Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Höninger Lateinschule - Wikipedia

Höninger Lateinschule

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Die Höninger Lateinschule existierte von 1573 bis 1630. Sie war ein humanistisches Zentrum der Leininger Grafen, das im Bezirk des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstifts St. Peter (Kloster Höningen) gegründet wurde. Das Dorf Höningen, ein Ortsteil von Altleiningen, bildete sich seit dem 19. Jahrhundert um die Ruinen des Klosters und der Schule. Die Geschichte des Collegium Henninganum zeigt einmal mehr, dass Bildung ohne materiellen Wohlstand und Frieden kaum möglich ist.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Gründerzeit

 Höningen zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus nördlicher Sicht (Kupferstich). Hinter dem Torbogen ist ein Gebäude der Lateinschule zu sehen. Links erhebt sich die Klosterkirche.
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Höningen zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus nördlicher Sicht (Kupferstich). Hinter dem Torbogen ist ein Gebäude der Lateinschule zu sehen. Links erhebt sich die Klosterkirche.

Nachdem das Augustiner-Chorherrenstift in Höningen 1569 aus unbekannten Gründen abgebrannt war, wandte sich Graf Philipp I. am 2. Mai des gleichen Jahres an seine Brüder Reinhard V. und Georg I. mit dem Vorschlag, die Güter und Gefälle des Klosters für eine Lateinschule zu verwenden. Er konnte sie von seiner Idee überzeugen und diese nach den notwendigen Renovierungen 1573 verwirklichen. In einer Urkunde vom 16. Juni bedauerte der 1527 geborene Graf die Einrichtungsverzögerung durch den Klosterbrand, weil sich „der leidig Sathan dißem längst gefassten Christlichen furhaben“ widersetzt habe. Zweck des „Christlichen furhabens“ war zum Einen die Erziehung nach religiösen Idealen, denn „christliche Schulen sind die rechten Pflanzgärtlein Gottes, daraus sein Fruchtgarten mit jungen Bäumlein versehen wird.“ (Kirchenordnung von Leiningen-Hartenburg); zum Anderen war eine Lateinschule nicht nur christlich, sondern auch ein Zentrum humanistischer Gelehrsamkeit, aus dem fähige neue Lehrer, Pfarrer und Verwalter hervorgingen.

Man kann annehmen, dass im Leiningerland neben der Höninger Lateinschule einzelne Elementarschulen standen, wo Lesen, Schreiben, Singen und Religion den Unterricht bildeten. Die Lateinschule setzte gemäß den überlieferten Lehrplänen Lesen und Schreiben und somit den Besuch einer Elementarschule oder den Privatunterricht voraus. Die Landessprache wurde im Unterricht durch das Lateinische ersetzt, wobei auch Griechischkenntnisse vermittelt wurden. Das humanistische Gedankengut erfuhr in dem kleinen abgeschiedenen Höningen eine kurze, spannungsvolle aber auch fruchtbare Entwicklung.

Nachdem Arnold II., der ehemalige Klostervorsteher und erste evangelische Pfarrer in Höningen aus Altersgründen nach Kirchheim versetzt wurde, übernahm Matthias Maurus die Aufgabe eines Pfarrers und Lehrers, der laut dem Geheimsekretär Schmitz „ein frommer und gelehrter junger Mann“ war. Im selben Jahr gelang es Phliipp I. und seinem Geheimsekretär zwei weitere Lehrer, M. Theobald und Andreas Pfeiffer, anzuwerben, die in Straßburg ausgebildet worden waren. Als sie angestellt wurden, heiratete Maurus und war im nächsten Jahr bereits in Bissersheim tätig. Theobald wurde sein Nachfolger in Höningen und übernahm als Oberstufenleiter die von Maurus ein Semester lang vorgebildeten Schüler, während Andreas die neuen in der Unterstufe (Prima) übernahm. Bis 1612 waren in Höningen nicht mehr als zwei Lehrer gleichzeitig tätig. Der Leiter der Oberstufe (classis secunda) wurde „Pfarrer und Schulmeister“ genannt, der Leiter der Unterstufe (classis prima) „Mithelfer“, später „Collaborator“. Die Lehrer waren lutherische Theologen, mitunter Studenten. Ihre Anstellung wurde als Durchgangsposten betrachtet, mit dem sie die Zeit bis zur Übernahme einer einträglicheren Pfarreistelle überbrücken konnten. Sie hatten keine Ausbildung für das Unterrichten; Lehren war damals mehr Gelegenheitsarbeit als Beruf. Dies dokumentiert auch die in der Regel sehr kurze Amtsdauer der Höninger Präzeptoren.

