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Gethsemanekirche (Berlin)

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Die Gethsemanekirche
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Die Gethsemanekirche

Die evangelische Gethsemanekirche ist die bekannteste Kirche im Berliner Bezirk Pankow. Sie wurde 1891-93 nach Plänen von August Orth erbaut und verdankt ihre Bedeutung nicht zuletzt ihrer Rolle während der friedlichen Revolution in der DDR im Herbst 1989.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Lage und städtebauliches Umfeld

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Lage der Gethsemanekirche
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Lage der Gethsemanekirche

Die Gethsemanekirche steht an der Ecke Stargarder Straße und Greifenhagener Straße im Norden des Ortsteils Prenzlauer Berg, rund 100 Meter östlich der Schönhauser Allee, in der Nähe des gleichnamigen Ring- und Hochbahnhofs. Die Kirche ist nach Osten ausgerichtet, der Westturm bildet die Schaufassade zur genannten Straßenkreuzung hin. Die Gethsemanestraße umschreibt den Chor und die Nordseite der Kirche und bildet mit den anderen beiden Straßen einen Platz, in dessen Mitte die Kirche steht.

Die Fassaden der den Platz begrenzenden Wohnhäuser gehören zu den prächtigsten in Prenzlauer Berg, einem als Arbeiterviertel entstandenem Bezirk, der im Vergleich zu den westlichen Gründerzeitbezirken Berlins (etwa Charlottenburg oder Schöneberg) nur wenige repräsentativ gestaltete Wohnhäuser aufweist.

Die Kirche bildet eine markante städtebauliche Dominante, die Stargarder Straße besitzt in Höhe der Kirche einen leichten Knick, sodass der Turm im ganzen Verlauf der Straße am Ende der Sichtachse zu sehen ist.

Die Wohnviertel der Umgebung (die Quartiere Helmholtzplatz und Falkplatz) erlebten seit 1990 einen weitgehenden Austausch der Bevölkerung, sie besteht heute aus weit überdurchschnittlich vielen jungen Erwachsenen und jungen Familien.

[Bearbeiten] Baugeschichte

Das rasante Wachstum Berlins Ende des 19. Jahrhunderts erzeugte großen Bedarf nach immer neuen öffentlichen Einrichtungen für die neu anzusiedelnde Bevölkerung. Im wenig wohlhabenden Norden Berlins, von einfachen, dicht bebauten Wohnhäusern ("Mietskasernen") geprägt, bildeten die Gotteshäuser neuer Kirchengemeinden neben den zahlreichen entstehenden Schulen die einzigen städtebaulichen Dominanten. Wie in Berlin üblich, erhielten dabei die evangelischen Gotteshäuser repräsentative Standorte, meist auf Quartiersplätzen, während die katholischen Kirchen meist mit gewöhnlichen Wohnhausgrundstücken vorliebnehmen mussten.

Zu den größten Grundeigentümern im Norden Berlins gehörte Wilhelm Griebenow, der bereits 1823 das große Teile des heutigen Bezirks umfassende Königliche Vorwerk vor dem Schönhauser Tor erwarb und durch Parzellierung und Verkauf des Geländes ein beachtliches Vermögen erwirtschaftete. Seine Witwe Caroline schenkte der Gemeinde das Grundstück an der Stargarder Straße und ermöglichte damit den Bau der Gethsemanekirche. Am 20. März 1891 fand die feierliche Grundsteinlegung statt. Nicht einmal zwei Jahre später, am 26. Februar 1893, konnte die Kirche eingeweiht werden. Die neue Kirchengemeinde war eine Tochtergründung der Zionsgemeinde, deren Kirche 1866-73 ebenfalls von August Orth erbaut worden war. Den Namen Gethsemane bestimmte der zur Weihe anwesende Kaiser Wilhelm II.

