Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Ingeborg Lüscher - Wikipedia

Ingeborg Lüscher

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ingeborg Lüscher (* 1936 in Freiberg/Sachsen) ist eine deutsche Filmemacherin, Fotografin, Konzept-, Video- und Installationskünstlerin. Sie lebt und arbeitet seit 1959 in Tegna im Tessin.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Ingeborg Lüscher absolvierte nach dem Abitur in Berlin ein Schauspielstudium und arbeitete in den folgenden Jahren als Theater- und Filmschauspielerin. 1959 heiratete sie den Schweizer Farbpsychologen Max Lüscher, und sie begann neben der Schauspielerei mit einem Psychologiestudium an der Freien Universität Berlin. 1967 unternahm sie Reisen nach Indien und in die Tschechoslowakei. Nach ihrer Trennung von Lüscher im Jahre 1969 übersiedelte sie in die Schweiz ins Tessin. Von diesem Zeitpunkt an wendete sie sich als Autodidaktin der bildenden Kunst zu. In Locarno bezog sie das ehemalige Atelier von Hans Arp. Ab 1968 entstanden ihre ersten sogenannten Stummelbilder, Collagen aus unterschiedlichen Objekten, die mit Zigaretten- und Zigarrenstummeln besetzt sind. 1969 lernte sie den Einsiedler und Sonderling Armand Schulthess kennen, der sein Haus und sein großes Waldgrundstück im Tessin in eine enzyklopädisch anmutende eigenwillige Sammlung des gesamten Wissens verwandelt hatte und dokumentierte dessen Werk. 1972 nahm sie zum ersten mal an der documenta in Kassel teil, wo die Photoserie über Schulthess ausgestellt wurde. Es begann die Lebensgemeinschaft mit dem Ausstellungsmacher Harald Szeemann, die bis zu dessen Tod im Jahre 2005 dauerte. 1973 erhielt sie ein Schweizer Stipendium, das ihr Reisen nach USA, Venezuela und Peru möglich machte.

1982 lernte sie einen weiteren Sonderling kennen, den Obdachlosen Laurence Pfautz, dessen Leben sie in Fotoarbeiten dokumentierte. 1984 wurde sie zur Pataphysikerin ernannt. Im gleichen Jahr begann ihre malerische Auseinandersetzung mit den Materialien Schwefel und Asche als Malmaterial. 1986 reiste sie in die Solfatara bei Pozzuoli. Bei dieser Gelegenheit setzte sie Steine aus dem Maggiatal den Schwefeldämpfen aus, so dass sie gelb überzogen wurden. Während ihrer Reisen nach Japan entstand eine neue Fotoserie mit Aufnahmen von japanischen Glückwunschzetteln. 1992 nahm sie ein weiteres mal an der DOCUMENTA IX teil. Im gleichen Jahr wurden Arbeiten von ihr auf der Weltausstellung in Sevilla ausgestellt. 1993 und 1996 wurde ihr Lebenswerk auf Retrospektiven in Wiesbaden und Aargau gezeigt. 1999 und 2001 nahm sie an der Biennale von Venedig mit einem Videofilm teil und 2000 an den Filmfestspielen in Locarno.

Zwischen 1978 und 2005 unterrichtete sie neben ihrer künstlerischen Arbeit an mehreren Akademien, so an der Schule für Gestaltung in Luzern, der École superieure de l'Art Visuelle in Genf, der F + F Kunstschule in Zürich und an den Sommerakademien für bildende Kunst in Berlin, Salzburg und Gomera.

[Bearbeiten] Das künstlerische Werk

Ingeborg Lüschers künstlerisches Werk beginnt mit ihren sogenannten Stummelbildern und konzeptionellen, von ihrer Biographie bestimmten Arbeiten über die Themen Eros, Liebe, Kindheit und Tod, über Träume und Weissagungen, in die auch ihre Erfahrungen mit Hypnose einfließen.

Harald Szeemann sagt 1992 über ihren künstlerischen Weg: "Das Theatralische, Autobiographische, Emanzipatorische, Bekennerische und Hedonstische ist heute angekommen in sich ruhenden, von innen her geladenen skulpturalen Körpern und bildlichen Hommagen an das Licht."

