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Ferdinand Ochsenheimer

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Ferdinand Ochsenheimer (* 17. März 1767 in Mainz; † 2. November 1822 in Wien) war ein deutscher Schauspieler und Lepidopterologe (Schmetterlingskundler).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Ochsenheimer wuchs in Mainz auf und zeigte schon in seiner Jugend erstes Interesse an Schmetterlingen. Im Alter von zwölf Jahren kam er bei einem Sattler in die Lehre. Als jedoch seine Begabung erkannt wurde, ermöglichten ihm einige Freunde seines Vaters das Studium der Naturwissenschaften. Am 16. September 1788 wurde er zum Doktor der Philosophie promoviert. Es folgten Anstellungen als Erzieher bei Stadtkommandant Baron von Dallwigh in Mannheim, danach bei Baron von Reipelt. In Mannheim verfasste Ochsenheimer erste kleine Lustspiele („Er soll sich schlagen“, „Der Brautschatz“).

Erst mit 27 Jahren entschloss er sich, Schauspieler zu werden und trat 1794 in die Quandt’sche Schauspieltruppe in Bayreuth ein. Seinen ersten Auftritt hatte er am 12. November 1794 als Flickwort im „Schwarzen Mann“ von Gotter. Ochsenheimer versuchte sich zunächst in mehreren Fächern – unter anderem wurde er als Tenor an der Oper beschäftigt – bis er sich nach Erfolgen als Gebhard in „Portrait der Mutter“ und als Fallbring in „Dienstpflicht“ aufs Schauspielfach festlegte. 1796 erhielt er einen Ruf zur Döbbelinschen Bühne in Stargard. Auf der Reise dorthin spielte er im kürfürstlichen Hoftheater in Leipzig den Fallbring und den Stepanoff, worauf er sofort engagiert wurde, zunächst jedoch bis Ende des Jahres seinen Verpflichtungen in Stargard und Frankfurt (Oder) nachkommen musste. Anfang 1797 kam er dann nach Dresden und wurde eines der beliebtesten Mitglieder einer Schauspieltruppe, die abwechselnd in Dresden und Leipzig spielte.

1798 stellten sich Überanstrengungserscheinungen ein. Der Arzt verordnete ihm mehr Bewegung; auf seinen Spaziergängen begann Ochsenheimer wieder der Lepidopterologie zu frönen „und unvermerkt hatte er zur Erholung von einem Geschäfte ein zweites, nicht minder mühevolles übernommen“ [1]. Um diese Zeit lernte er den Theaterdichter Friedrich Treitschke kennen, der damals aus der Schweiz nach Leipzig zurückkehrte und mit ihm das Interesse an der Lepidopterologie und an der Schauspielerei teilte. 1801 spielte Ochsenheimer den Talbot in „Die Jungfrau von Orleans“, wobei Schiller der Vorstellung am 17. September beiwohnte und sich sehr zufrieden über seine Leistung äußerte. Er erhielt Angebote für Gastrollen an fast allen größeren Theatern. Da im Sommer nicht täglich gespielt wurde und er sich nicht mehr so intensiv beruflich engagierte, hatte er Zeit für lepidopterologische Exkursionen, die ihn bevorzugt ins Rosental und ins Universitätsholz führten. 1802 machte er bei einem Gastspiel am Königlichen Hoftheater in Berlin die Bekanntschaft von Jacob Heinrich Laspeyres, der ihn ermutigte, Passagen aus seinem entomologischen Tagebuch zu veröffentlichen. Er begann sofort mit der Arbeit, legte das Werk jedoch sehr umfangreich an, so dass erst 1805 der erste Teil (die Tagfalter) seiner Naturgeschichte der Schmetterlinge von Sachsen erschien. Wegen Problemen mit dem Verleger musste er das Werk jedoch abbrechen und nahm stattdessen eine noch ausführlichere Darstellung unter dem Titel „Die Schmetterlinge von Europa“ in Angriff. Im selben Jahr unternahm er eine Tournee nach Frankfurt, Mannheim und Mainz sowie nach Frankfurt, wo er alle Freizeit der Arbeit in der schon damals berühmten entomologischen Sammlung von Johann Christian Gerning widmete. Im Dezember erhielt er eine Einladung nach Berlin, wo er wiederum mit Laspeyres Erfahrungen austauschte.

