden CD-Edition der Firma Supraphon festgehalten. Diese Aufnahmen berücksichtigen auch weithin unbekannte tschechische Kompositionen (z.B. "In der Tatra" von Vítězslav Novák oder "Sieben Reliefs" von Jarmil Burghauser).

Das französische Klassiklabel Tahra hat seit Beginn der CD-Ära viele ausgezeichnete Lifeaufnahmen mit verschiedenen Orchestern unter der Leitung Ancerls veröffentlicht, die einen guten Überblick über sein Repertoire vermitteln. Ancerl, der zu seinen Lebzeiten nicht zu den Stars der Musikszene gehörte, hat in den letzten Jahrzehnten unter Interpretationskennern einen Ruf erworben, der ihm geradezu einen Kultstatus eingetragen hat.

[Bearbeiten] Weblinks

• http://www.karel-ancerl.com/

Personendaten
NAME	Ancerl, Karel
KURZBESCHREIBUNG	tschechischer Dirigent
GEBURTSDATUM	11. April 1908
GEBURTSORT	Tucapy, damals Tschechoslowakei
STERBEDATUM	3. Juli 1973
STERBEORT	Toronto, Kanada