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Grossmünster

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Die Westfassade des Grossmünsters vom rechten Limmatufer aus gesehen
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Die Westfassade des Grossmünsters vom rechten Limmatufer aus gesehen

Das Grossmünster ist eine evangelisch-reformierte Kirche in der Altstadt von Zürich. Die Kirchenpatrone sind Felix und Regula sowie Exuperantius. Bis zur Reformation war das Grossmünster zugleich Teil eines weltlichen Chorherrenstifts und Pfarrkirche. Das Grossmünster gehört zusammen mit dem Fraumünster und der St. Peter-Kirche zu den bekanntesten Kirchen der Stadt Zürich. Seine charakteristischen Doppeltürme sind das eigentliche Wahrzeichen Zürichs.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Name

Der Name «Grossmünster» stammt erst aus dem 14. Jahrhundert. Ursprünglich wurde die Kirche in den Urkunden schlicht mit «Zürcher Kirche» (Turicina ecclesia) bezeichnet. 1272 taucht das «Münster» in der Bezeichnung Monasterium praepositurae Thuricensis erstmals auf. Monasterium, deutsch Münster, ist die lateinische Bezeichnung für Kloster. «Grossmünster» erscheint erstmals 1322, wohl zur Unterscheidung vom kleineren Fraumünster.

Die Prozessionsachse Grossmünster, Wasserkirche und Fraumünster auf dem Murerplan von Zürich (1576)
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Die Prozessionsachse Grossmünster, Wasserkirche und Fraumünster auf dem Murerplan von Zürich (1576)

[Bearbeiten] Gründungslegende

Erste schriftliche Belege für die Gründungslegende des Grossmünsters finden sich aus dem 8. Jahrhundert. Die Wallfahrt zu den Gräbern der als Heilige verehrten Felix und Regula ist wohl älter. Felix und Regula gehörten der sog. Thebäischen Legion an, die im 3. Jahrhundert n. Chr. in Agaunum, dem heutigen St. Maurice, wegen ihrem Übertritt zum Christentum kollektiv den Märtyrertod erlitt. Sie flohen nach Zürich, wo sie ebenfalls hingerichtet wurden. Nach ihrer Enthauptung auf der kleinen Limmatinsel, auf der heute die Wasserkirche steht, sollen die Leiber der Patrone ihre abgeschlagenen Köpfe noch 40 Ellen bergaufwärts getragen haben bis zu der Stelle, an der sie begraben werden wollten. Die Gräber sollen dann erst von Karl dem Grossen wieder entdeckt worden sein. Der habe einst einen Hirsch von Aachen bis nach Zürich verfolgt, als sein Pferd plötzlich in die Knie ging, um den Gräbern der Heiligen die Referenz zu erweisen. Karl habe darauf die Gebeine heben lassen und zur Ehre der Heiligen die Kirche und die Propstei Grossmünster gegründet. Die Gräber der Heiligen waren bis zur Reformation in der sog. Zwölfbotenkapelle für die Pilger zugänglich. In der gleichen Kapelle wurden auch Reliquien Karls des Grossen aufbewahrt, die 1233 nach Zürich überführt worden waren.

[Bearbeiten] Die Propstei St. Felix und Regula

Die Propstei wies im Mittelalter 24 Chorherren und 32 Kaplane auf und war neben der Kathedrale in Konstanz das bedeutendste Stift im historischen Bistum Konstanz. An der Spitze des ursprünglichen Konvents stand spätestens seit 1114 ein Propst, den das Stift gemäss der Privilegien wie den Priester selbst wählen durfte. Als Reichsstift verfügte das Grossmünster rund um Zürich über Güter und Einkünfte. Albisrieden, Schwamendingen, Fluntern, Höngg und Meilen waren die wichtigsten Güter. Daneben reichte Streubesitz bis an Töss, Rhein, Reuss, Zuger- und Obersee. Die Vogt- und Gerichtsrechte wurden nach der Reformation an den Rat von Zürich übertragen. Der Grundbesitz verblieb bis zur endgültigen Aufhebung des Stifts 1832 beim Grossmünster. Bedeutende Chorherren in der Geschichte des Stiftes waren Rudolf von Homberg, Berater Kaiser Heinrichs V. und Bischof von Basel, Konrad von Mure, Johannes II. von Zürich, Kanzler König Albrechts, Bischof von Eichstätt und Strassburg. Nach der Reformation widmete sich das Chorherrenstift der Pflege des theologischen Nachwuchses. Das sog. Carolinum wurde zur Keimzelle der heutigen Universität Zürich (gegründet 1833), die in ihrem Siegel immer noch auf das Grossmünster weist. Anstelle der Stiftsgebäude erhebt sich heute der neoromanische Bau der theologischen Fakultät der Universität Zürich.

[Bearbeiten] Baugeschichte

Erste Vorgängerbauten des Grossmünsters sind nur vermutet. Archäologische Funde weisen auf ein römisches Gräberfeld in dem Bereich hin. Es bestand wohl ein kleineres Memorialgebäude und ein Konvent zur Betreuung von Pilgern. 870 wurde der Konvent von Karl dem Dicken in ein Chorherrenstift umgewandelt. Das Grossmünster stand als Grablege in einem Zusammenhang mit der Wasserkirche, der Hinrichtungsstätte, und dem Fraumünster auf der anderen Seite der Limmat, in dem die wichtigsten Reliquien der Heiligen aufbewahrt wurden. Verbunden durch den Münstersteg bildeten die drei Kirchen eine Prozessionsachse.

Reste eines Vorgängerbaus der heutigen Kirche wurde bei Renovationsarbeiten in den dreissiger Jahren entdeckt und dem 11. Jahrhundert zugewiesen. Die heute noch bestehende romanische Kirche wurde um 1100 begonnen und 1220 vollendet. Der Vorgängerbau wurde dazu schrittweise abgebrochen. Der Bau wurde in sechs Etappen vollzogen, die jeweils Abweichungen vom ursprünglichen Bauplan aufweisen, da neue Trends in der Architektur aufgenommen wurden. Veränderungen im Innern und Äussern der Kirche wurden jedoch fortlaufend bis ins zwanzigste Jahrhundert vorgenommen. Erst zwischen 1487 und 1492 wurden die Türme auf Initiative von Hans Waldmann auf gleiche Höhe gebracht und mit Nadelhelmen versehen. 1498 noch der Dachreiter in seiner heutigen Form vollendet.

Die deutschschweizerische Reformation ging vom Grossmünster aus, da der Reformator Huldrych Zwingli seit 1519 dort als Leutpriester predigte. Auf seine Initiative liess der Stadtrat von Zürich 1524 die Altarbilder aus der Kirche entfernen. 1526 wurde vor dem Chor ein Kanzellettner eingebaut, der aus den zerstörten Altären der Zürcher Kirchen bestand. Damit wurde die Umnutzung der Kirche deutlich. Nicht mehr «Gottesdienst» an den Altären im Chor, sondern die Predigt stand nun im Zentrum. Die Überreste von Felix und Regula wurden von Zwinglis Nachfolger, Heinrich Bullinger, aus der Zwölfbotenkapelle entfernt. Dabei seien nur einige Knochenreste, Kohle, ein Ziegelstein und eine Haselnuss zum Vorschein gekommen.

Das Grossmünster mit den Louis-XVI.-Balustraden 1770
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Das Grossmünster mit den Louis-XVI.-Balustraden 1770

1763 zerstörte ein Blitzschlag den Glockenturm. Danach wurden 1770 die Türme mit einer flachen Terrasse und Louis-XVI.-Balustraden versehen. 1781 bis 1787 entstanden die heutigen neugotischen charakteristischen Turmabschlüsse durch Johann Caspar Vögeli und Johannes Haggenmiller. Am Nordturm wurde das romanische Glockengeschoss abgerissen und durch eine Kopie des spätgotischen Südturms ersetzt. Beide Türme wurden zudem mit einer Wächterstube aufgestockt. Auch im Innern wurde sanft umgebaut – ein Abriss und Neubau der Kirche durch Gaetano Matteo Pisoni scheiterte nämlich am Widerstand des Stifts. Die barocke Innenausstattung wurde im 19. Jahrhundert wieder zerstört.

Ab 1845 wurde das Grossmünster massiv umgestaltet. Das Treppenhaus zu den Emporen über dem nördlichen Hauptportal wurde abgerissen und ins Innere verlegt – und zwar exakt in den Teil der ehemaligen Zwölfbotenkapelle, wo sich die Heiligengräber befunden hatten. Der Baumeister August Stadler liess auch den Lettner abreissen. 1849 wurde das Stiftsgebäude abgebrochen und bis 1897 sämtliche barocken Elemente wie Stuckaturen und Gips entfernt. Man wollte ganz nach dem denkmalpflegerischen Verständnis des 19. Jahrhunderts den ursprünglichen romanischen Innenraum wiederherstellen und zerstörte dazu jüngere Bausubstanz völlig bedenkenlos. 1913–15 wurde die Innenrenovation und gleichzeitige Rekonstruktion durch den Stadtbaumeister Gustav Gull und den Kantonsbaumeister Hermann Fietz abgeschlossen. Das Äussere wurde 1931–1936 gründlich renoviert, wobei die Türme etwas verändert wurden. 1989/90 wurden diese Veränderungen wieder rückgängig gemacht.

[Bearbeiten] Baubeschreibung

Sitzfigur Karls des Grossen am Südturm
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Sitzfigur Karls des Grossen am Südturm

Typisch für die deutsche Romanik ist die Westfassade ohne Portal. Die Hauptfassade liegt im Norden. Das triumphtorartige Hauptportal ist der Anfang des Prozessionsweges von den Gräbern der Heiligen Felix und Regula bis zu deren Reliquien im Fraumünster. Das Portal hat nur wenig romanische Originalsubstanz. Auf dem linken Kapitell ist König David mit einem Streichinstrument abgebildet. Seit 1950 sind am Türsturz folgende Worte Zwinglis zu lesen: «Verschaffend dass das Gottlich Wort Truewlich by üch gepredget werde + damit werdend ir üwer vatterland behalten + ob's glych dem Tüfel Leid wär + denn wo Gotzforcht ist + da ist die Hilff Gottes + Huldriych Zwingli». Die 1950 von Otto Münch geschaffene Bronzetüre zeigt einzelne biblische Geschichten. Auch die Tür der Südfassade stammt von Münch und zeigt Bilder aus der Reformationsgeschichte.