[Bearbeiten] Baubeschreibung

Innenraum nach Westen
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Innenraum nach Westen

Wie die Zionskirche ist auch Gethsemane eine interessante Mischung aus Zentral- und Längsbau. Von außen den Eindruck einer longitudinalen Hallenkirche mit klar erscheinendem Querschiff erweckend, ist im Innern die Vierung als großes Oktogon mit Sterngewölbe ausgeführt, das große Teile des Innenraums einnimmt und eine zentralisierende Wirkung erzeugt. Das Querschiff ist im Innern kaum erkennbar, auch die Seitenschiffe verschwinden unter den üppigen, mit Ausnahme des Chors um den ganzen Innenraum herumgezogenen Emporen.

Auch stilistisch ist der Bau nicht eindeutig zuzuordnen. Neben romanisierenden (der romanische Stil war im Wiesbadener Programm eigentlich als Standard für evangelische Kirchen vorgegeben worden) Elemente, wie Rundbogenfenster oder die Fensterrose der Westfassade dominieren gotisierende Baudetails das Gebäude, etwa die Kreuzrippengewölbe, die Bündelpfeiler oder die Maßwerkfenster. Die Proportionen des Innenraums haben jedoch nichts mit einer mittelalterlichen Kirche gemeinsam, die wild komponierten Emporen (im Westen doppelgeschossig) erinnern eher an barocke Ausgelassenheit.

Der Bau schließt im Osten mit einer Apsis, umgeben von einem Chorumgang, der die Sakristei und Gemeinderäume enthält.

Der Außenbau wirkt strenger als der Innenraum. Es dominiert der hohe Westturm, ein viergeschossiger Bau auf quadratischem Grundriss, gekrönt von einer steilen achteckigen Turmspitze. Im Erdgeschoss befindet sich, hinter dem monumentalen Portal, eine gewölbte Eingangshalle. Die Außenwände der Kirche sind durch kräftige Strebepfeiler gegliedert, die an den Gebäudeecken von Fialtürmchen gekrönt sind.

[Bearbeiten] Kunstwerke

Der Geistkämpfer von Ernst Barlach
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Der Geistkämpfer von Ernst Barlach

Im südlichen Querschiff steht die expressionistische Holzplastik Betender Christus (Wilhelm Groß, 1923). Sie erinnert an die Begebenheit, die der Kirche den Namen gab: Stunden vor seiner Gefangenname, im Garten Gethsemane in Jerusalem, betete Jesus zu Gott und flehte, vom vorbestimmten Schicksal verschont zu werden: Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mit vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst (Mt 26, 36-46). Den Moment der Schwäche des Menschen Jesus, der um sein Leben bittet, bringt die Plastik berührend zum Ausdruck. Sie ist ein Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und unterscheidet sich deutlich von den damals häufigeren, den sogenannten "Heldentod" verherrlichenden Arbeiten der Zwischenkriegszeit.

Vor dem Westportal steht seit 1993 der Segnende Christus aus der ehemaligen Versöhnungskirche, die mitten im Mauerstreifen an der Bernauer Straße stand und im Januar 1985 von den DDR-Grenztruppen gesprengt wurde.

Vor der Südwand der Kirche steht die 4,60 m hohe Bronzeplastik Der Geistkämpfer, ein Abguss des 1928 vom expressionistischen Bildhauers Ernst Barlach geschaffenen Werks, das im Auftrag der Stadt Kiel für die dortige (und im Krieg zerstörte) Heilig-Geist-Kirche entworfen wurde. Das vom Ost-Berliner Magistrat 1990 angekaufte Exemplar war als Mahnmal gegen die faschistische Bücherverbrennung (auf dem Bebelplatz in Berlin-Mitte) vorgesehen, für diesen Standort aber zu klein. Seit dem 8. November 1995 steht es an der Gethsemanekirche, zu Ehren der Demokratiebewegung in der DDR.

Im Garten, zur Stargarder Straße hin, befindet sich außerdem das Relief Widerstand von Karl Biedermann. Es wurde in den 80er Jahren zu Ehren des Widerstands gegen den Faschismus geschaffen und sollte auf der Brücke der Schönhauser Allee über die Ringbahn stehen, wurde jedoch abgelehnt, weil es keine Symbole des Kampfes gegen den Faschismus enthielt. Seit dem 3. Oktober 1990 steht es an der Gethsemanekirche und erinnert an die Ereignisse des Herbstes 1989.