Trotzdem schien ein geordneter Schulbetrieb möglich und die Anfangszeit des "Collegium Henninganum" vielversprechend, so dass die drei Grafenbrüder 1579 erneut einen Vertrag schlossen: Schule und Einkünfte sollten unangetastet bleiben. Von der Schulschaffnerei sollte jährlich Rechnung abgelegt werden, und Graf Philipp behielt als Vogt die Aufsicht über die Schule, die niemals aufgehoben werden durfte.

[Bearbeiten] Gebote und Verbote

Das jährlich zu entrichtende Schulgeld von etwa 30 Gulden für Unterricht, Verpflegung und Wohnung war relativ hoch. Bei Verzicht auf Wein wurde es um 5 Gulden herabgesetzt. Begabte Schüler armer Eltern konnten ein Stipendium der Grafen erhalten . Aufschluss über die Schülerzahlen geben einzelne Schülerverzeichnisse und Abrechnungen. Es war eine unausgesprochene Selbstverständlichkeit, dass keine Mädchen die Lateinschule besuchten. In den ersten Jahren entsprach der geringen Anzahl der Schüler ein ebenso begrenztes Einzugsgebiet; die Söhne von Bauern, Pfarrern, Lehrern oder Adeligen kamen vorwiegend aus dem Leiningerland (einschließlich Grünstadt und Umgebung). Die Schüler der Unterstufe waren i. d. R. 8 - 13 , die der Oberstufe 13 – 16 Jahre alt. Entscheidend für die Einstufung waren aber ihre bisher erworbenen Kenntnisse. Der Abschluss einer Elementarschule war keine Voraussetzung für den Besuch einer Gelehrtenschule und niemand musste eine solche besucht haben, um studieren zu können. Es war ebenso allgemein üblich, dass nur wenige Schüler alle planmäßigen Schuljahre hier verbrachten. Wie die Prüfungen und Versetzungen sich vollzogen, ist unbekannt. Der Privatunterricht war in wohlhabenden Familien eine beliebte Alternative zum Besuch einer öffentlichen Elementar- oder Lateinschule; tatsächlich waren am Collegium Henninganum keine Kinder der Leininger Grafen nachzuweisen. Die Schüler begannen ihre Laufbahn meistens an Ostern, selten im Herbst. In Höningen kamen sie nach zwei bis drei Jahren von der „Prima“ in die „Secunda“ mit ähnlicher Dauer. Die Schulzeit wurde in Semester (Halbjahre) unterteilt, die jeweils unter der Oberaufsicht des Hofpredigers mit einer Prüfung abgeschlossen wurden. Nach dieser führten die Jungen ein lateinisches Drama auf, beispielsweise „Hildegardis“ von Frischlin, „Hagne“ oder „Colignius“ von Rhodius oder ein Stück von Terenz. Diese Sitte wurde u. a. auch in Heidelberg oder Straßburg zum Üben des Lateinischen gepflegt. Nach der Aufführung gingen die Lehrer auf Kosten des „Klosters“ essen. So nannten selbst die Lehrer ihren Arbeitsplatz mit aller Selbstverständlichkeit, der offiziell Collegium Henninganum oder Schola Heinningana heißt. Die Bezeichnung der Schule als Kloster zeugte - ungeachtet der neuen Konfession - von Traditionsbewusstsein und unterstrich das tief religiöse Wesen der Schule, welches aus der Hausordnung und des Unterrichtsinhalts klar hervorgeht.

Es galten folgende Gebote und Verbote (Übersetzung aus dem Lateinischen):

