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Jean Meslier

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Foto der kleinen Kirche in Étrépigny, in der Jean Meslier wirkte.
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Foto der kleinen Kirche in Étrépigny, in der Jean Meslier wirkte.

Jean Meslier (auch: Abbé Meslier; * 1664; † 1729) war das Urgestein, auf dem die Französische Aufklärung baute. Er wurde durch ein posthum veröffentlichtes Werk berühmt.


Jean Meslier wurde 1664 als Sohn eines Tuchhändlers im französischen Mazerny in den Ardennen geboren. Im Alter von 25 Jahren wurde er Pfarrer des nahegelegenen Dorfes Étrépigny. Das Priesteramt übte er bis zu seinem Tod im Jahr 1729 aus.

Meslier empörte sich über die schlechte Behandlung der Bauern seiner Gemeinde durch den adeligen Grundherrn de Toully und prangerte diese auch in seinen Predigten an. Der Edelmann beschwerte sich beim zuständigen Bischof und postwendend erhielt der Pfarrer einen Verweis mit bestimmten Auflagen. Das änderte aber Mesliers Haltung und öffentliche Kritik nicht. Auf die erneuten Klagen des Grundherrn Toully hin wurde der Landpfarrer zum Erzbischof nach Reims zitiert und gründlich ins Gebet genommen, so gründlich, dass Meslier es nie wieder wagte, öffentlich Kritik zu üben.

Aber der unter Druck gesetzte Dorfpastor dachte nicht daran, den Widerstand aufzugeben. Vielmehr fing er an, ein Doppelleben zu führen. Nach außen tat er brav seinen Dienst, insgeheim aber sammelte er fleißig geistige Munition gegen das Ancien Régime. Tatsachen und Argumente, eigene und anderer Beobachtungen und Erfahrungen, Schlussfolgerungen. Im Laufe der Jahre wuchs das Manuskript auf weit über tausend Seiten an. Der Form nach eine Predigtreihe barocker Art, bestimmt für seine Gemeinde, der Absicht nach ein Appell an alle "Leute von Geist und Autorität, die Partei der Gerechtigkeit und der Wahrheit zu ergreifen und die schlimmen Irrtümer und Zustände, den abscheulichen Aberglauben und die ganze abscheuliche Tyrannei anzuprangern und zu bekämpfen, bis sie vernichtet wären".

Seine Abrechnung hatte posthum die Wirkung, die Meslier ihr zugedacht hatte. Er hatte dazu das Nötige getan: sein "Zeugnis der Wahrheit" eigenhändig vervielfältigt und erst kurz vor seinem Tod je eine Kopie in mehreren Pfarrämtern hinterlegt. Eine Zeitbombe, die pünktlich zündete. Schon bald kursierten Abschriften in Paris, natürlich nur unter der Hand. An die Drucklegung wagte sich niemand, denn das Buch wäre sofort beschlagnahmt und verbrannt worden. Für Leute mit Spürsinn und Geld war es dennoch nicht allzu schwierig, eine Abschrift zu ergattern. Der Mann, der gemeinhin als die Verkörperung der Aufklärung gilt, Voltaire, war reich und findig genug, ein komplettes Manuskript aufzutreiben. Es spricht für Voltaire, dass er den Wert des Fundes erkannte und mit dem Pfunde wucherte. Er ließ das "Zeugnis der Wahrheit" unter den Enzyklopädisten zirkulieren.

Im Jahr 1762 ließ Voltaire, ohne sich als Herausgeber zu erkennen zu geben, Auszüge aus Mesliers Werk publizieren. Diese Passagen sind im Original so voll ätzender Kritik, dass Voltaire sie umschrieb und abmilderte, was ihren ursprünglichen Inhalt zum Teil entstellte. Mesliers ursprünglicher radikaler Atheismus findet sich in der Ausgabe Voltaires zum vorsichtigen Deismus verwandelt. Auch Baron d'Holbach veröffentlichte ein Werk über Meslier und sein Testament (Le bon sens du Curé Jean Meslier suivi de son testament).

Sein 'Testament' macht Meslier zu einem der herausragenden Vorläufer des Zeitalters der Aufklärung. In der Neuzeit war Meslier der erste, der einen kompromisslosen Atheismus vertrat. Gleichzeitig entwickelte Meslier frühzeitig einen rigorosen Materialismus und eine von anarchistischen und sozialistischen Gedanken geprägte Konzeption der Gesellschaft.

[Bearbeiten] Zitate

  • "Steht auf, vereint Euch gegen Eure Feinde, gegen die, die Euch mit Elend und Ignoranz bedrücken. Verwerft alle die nichtigen und abergläubischen Praktiken der Religionen. Schenkt den falschen Mysterien keinerlei Glauben, lacht über alles, was Euch die selbstsüchtigen Priester sagen. Denn dies ist der verhängnisvolle und wahre Grund aller Eurer Leiden... Euer Heil ist in Euren Händen, Eure Erlösung hängt nur von Euch ab, denn es seid Ihr allein, von denen die Tyrannen ihre Kraft und ihre Macht beziehen."
  • Macht die tyrannische Regierung der Fürsten und Priester überall schändlich. Unterstützt Euch in dieser so gerechten und so notwendigen Sache, in der es sich um das Allgemeinwohl ("l'intérêt commun") aller Völker handelt."
  • "Behaltet die Reichtümer und Güter, die Ihr im Schweiße Eures Angesichts erarbeitet für Euch. Gebt nichts davon an diese prächtigen und unnützen Faulenzer, nichts an all diese Mönche und Kleriker, die unnütz auf der Erde wohnen, nichts an diese hochmütigen Tyrannen, die Euch verachten..."

(Jean Meslier / Testament)

[Bearbeiten] Literatur

  • von Holbach, Paul Heinrich Dietrich: Le bon sens du Curé Jean Meslier suivi de son testament. G. Olms, 1970
  • J. Haar: Jean Meslier und die Beziehungen von Voltaire und Holbach zu ihm. Diss. Hamburg 1928
  • Hagen, Friedrich: Jean Meslier oder: Ein Atheist im Priesterrock. Gollenstein Verlag, 1984, ISBN: 3880970467
  • Mensching, Günther (Hrsg.): Das Testament des Abbe Meslier Suhrkamp, 1976, ISBN: 3518060007
  • Minois, Georges: Geschichte des Atheismus: Von den Anfängen bis zur Gegenwart [umfassendes Buch zur Geschichte des Atheismus, über Meslier im 4. Teil, 10. Kapitel], Böhlaus Nachfolger 2000, ISBN 3-7400-1104-1
  • Krauss, Hartmut (Hg.): Das Testament des Abbé Meslier. Die Grundschrift der modernen Religionskritik. Hintergrund Verlag, Osnabrück, 2005, ISBN: 300015292X
  • Mager, Günter: Das Wissen des Jean Meslier. Über die wahre Entstehung der Aufklärung. Friedmann Verlag, 2006, ISBN: 3933431751
  • Yurén, Helder, Die Evolution kassiert die Kriegskultur, Noderstedt 2004, ISBN 3-8334-1807-9, speziell S.107 ff. Der Urtext


[Bearbeiten] Weblinks

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