[Bearbeiten] Der Herbst 1989

Der Segnende Christus aus der gesprengten Versöhnungskirche
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Der Segnende Christus aus der gesprengten Versöhnungskirche

Während der 80er Jahre war die Gethsemanekirche, ebenso wie die Zionskirche, ein Sammelpunkt für Oppositionelle und die DDR-Friedensbewegung. Die Gemeinde veranstaltete Fürbittgottesdienste, Friedensgebete und öffentliche Diskussionen zum Kirchentag 1987, nach den Verhaftungen auf der Luxemburg/Liebknecht-Demonstration am 17. Januar 1988 (auf der Transparente mit dem Luxemburg-Zitat Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden gezeigt wurden), den gefälschten Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 und nach dem Massaker an der chinesischen Demokratiebewegung am 4. Juni 1989.

Ab 2. Oktober 1989 war die Kirche Tag und Nacht geöffnet, die Mahnwachen (das Motto Wachet und betet war wiederum der Gethsemane-Geschichte des Matthäusevangeliums entnommen) und Diskussionsveranstaltungen wurden von Tausenden besucht, ein Meer brennender Kerzen bedeckte den Vorplatz und wurde zum Symbol für den gewaltfreien Protest. Am 7. Oktober, dem Nationalfeiertag der DDR (40. Jahrestag der Staatsgründung), gingen Einheiten der Volkspolizei und der Staatssicherheit in der Schönhauser Allee mit Gewalt gegen Demonstranten vor, von denen sich viele in die Gethsemanekirche flüchten konnten. Trotzdem wurden über 500 Menschen verhaftet und teilweise mehrere Wochen gefangengehalten.

Am 9. Oktober fordert Bischof Gottfried Forck in der Gethsemanekirche die DDR-Führung auf, deutlich und glaubhaft Schritte einzuleiten, damit [...] eine demokratische und rechtsstaatliche Perspektive für die DDR gefunden wird (zit. nach Grosinski:205).

Nach dem Rücktritt der alten DDR-Führung war die Kirche Treffpunkt und Diskussionsforum der Bürgerbewegung. Zur Eröffnung der ersten und einzigen frei gewählten Volkskammer im März 1990 kam diese hier zu einem Gottesdienst zusammen.

[Bearbeiten] Die Gethsemanekirche seit 1990

Das politische-friedensbewegte Engagement der Gemeinde blieb auch nach der Wiedervereinigung erhalten, seit dem Zweiten Golfkrieg (1991) finden wieder regelmäßige Friedensgebete statt. Aufmerksamkeit, die wenigstens annähernd mit den Ereignissen von 1989 vergleichbar war, konnte die Kirche jedoch nur noch einmal erlangen, mit einem kirchenpolitischen Ereignis: während des Ökumenischen Kirchentags 2003 fand hier die erste im Vorfeld öffentlich angekündigte gemeinsame Abendmahlsfeier evangelischer und katholischer Christen statt. Papst Johannes Paul II. hatte die gemeinsame Eucharistiefeier zuvor ausdrücklich verboten. Die Beteiligung an der Feier war dennoch riesig, so dass sich der Besucherstrom bis auf die Stargarder Straße staute. Der beteiligte katholische Priester Gotthold Hasenhüttl wurde vom zuständigen Bischof Reinhard Marx wegen seines Verstoßes gegen die Kirchendisziplin anschließend suspendiert.

[Bearbeiten] Quellen

Commons: Gethsemanekirche – Bilder, Videos und/oder Audiodateien
  • Grosinski: Prenzlauer Berg. Eine Chronik. Dietz Berlin 1997. ISBN 3-320-01938-4.
  • Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler: Berlin. DKV Berlin 2000. ISBN 3-422-03071-9 (Seite 322).
  • Gemeindekirchenrat der Ev. Kirchengemeinde Prenzlauer Berg Nord (Hrsg.): Gethsemanekirche (Faltblatt, 2003).

Koordinaten: 52° 32′ 51" n. Br., 13° 25′ 0" ö. L.

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