1. Das Morgengebet soll im Sommer um 5, im Winter um 6 Uhr, 
2. das Abendgebet aber im Sommer um 8, im Winter um 7 Uhr gehalten werden, und dabei darf
   keiner ungestraft fehlen. 
3. Der Unterricht muss mit Gebet eröffnet und geschlossen werden. 
4. Vor und nach dem Essen soll immer ein Abschnitt aus der Heiligen Schrift gelesen werden. 
5. Wer während des Essens trinken will, muss vorher elegante Verse laut aufsagen. 
6. Kein Schüler darf ohne Erlaubnis des Lehrers aus dem Schulhof gehen. 
7. Über das Betragen der Schüler soll im Allgemeinen und Besonderen gewacht werden. 
8. Die Lehrer und Schüler sollen immer und überall lateinisch sprechen. 
9. Nach dem Abendgebet sollen die Lehrer die Schlafstätte eines jeden Schülers untersuchen und 
   keinem ein Licht gestatten. 
10.Es soll weder einem Lehrer noch einem Schüler erlaubt sein, ohne Ermächtigung des 
   Schaffners einen Gast zum Mittag- oder Abendessen mitzubringen. 
11.Es soll auch keinem Lehrer gestattet sein, auf eine Reise einen Schüler mitzunehmen und ihn 
   dadurch vom Lernen abzuhalten. 
12.Die Lehrer sollen den Schülern nicht erlauben, Märkte oder Kirchweihen zu besuchen außer 
   mit ausdrücklicher Genehmigung der Eltern. 
13.Da jährlich zwei Prüfungen gehalten und Beförderungen vorgenommen werden, sollen sich die 
   Lehrer bemühen, in jedem Halbjahr den vorgeschriebenen Unterrichtsstoff zu erledigen und 
   denselben zwei oder drei Wochen vor der Prüfung mit den Schülern zu wiederholen. 

Ein Lehrplan aus der Zeit 1590-1600 unterstreicht abermals den religiösen Charakter der Lehranstalt. Er weist für Mittwoch und Samstag vier, ansonsten ein- bis zweistündige Lektionen auf, von denen 3 vormittags, die anderen nachmittags gelegt sind. Gelehrt werden Katechismus und Psalmensingen / Musik, Griechisch- und Lateingrammatik, in der Unterstufe speziell Cato und Ciceros Briefe, in der Oberstufe Ciceros Reden, Plutarchs Büchlein über die Erziehung (in griechischer Sprache), Arithmetik (Rechnen) und Dialektik.

Neben dem Lektionsverzeichnis weisen auch die Unterstufenbezeichnung „classis prima“ und die Verwendung der Württembergischen Latein-Grammatik auf einen stärkeren Einfluss der Württembergischen Schulordnung von 1559 hin. Ohne jemals für das Collegium Henninganum direkt verbindlich zu sein, gewährt sie vor allem einen klaren Einblick in das streng reglementierte Zusammenleben in einer Lateinschule des 16. Jahrhunderts und in das ideale Selbstverständnis der Lehrer. So galt nach ihr u.a. Folgendes: Der Schüler war verpflichtet, seine Wohnung zu reinigen; er darf den Müll („Unrath“) nicht einfach vor die Wohnung eines anderen werfen. Die Betten sollten früh morgens hergerichtet und evtl. zum Waschen gegeben werden. Damit die Lehrer die Wohnungen der Schüler, wo auch die Hausaufgaben erledigt wurden, zu jeder Zeit kontrollieren konnten, richteten sie ihre eigenen Gemächer bei den Schüler-Schlafzimmern (in Höningen im ehemaligen Kloster-Dormitorium) ein. Nachts schlossen sie die Zimmer ab und morgens auf, um direkt zu sehen, wer sich über Nacht herumgetrieben hatte. Derjenige, der hierbei oder unbefugt in der Wohnung eines anderen erwischt wurde, musste im Kerker büßen. Der Schüler musste sich für das Verlassen des Klosters eine Erlaubnis einholen. Von den Arbeitsplätzen der Bediensteten musste er sich ganz fernhalten, damit niemand in seiner Arbeit beeinträchtigt wurde. Jeder war dazu verpflichtet, einen Regelverstoß seitens der Mitschüler sofort dem Lehrer zu melden. Wurde ein Versäumnis darin nachgewiesen, drohte den Betroffenen dieselbe Strafe. Nach eigenem Ermessen konnten die Lehrer statt Weinentzug oder Kerker auch die Rute als Züchtigungsmittel nutzen. Mit ihrem Gelöbnis („Promission der Klöster-Preceptorum“) achteten sie darauf, mit Maß und „mit keinem giftigen Zorn“ die Schulordnung aufrecht zu erhalten. Sie betrachteten ihren Beruf als ein „hoch , thewr , und von Gott geordnet Ampt“, als ein Mittel , „ die Jugend mit der Lehr, und Gottesforcht, zu Erhaltung des Predigammpts, und guten Regiments zu befördern, und aufzuziehen“. Sie sollen mit einem „züchtigen , erbarn , nüchtern Leben“ ein Vorbild für ihre Schüler darstellen , den Unterricht fleißig gestalten, den Gottesdienst nicht versäumen, und mit ihren Schülern Latein sprechen. Der Schulleiter verstand sich als Erster Präzeptor und die Zweiten Präzeptoren als Hilfskräfte in „geistlichen“ Angelegenheiten, so wie der Schaffner („Prokurator“) ihm eine Unterstützung in den „zeitlichen“ Aufgaben war. Vom Direktor mussten sich die (anderen) Lehrer die Erlaubnis für das Verlassen des Schulgeländes einholen, von ihm wurden auch die neuen Lehrkräfte im Unterricht beobachtet und beurteilt. Sein Titel „Prelat“ entsprach nicht zufällig demselben eines Klostervorstehers. Lehrer, Schüler und Bedienstete konnte er in den Kerker werfen lassen – auch wegen Zecherei.

Trotz aller Strenge waren vielleicht einige Schüler ihren Lehrern dankbar, und zwar nicht nur für die angeeignete Bildung, sondern auch für die spätere Karriere in Studium und Beruf. Die Stipendiaten konnten auf Kosten der Schule, d.h. mit jährlich 30 Gulden, in Heidelberg, Straßburg oder Tübingen die Universität besuchen. Um zu sehen, ob sich die Stipendienvergabe tatsächlich lohnt, beantragte Graf Ludwig von Leiningen-Westerburg 1617 von den Straßburger Professoren die Ausstellung einzelner „Fleiß- und Sittenzeugnisse“.

[Bearbeiten] Versorgungsgrundlage der Schule

Für die Haushaltung des Internats "Schola Henningana" waren der Schaffner (Oeconomicus) und seine Frau mit weiteren Bediensteten - darunter auch Koch, Bäcker, Magd und Hirte - zuständig, welche zusammen der gräflichen Kanzlei unterstanden. Umfang und Art der einst für das Kloster bestimmten Geld- und Naturalieneinkünfte als Zins- , Pacht- oder Zehntleistung wurden beispielsweise in den Abrechnungen des Schaffners Peter Hilderich von 1578 und 1581 deutlich. Solche Gefälle stammten gänzlich aus den überwiegend Leiningischen Dörfern, die noch mit klösterlichen Anrechten belastet waren. Das Schulgeld deckte die Geldeinnahmen beispielsweise im Jahr 1578 zu einem Fünftel ab. (Für die 10 Zehn Schüler wurden insgesamt etwa 300 Gulden gezahlt. Die Gesamteinnahme an Geld betrug 1358 Gulden.) Die Ausgaben wurden nicht nur für die Versorgung der Schulbewohner bzw. -angestellten aufgewandt, sondern auch für die Altersversorgung ehemaliger Klosterbrüder, die noch in Höningen lebten, sowie für die Mitfinanzierung von Pfarrer-Gehältern ehemaliger Chorherren, die nun als lutherische Seelsorger arbeiteten. Die Überschüsse oder Restbeträge fielen bis 1622 in ganzer Höhe den drei Grafenfamilien zu . Im Jahr 1588 konsumierte das „Kloster“ 11 Fuder 1 Ohm 3 Viertel (entspricht ca. 10 750 l ) Wein als Zehnt- , Pacht- oder Zinsleistung aus etlichen Leininger Dörfern, hauptsächlich von den Dackenheimer und Herxheimer Gewächsen. Es musste sich dabei um 56 verköstigte Personen handeln, von denen nach Untersuchung durch die Kanzlei 21 Leute unrechtmäßig - als unnötig Bedienstete – versorgt wurden . Schülern (oder Stipendiaten), Lehrern und Bediensteten stand täglich etwa 1/3 l des Rebensafts zu. Das Bier wurde vor Ort aus den Gersteneinnahmen hergestellt und als Eigenproduktion nirgendwo aufgeführt. Im „Ganerbenwald“ durfte Bau- und Brennholz zum eigenen Verbrauch – nicht jedoch zum Verkauf oder Handel - ohne besondere Befugnis gefällt werden. Der von einem Förster bewirtschaftete „Höninger Wald“, auch Schulwald genannt, hatte sich aus dem klösterlichen „Kriegholz“ entwickelt und umfasste etwa 345 ha. Als echter Besitz der Schule war dessen Nutzung unbeschränkt . Das hiesige Hofgut von 127,41 ha mit Hof, Wiesen, Äckern und Weihern war eine reichhaltige Einkommensquelle, die in den Berechnungen Hilderichs unberücksichtigt blieb. 1588 wurde hier neben Rindern, Schweinen, Kälbern, neun Pferden und 48 Kühen soviel Federvieh gehalten, dass alleine hierfür eine Magd zuständig war. Von soviel Fleisch, Milch, Butter, Käse und Eiervorrat ernährten sich die Schulbewohner mit den zahlreichen Bediensteten ausgiebig, ohne dass darüber eine genaue Rechnung geführt wurde. Nur der in Erlös umgewandelte Überschuss wurde angegeben, der in seiner ungeschmälerten Gesamtheit den Grafen viel mehr einbringen würde. Die schon bald nachgewiesenen Verschwendungen und Unterschlagungen nutzte der Westerburger Neffe des Schulgründers, Graf Albrecht Philipp, als Anlass, gegen die Schule vorzugehen, um wenigstens ein Drittel ihres Vermögens einzukassieren.