[Bearbeiten] Stummelbilder

Zu ihren ersten künstlerischen Objekten gehörten die Inboxen, Kästen mit Objekten, die ineinander oder aufeinander gestapelt wurden, und deren Oberflächen oder Ränder sie durch die Einwirkung von Feuer veränderte.

In der folgenden Phase benutzt sie Objekte, die bereits ihre Form durch Feuereinwirkung verändert haben, die Stummel von Zigaretten oder Zigarren. Sie schüttet sie zu Hauf auf Fensterbänke, klebte sie geordnet oder haufenweise auf Kartons, Fahrräder, Stühle, auf Alltagsgegenstände jeder Art sowie auf Blätter mit Lebensläufen oder Polizeiprotokollen, und verfremdet sie auf diese Weise in der Wahrnehmung des Betrachters.

[Bearbeiten] Fotodokumentationen

Ab 1969 arbeitete Lüscher an einer Bilddokumentation über den Schweizer Einsiedler und Sonderling Armand Schulthess. Schulthess lebte in seinem 18.000 m großen Kastanienwald im Onsernonetal im Tessin, in dem er seine eigenwilliges Projekt einer allumfassenden Sammlung des Wissens betrieb – die Enzyklopädie im Walde. Lüscher notiert ihre Gespräche mit Schulhess und fotografiert ihn und seine unglaublich vielfältigen Objekte mit Wissensbrocken, die er auf Blechtäfelchen an Bäumen und an Leinen aufgefädelt im Wald aufgehängt hatte. Schulthess' Lebenswerk wurde nach seinem Tod von seinen verständnislosen Erben in einer autodafé-Aktion von 3 Tagen vollständig vernichtet.

Zu den wenigen Zeugnisse über dieses ungewöhnlichen Lebens zählen Lüschers Bildband und ein Film des Schweizer Dokumentarfilmers Theo Frey.

1982 dokumentiert sie auf ähnliche Weise in Fotos und Texten das Leben eines weiteren gesellschaftlichen Außenseiters, des Obdachlosen Laurence Pfautz.

[Bearbeiten] Zauberfotos

1976 beginnt die Serie der Zauberfotos, in der sie inzwischen über 500 Leute fotografiert hat: Gäste des Hauses, Künstlerkollegen, Nachbarn oder Verwandte, die alle gebeten wurden zu zaubern, was auch immer ihnen in diesem Augenblick dazu einfällt. In einer Sitzung, deren Ort von dem zu Fotografierenden bestimmt wird, werden jeweils 18 Aufnahmen gemacht, von denen 9 Bilder für eine Bildsequenz ausgewählt und mit identischen Passepartouts und Rahmen versehen werden. Die entstehenden Bilder können von überraschendem Erkenntniswert für die Beteiligten sein.

[Bearbeiten] Schwefel und Asche

Seit 1981 verwendet sie für ihre Arbeiten organische Stoffe. Es entstehen verschiedene Serien der Vulkanbilder, Materialbilder aus Sand, Erde, Pigmenten, Holzleim, Gips und ähnlichem auf Karton. Ab 1984 beginnt die Auseinandersetzung mit dem anorganischen Stoff Schwefel, von dessen Farbintensität und Leuchtkraft sie fasziniert ist.

Schwefel und die Farbe Gelb werden zu dominierenden Elementen von Lüschers bildhauerischer und malerischer Arbeit. Kombiniert wird Gelb mit einem intensiven Schwarz, das Lüscher aus einer Mischung von Holzasche und pulverisiertem Acryl gewinnt.

Nachdem sie in einer ihrer ersten Arbeiten Steine den natürlichen Schwefeldämpfen in der Solfatara ausgesetzt hatte, überzieht sie in der Folge verschiedene Objekte selbst mit Schwefelpulver. Mit Schwefel bedeckte stereometrische Objekte aus Acrylglas verwandelte sie in Lichtkörper. Ab 1990 entstehen streng geometrisch geformte Blöcke in gelb und in schwarz, in großen Formaten, die unterschiedlich kombiniert, vor Naturkulissen aufgestellt werden. Auch in der Malerei werden unterschiedlichste Möglichkeiten des Zusammenspiels von Gelb und Schwarz erprobt, von allen Abstufungen gelber und schwarzer Überschichtungen und Übermalungen, von wolkenähnlichen Gebilden bis zu reiner Farbfeldmalerei. Da sie mit Schwefelblüte arbeitet, kommt es auch bei Vermengungen nie zu neuen Farbwerten, Gelb und Schwarz bleiben immer – getrennt voneinander - erhalten.