Die Westfassade ist geprägt von einem quaderförmigen Doppelturm. Am Südturm sieht man in Richtung Limmat eine Sitzfigur Kaiser Karls des Grossen. Der Nordturm wird von einem Relief des Reformators Heinrich Bullinger geziert. Hoch darüber schwebt ein Pferd mit Reiter, das die älteste Reiterdarstellung nördlich der Alpen sein soll. Die Figur stammt von ca. 1180 und könnte ein Herrschaftszeichen des Stadtherrn Berchthold IV. von Zähringen sein, das auf die benachbarte Pfalz hinweist. Des Weiteren beherbergt der Nordturm das vierstimmige Geläut aus dem Ende des 19. Jahrhunderts in der Tonfolge c' - e' - g' - c".

Grossmünster und Wasserkirche von der Münsterbrücke aus gesehen
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Grossmünster und Wasserkirche von der Münsterbrücke aus gesehen

Der Innenraum des Großmünsters ist sehr schlicht gehalten. Er enthält nur eine Kanzel (1853) und einen Taufstein (1598), der zugleich als Abendmahltisch dient. Im Chor sind seit 1933 drei farbige Fenster von Augusto Giacometti zu sehen, die die Weihnachtsgeschichte erzählen. Weiter sehenswert sind die romanischen Kapitelle im Schiff, und Reste der ursprünglichen Ausmalung im Chor. An der Nordwand ist in einer Nische eine kleine Darstellung des Schweisstuches der Veronika aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Die Orgel mit 67 Registern wurde 1960 eingebaut.

Ausschnitt aus dem geretteten Teil des Altarbilds von Hans Leu d.Ä.: Felix, Regula und Exuperantius
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Ausschnitt aus dem geretteten Teil des Altarbilds von Hans Leu d.Ä.: Felix, Regula und Exuperantius

In der Krypta, dem ältesten Teil der Kirche, sind stark verblasste Wandmalereien aus dem 14./15. Jahrhundert zu sehen, die das Martyrium der Patrone Felix und Regula darstellen. Sie werden Hans Leu d. Ä. zugeschrieben. Hier ist auch das Original der Sitzfigur Karls des Großen vom Südturm deponiert. Auch im Rest der ehemaligen Zwölfbotenkapelle sind Reste von Fresken zu sehen und ein Modell des ursprünglichen Münsterbaus. Von der ehemaligen Ausstattung der Zwölfbotenkapelle ist ein Teil der ältesten Zürcher Stadtansicht von Hans Leu d. Ä. gerettet worden. Die Tafeln wurden stark verkleinert und teilweise übermalt, da die im Vordergrund abgebildeten Szenen aus dem Martyrium der Stadtheiligen nach der Reformation nicht mehr interessant waren. Kopien der Tafeln können im Baugeschichtlichen Archiv der Stadt Zürich, die Originale im Schweizerischen Landesmuseum besichtigt werden.

2005 hat die Kirchgemeinde einen Einladungswettbewerb veranstaltet, um die bisher weiß gebliebenen Fenster im Längsschiff neu zu gestalten. Die Mittel dazu stehen zur Verfügung dank einem Legat mit künstlerischem Auftrag. 2006 fiel die Wahl auf den Gegenwartskünstler Sigmar Polke. Polkes Projekt wird ab Herbst 2007 die hinteren Fenster des Schiffs mit abstrakten Mustern aus geschnittenen Achaten und die vorderen mit buntem gerasterten Glas versehen. Gegen den Chor hin sollen die bunten Glasfenster vom Abstrakten ins Figurative übergehende Darstellungen mit alttestamentlichen Bezügen enthalten.

Siehe auch: Kirchen und Klöster in der Stadt Zürich im Mittelalter, Geschichte der Stadt Zürich, Wasserkirche, Fraumünster, Huldrych Zwingli

[Bearbeiten] Veranstaltungen im Grossmünster Zürich

Im Grossmünster gibt es nebst Gottesdiensten viele andere Veranstaltungen, wie z.B. Orgelkonzerte. In der Woche vor Ostern singt La Lupa jeweils Lamenti vom Grossmünsterturm herab.

[Bearbeiten] Links

[Bearbeiten] Literatur

  • Daniel Gutscher, Das Grossmünster in Zürich. Eine baugeschichtliche Monographie, (Beiträge zur Kunstgeschichte der Schweiz, 5), Bern 1983 ISBN 3-85717-017-4


Koordinaten: 47° 22′ 12" n. Br., 8° 32′ 39" ö. L.

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