[Bearbeiten] Seuche und Habgier

Nachdem 1582 ein Lehrer an einer Seuche gestorben war, die für mehrere Monate den Unterricht lahm legte, sorgte Albrecht Philipp für eine weitere Heimsuchung der Schule, indem er 1595 die Gebäude mit Trompetern und Fechtmeistern besetzte. Mit vielem Singen bis Mitternacht, mit Misshandlung der Angestellten und dem Versuch, die Lehrer aus ihrem Dienst zu entlassen und die Schüler nach Hause zu schicken, führte er fast das Ende des Collegium Henninganum herbei, doch sein Onkel Philipp bewegte ihn zu einem Vergleich, der am 21. Juni schriftlich fixiert wurde: Alle 3 gräflichen Linien sollten drei Stipendiaten unterhalten und das Kostgeld der Schüler sollte sich nach dem Bedürfnis der Schule richten. Weil Philipp I. zu viel der Überschüsse eingezogen hatte, bekamen die Westerburger und Schaumburger Linie je 100 Malter Korn und drei Fuder Wein. Nach Überprüfung der Schaffnerei-Rechnung sollten die angefallenen Überschüsse gleichmäßig zwischen den Grafenhäusern aufgeteilt werden. Es wurde ein gemeinschaftlich verpflichteter eingestellt, der wöchentlich Rechnung ablegen sollte. Dem Schulgründer wurde auferlegt, vom Atzungsrecht einen mäßigen Gebrauch zu machen – ein Hinweis darauf, dass er die Schule gerne als Gasthaus aufsuchte wie einst seine Vorfahren ihre Klosterstiftung. Schon wenige Monate nach dem Vertrag ging Albrecht Philipp abermals – diesmal mit Unterstützung Christophs von Leiningen-Schaumburg - gegen die Schule vor, warf den Schaffner ins Gefängnis und verköstigte sich hier mit seinem Gefolge. Er tat dies, weil ihm die Aufteilung der Überschüsse zu lange dauerte. Zudem forderte er, dass die im Vertrag vorgesehene Naturalienabgabe von Korn und Wein jährlich und nicht einmalig zu entrichten ist. Philipp setzte ihm entschiedenen Widerstand entgegen und droht ihm mit Waffengewalt. 1597 erübrigten sich Schwert und Vertrag, denn der Unruhestifter und sein Onkel starben beide an einer Seuche, die wie schon 15 Jahre zuvor das Schulleben für Monate auslöschte.


[Bearbeiten] Aufschwung

Paul Wenzel war von 1602 bis 1606 und von 1610 bis 1626 Pfarrer und Schulmeister in Höningen. In seiner zweiten Schaffensphase am Collegium Henninganum richtete er als Hofprediger und Leininger Superintendent darum bemüht, den Schülern den Übergang zur Universität zu erleichtern, eine dritte „Klasse“ – die Suprema – ein, welche er selbst leitete. Wenzel lenkte mit einem neuen Lehrplan die Entwicklung des Unterrichts von der scholastisch-klösterlichen Tradition zu einem freieren Humanismus, indem er die Palette der Klassiker erweiterte; zu diesem gehörten nun z.B. die Aeneis von Vergil, Paedagogia von Plutarch, De senectute (über das Greisenalter) und De amicitia (über die Freundschaft) von Cicero, außerdem Schriften von Horaz, Hesiod und Homer. Rhetorik, Prosodik und Metrik bereicherten die Schulung der sprachlichen Fähigkeiten. Zudem wurden neu konzipierte Bücher für den Grammatik- und Religionsunterricht genutzt. Bei guter Organisation und Verpflegung besuchten mehr und mehr Jungen die Schule. Sie kamen aus dem Pfrimm- , Eis- , und Eckbachtal, von Glan, Nahe und Rhein, aus dem Leiningerland, der Hagenauer und Oberbronner Gegend im Elsass, aus Kurpfalz, Hessen und anderen Gebieten. 1615 ließ Graf Ludwig als Vogt die alten Schulgebäude renovieren und aus Platzmangel einen neuen Schulbau mit Lehrerwohnungen errichten. Auch die Klosterkirche erhielt ein neues Gesicht; an ihrer Westseite wurde ein Treppenturm errichtet.