Mit Schwefel und Asche erreicht Lüscher einen größtmöglichen Kontrast zwischen Gelb als Farbe des Lichts und Schwarz als Zeichen dessen völliger Abwesenheit.

[Bearbeiten] Fusion

Auf der Biennale von Venedig von 2002 zeigte Ingeborg Lüscher zum ersten mal ihr Fußball-Video Fusion, das ein vielstimmiges Echo in der Presse fand. Spieler von Grashoppers Zürich und dem FC St. Gallen spielen gegeneinander, gekleidet in italienische Maßanzüge, Business-Hemden, Krawatte und Fußballschuhe Schiedsrichter ist der Schweizer Urs Meier, kommentiert wird das Spiel von einem Sprecher der RAI.

Während des Spiels, bei dem mehr oder weniger erfolgreich alle möglichen Tricks und Fouls angewendet werden, werden laufend neue Strategien abgesprochen und wechselnde Koalitionen gebildet. Trifft der Ball ins Netz, so kann er sich als prall gefüllter Geldkoffer, Handy oder als ein anderes Requisit der Geschäftswelt entpuppen. Das Spiel endet mit einem Eigentor und der Fusion der beiden Mannschaften. Der Kommentator, stellvertretend für den Zuschauer, bleibt in Verunsicherung über das Ergebnis des Spiels zurück: Einer hat gewonnen, aber wer?

Lüscher sagt zu ihrem Film: „Ein Fußballspiel soll zur Parabel werden für die Managerkaste, die in Banken und Industrie Fusionen abwickelt. Fussballer und Manager verhalten sich offenbar ähnlich: Sie brauchen hartes Training, Risikobereitschaft, Siegeswillen, Taktik, die Fähigkeit zum Foul, zu Tricks, aber auch zur Phantasie."

[Bearbeiten] Werke

(Auswahl)

  • Inboxes, 1967 – 1968
  • Stummelbilder, Arbeiten mit Zigarettenstummeln, 1969 – 1972.
  • Zauberfotos, Work in Progress. Fotoserie ab 1976.
  • Der größte Vogel kann nicht fliegen. Dokumentation der Enzyklopädie im Walde von Armand Schulthess. Beginn der Dokumentation 1969. Ausgestellt auf der documenta 5 in Kassel, Buchveröffentlichung 1972.
  • Laurence Pfautz oder Der unerhörte Tourist. Dokumentation. 1985.
  • Vulkanserien, Collagen aus Erde, Asche, Holzstaub, Kohle, Acryl, auf Karton oder Baumwollstramin, ab 1985 bis 1987.
  • Gli occhi della solfatara, Eingeschwefelte Steine, 1986, Castello Svevo, Bari (Italien)
  • Omikuji. Good-luck Papers. Fotografien. 1990. (Buchveröffentlchung Das Buch der Wünsche, 1990)
  • Schwefelschachtel, Karton mit Schwefel überzogen, 1994
  • Damit Du durch Venedig gehen kannst und keiner Dich erkennt - Tarnkappe für einen gesuchten Mann. Skulptur aus Netzrinde von Dattelpalmen und Jute, 1998
  • Zwischen Himmel und Erde. Lichtinstallation in der Feldkircher Johanneskirche, 2000
  • Fusion. Video, 13,40 min. 2000.
  • Fei-Ya! Fei-Ya! fly! fly, (Our Chinese Friends). Video, 41. Biennale von Venedig
  • Das Bernsteinzimmer. Lichtinstallation. Swarowski-Kristallwelten, Wattens, Tirol, 2003
  • Die hängenden Gärten der Semiramis, Installation, 2003.

[Bearbeiten] Literatur

  • Retrospektive Ingeborg Lüscher. Museum Wiesbaden. 28. März - 25. Juli 1993. Hrsg. Volker Rattemeyer. Wiesbaden 1993. ISBN 3-89258-022-7
  • Ingeborg Lüscher. Lass einen Zweig von weißem Flieder in Südafrika. Museum Wiesbaden. 14. 5. - 23.7. 2006. Wiesbaden 2006. ISBN 3-89258-066-9

[Bearbeiten] Weblinks

Static Wikipedia 2008 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -