Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Geschlechts-Chromatin - Wikipedia

Geschlechts-Chromatin

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Der Zellkern eines menschlichen, weiblichen Fibroblasten wurde mit dem blau fluoreszierenden DNA-Farbstoff DAPI angefärbt, um das Barr Körperchen, also das inaktive X-Chromosom darzustellen (Pfeil). Außerdem wurde im gleichen Kern eine Sonderform eines Histons (macroH2A) mit Antikörpern nachgewiesen, die an einen grünen Fluoreszenz-Farbstoff gekoppelt waren. Diese Histon-Sonderform ist im Barr-Körperchen angereichert.
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Der Zellkern eines menschlichen, weiblichen Fibroblasten wurde mit dem blau fluoreszierenden DNA-Farbstoff DAPI angefärbt, um das Barr Körperchen, also das inaktive X-Chromosom darzustellen (Pfeil). Außerdem wurde im gleichen Kern eine Sonderform eines Histons (macroH2A) mit Antikörpern nachgewiesen, die an einen grünen Fluoreszenz-Farbstoff gekoppelt waren. Diese Histon-Sonderform ist im Barr-Körperchen angereichert.

In weiblichen Zellkernen liegt während des G1- und G2-Stadiums der Interphase der Mitose eines der beiden weiblichen X-Chromosomen im inaktivierten Zustand als randständige Chromatin-Verdichtung vor, die man als Geschlechts-Chromatid, X-Chromatid, Sex-Chromatid oder als Barr-Körper (Barr body) bezeichnet. In männlichen Zellkernen lässt sich das so genannte Y-Chromatid (F-body) nachweisen.

Bei Säugetieren wird das Geschlecht durch die Ausstattung an Chromosomen festgelegt. Weibchen besitzen zwei X-Chromosomen, Männchen ein X- und ein Y-Chromosom, Diese Geschlechtschromosomen werden auch als Gonosomen bezeichnet. Dadurch kommt es bei Weibchen zu dem Problem, dass die Gene des X doppelt so häufig transkribiert werden würden als nötig wäre. Um dieses Ungleichgewicht in der Gendosis zu kompensieren, wird daher ein zufällig ausgewähltes X-Chromosom inaktiviert, was dadurch geschieht, indem ein X-Chromosom stärker verpackt wird. Deswegen wird es optisch dichter und besser anfärbbar.

Diesen Effekt entdeckte 1949 Murray Llewellyn Barr, der es zusammen mit Ewart George Bertram 1949 als erster im entsprechenden Zusammenhang publizierte. Mary Frances Lyon veröffentlichte Anfang der 60er Jahre dann die Hypothese, dass eines der X-Chromosomen in jeder Zelle inaktiviert wird und wann dies geschieht (circa 16. Tag der Embryogenese des Menschen). Sie prägte auch den Begriff "Barr-Körper" (englisch: Barr body).

[Bearbeiten] Molekularer Mechanismus

Die Inaktivierung des X-Chromosoms wird durch die Xist RNA (X inactive specific transcript RNA) ausgelöst, deren Gen in der XIC-Region (X inactivating center) nahe dem Centromer des X-Chromosoms kodiert ist.

Das Xist-Gen auf dem X-Chromosom der Mutter liegt in der Eizelle zunächst methyliert, also inaktiv vor, das X-Chromosom ist dementsprechend aktiv. Kommt mit dem Spermium ein Y-Chromosom hinzu, so bleibt das Xist-Gen methyliert. Kommt jedoch ein weiteres X-Chromosom hinzu, so liegt bei ihm das Xist-Gen nicht methyliert vor (das Xist-Gen wird nur bei der Spermatogenese exprimiert). Es entsteht die Xist RNA und auch das zweite X-Chromosom wird inaktiviert. Dieser Zustand ist jedoch nicht stabil, da für die Aufrechterhaltung das eed-Protein benötigt wird und dies ebenfalls auf dem X-Chromosom kodiert vorliegt. Dadurch werden im Morula-Stadium beide X-Chromosomen und somit das Xist-Gen wieder aktiv. Diesmal wird jedoch nur ein X-Chromosom inaktiviert, wobei entweder das väterliche oder das mütterliche X-Chromosom ausgeschaltet wird. Da dies erst im mehrtägigen Embryo (bei der Maus nach dem siebten Tag, bei Menschen nach 16 Tagen) erfolgt, sind Säugerweibchen sogenannte genetische X-Mosaike. Dies lässt sich zum Beispiel an der Fellfarbe von Mäusen gut erkennen.

Mit der Inaktivierung des X-Chromosoms kommt es zu folgenden molekularen Veränderungen:

  • viele Promotoren (insbesondere GC-Blöcke) werden methyliert und somit die Gene ausgeschaltet
  • die Histone H3 werden methyliert und die Histone H4 deacetyliert. Dadurch wird die DNA stärker an die Histone gebunden, was das Ablesen erschwert. Das inaktivierte X-Chromosom wird somit zum optisch dichteren Heterochromatin und wird als Barr-Körper bezeichnet.

Die Heterochromatinisierung geschieht beim Menschen nicht vollständig und gleichartig, weswegen bei heterozygot vorliegenden Allelen von X-chromosomal-rezessiv vererbten Krankheiten diese nicht ausbrechen müssen. Dies erklärt, warum Männer häufiger an solchen Krankheiten, wie die Bluterkrankheit erkranken. Ihnen fehlt das zweite X zum eventuellen Ausgleichen.

[Bearbeiten] Bedeutung

Üblicherweise besitzen Frauen (XX) ein Barr-Körperchen, Männer (XY) hingegen keines. Wird bei einer Frau jedoch kein Barr-Körperchen gefunden, handelt es sich entweder um einen (genetischen) Mann, dessen "Männlichkeits"-Gen auf dem Y-Chromosom defekt ist oder verloren gegangen ist, oder die Frau besitzt nur ein X-Chromosom (Genotyp X0). Man spricht beim letzteren Fall vom sogenannten Turner-Syndrom. Würde bei der Turner-Frau das einzige X inaktiviert werden, so wäre das tödlich (letal). Dies ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass X0-Zygoten zu über 90 Prozent der Fälle letal enden.

Besitzt eine Frau mehr als einen Barr-Körper, so spricht man allgemein vom Triplo-X-Syndrom, egal ob nun zwei oder mehr Barr-Körperchen gefunden werden. Es gibt jedoch auch Männer mit einem oder mehr Barr-Körperchen (XXY, XXXY etc.). Diese haben das sogenannte Klinefelter-Syndrom.

Der sogenannte "Barr-Test", bei dem Haare, Mundschleimhaut oder Blut zum Testen benutzt wird, gehört zum Beispiel bei großen Sportwettkämpfen zum Pflichtprogramm der medizinischen Untersuchungen der Teilnehmer. Er ersetzte bei den Olympischen Spielen 1968 die vorher übliche optische Untersuchung, nachdem die Sportler dies als entwürdigend kritisiert hatten. Diese wurde Mitte der 1950er Jahre eingeführt, nachdem bekannt wurde, dass sich der deutsche Athlet Hermann Ratjen bei den Olympischen Spielen 1936 seine Genitalien zusammengebunden hatte und als "Dora" beim Hochsprung teilgenommen hatte.

[Bearbeiten] Weblinks

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