[Bearbeiten] Ende und Ausblick

Ludwig konnte bei den neuesten Renovierungsmaßnahmen nicht ahnen, von welchem Leiden sein Land in wenigen Jahren aufgesucht werden sollte. Schon kurze Zeit nach dem Beginn des Dreißigjährigen Kriegs im Mai 1618 besetzten die katholisch-kaiserlichen Spanier die linksrheinischen Gebiete der Pfalz. 1621 überfiel ein umherschweifender Trupp der Besatzer Höningen und tötete den Schaffner Joh. Jakob Diterich, dem zu Ehren ein Gedenkstein gemeißelt wurde. 1626 wurde ebenfalls von spanischen Soldaten ein Schüler unter der Schultür erschossen. Die Jungen flohen und mit ihnen verschwanden die Lehrer. Trotzdem übernahm der 21-jährige Marbacher Student und ehemalige Schüler von Höningen, Joh. Conr. Schragmüller, die Stelle Wenzels. Im Oktober 1628 führte er sein Studium in Marbach fort. 1630 sahen die letzten beiden Lehrer ein, dass sie auf verlorenem Posten kämpften. Die Schulgebäuden wurden verlassen und zerfielen in den kommenden Jahrzehnten.

Nur Schaffner und Bedienstete in der Landwirtschaft hatten hier noch ihre Wohnung, um die Höninger Gefälle zu erhalten. Diese dienten noch im Jahr 1650 - zwei Jahre nach offiziellem Kriegsende - zur Befriedigung schwedischer Forderungen an die Nachkommen Philipps I., die später noch einen Teil der Einnahmen zur Stipendienvergabe nutzten. Der Katholik Philipp Ludwig wollte die Gefälle einer Klosterstiftung zuführen, jedoch wurde er von seiner Familie daran gehindert. Als er 1705 kinderlos starb, trat die Schaumburger Linie sein Erbe an. 1729 setzte Georg Hermann nach fast 100-jähriger „Pause“ den Schulbetrieb in Grünstadt fort. Aus der neu gegründeten Lateinschule entwickelte sich das Leininger Gymnasium.

In Höningen kehrte erst wieder um 1720 mehr Leben ein, als Graf Georg II. die Jakobskirche restaurieren ließ und auf seine Initiative hin einige Häuser am ehemaligen Klosterhof entstanden, die mit 600 Morgen Feld und Wald in Erbpacht gegeben wurden. Nachdem die Regierung der Leininger Grafen im Zuge der Französischen Revolution beendet worden war, wurde dieser Höninger Hof 1810 von der französischen Regierung in Mainz versteigert. Mit den Käufern bildete sich das heutige Dorf Höningen.

[Bearbeiten] Literatur

  • Ernst, F (1919): Die Urkunden des Progymnasiums Grünstadt betr. die lateinische Schule zu Höningen (1573 bis 1630) – ein Beitrag zur Schul- und Kirchengeschichte des Leininger Landes. Riedel, Grünstadt
  • Ernst, F (1927): Geschichte des Leiningischen Gymnasiums zu Höningen und zu Grünstadt 1573 bis 1819 – ein Beitrag zur Schul-, Pfarr- und Familiengeschichte der Nordostpfalz. Emil Sommer-Verlag, Grünstadt
  • Schiffler, H & Winkler, R (1985): Tausend Jahre Schule – eine Kulturgeschichte des Lernens in Bildern. Belser-Verlag, Stuttgart, Zürich
  • Van Dülmen, R. (1994): Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, 3.Band: Religion, Magie, Aufklärung. C.H. Beck, München

[Bearbeiten] Weblinks

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