Im Mai 1807 spielte er zwölf Gastrollen in Wien, wo Treitschke inzwischen am k. k. Hoftheater wirkte und wo man Ochsenheimer gern dauerhaft angestellt hätte. Im Juli kam Treitschke nach Dresden und es gelang ihm, Ochsenheimers Vertrag mit der Dresdner Bühne zu lösen. Anfang November kam Ochsenheimer nach Wien und im selben Jahr erschien der erste Band der „Schmetterlinge von Europa“. Obwohl eigentlich eine überarbeitete Version der Tagfalter von Sachsen enthielt das Werk bedeutend mehr Fakten und eine Reihe von neuen Arten, die Ochsenheimer teils von Hoffmannsegg aus Portugal erhalten, teils in Wiener Sammlungen (aus Südfrankreich und Russland) oder in der Gerning-Sammlung gefunden hatte. Da er in Wien nicht sofort voll beschäftigt wurde (man wollte die Rollen ihren alten Besitzern nur nach und nach nehmen), konnte er noch 1808 den zweiten Band (Sphingidae, Zygaenidae, Sesiidae) vollenden. In diesem Jahr musste Treitschke aus Gesundheitsgründen eine Arbeitspause einlegen, begann sich wieder stärker mit der Lepidopterologie zu beschäftigen und wurde Ochsenheimers Begleiter auf den meisten Exkursionen. 1810 erschien der dritte Band (die sogenannten „Spinner“ einschließlich der Psychidae). Ochsenheimer erwarb die Sammlung Radda, Treitschke kaufte eine kleinere Sammlung und beide wurden vereinigt. Mit dieser Grundlage ging Ochsenheimer die weiteren Bände an, „aber seine Kräfte nahmen seit 1815 ab“ [1]. Der vierte Band, unter Mithilfe von Treitschke beendet, enthielt Nachträge zu den ersten Bänden sowie einen Systementwurf der Eulenfalter (Noctuidae) und erschien 1816. 1817 wurde Ochsenheimer beauftragt, einen Teil der Schmetterlingssammlung des k. k. Hofmuseums nach seinem Werk zu ordnen, wobei er auch die ausländischen Arten integrierte, eine Arbeit die ihn über ein Jahr kostete. Seine Gesundheit ließ immer mehr nach. Vom nächsten Band seines Werkes konnte er nur noch einen Teil der ersten Gattung (Acronicta) bearbeiten, die Hauptarbeit erledigte Treitschke. Am 23. September 1822 wurde er nach einer Vorstellung ohnmächtig; am 2. November gegen 22 Uhr starb er.

[Bearbeiten] Werk und Leistung

Ochsenheimer war ein vorzüglicher Charakterdarsteller, der in seinem Mienenspiel und der Art seiner Betonung mit Iffland verglichen wurde. Von geradezu erschütternder Wirkung war er in Rollen von Bösewichtern, trefflich auch in komischen Alten und Pedanten. Zu seinen Glanzleistungen zählten Gottl. Koke (Parteiwut), Wurm (Kabale und Liebe) oder Marinelli (Emilia Galotti) [2]. Daneben veröffentlichte er dramatische Schriften, die zum Teil unter dem Pseudonym Theobald Unklar erschienen. So wie die meisten Komiker war er im Umgange melancholisch, trocken, fad, ja sogar langweilig, ausser wenn die Entomologie zur Sprache kam; auch war er ein abgesagter Weiberfeind. [3] Mehr in den anekdotischen Bereich gehört vermutlich diese Schilderung: Nach der Probe begab er sich sofort in die Umgegend der Stadt um zu sammeln, und kehrte erst kurz vor Beginn der Vorstellung zurück. Hatte er einen glücklichen Tag, so spielte er unübertrefflich und riss das Publikum zu frenetischem Beifalle hin. An Tagen aber, wo er wenig oder gar nichts erbeutet hatte, war er übelgelaunt und erhob sich nicht über die Mittelmässigkeit. „Heute,“ hiess es dann im Parterre, „hat Ochsenheimer bestimmt nichts gefangen.“ [3]

Auf entomologischem Gebiet war Ochsenheimer einer der einflussreichsten Lepidopterologen des frühen 19. Jahrhunderts. Sein Werk „Die Schmetterlinge von Europa“ wurde von Friedrich Treitschke erfolgreich fortgeführt und wuchs auf zehn Bände an. Neben einer Fülle von Informationen zur Biologie und Ökologie der einzelnen Arten enthält es sorgfältig und detailliert ausgeführte Erstbeschreibungen zahlreicher Arten, von denen hier nur einige der bekannteren genannt seien: Thymelicus lineola (Hesperiidae), Polyommatus eros, Iolana iolas (Lycaenidae), Psilogaster loti (Lasiocampidae), Hyles zygophylli (Sphingidae), Phalera bucephaloides (Notodontidae), Hoplodrina superstes, Polia serratilinea (Noctuidae), Pyropteron doryliformis, Synanthedon cephiformis (Sesiidae), Pachythelia villosella (Psychidae), Zygaena hilaris, Zygaena punctum, Zygaena angelicae (Zygaenidae) und andere. Weiter hat Ochsenheimer das Linnaeische System, das bereits um die Jahrhundertwende und danach durch Fabricius eine feinere Aufgliederung in Gattungen erfahren hatte, um viele neue Gattungen bereichert, darunter so bekannte Namen wie Zerynthia, Charaxes, Endromis, Aglia, Gastropacha, Thyatira, Notodonta, Acronicta, Plusia, Heliothis, Amphipyra, Caradrina, Cosmia, Xanthia, Apamea, Gortyna, Nonagria, Euclidia, Anarta, Mamestra, Polia, Mythimna, Orthosia, Agrotis, Orgyia, Colocasia und andere.

Zu Ehren Ochsenheimers wurden die Gattung Ochsenheimeria Hübner, 1825 (Ypsolophidae) sowie die Arten Nemophora ochsenheimerella (Hübner, 1813), Pammene ochsenheimeriana (Lienig & Zeller, 1846) und Pieris ochsenheimeri Staudinger, 1886 benannt.

In der zoologischen Literatur wird sein Name meist mit „O.“, seltener mit „Ochs.“ abgekürzt.

[Bearbeiten] Sammlungsverbleib

Ochsenheimers Sammlung, die ursprünglich 3772 Exemplare umfasste, kam 1824 ans Ungarische Nationalmuseum nach Budapest. Bei einer Überschwemmung 1838 stand sie fast zwei Tage lang unter Wasser. Danach wurde sie durch Emerich von Frivaldszky restauriert und umgesteckt. Später gelangte auch Treitschkes Sammlung an das Museum Budapest.

[Bearbeiten] Entomologische Werke

  • Ochsenheimer, F. (1806): Die Schmetterlinge Sachsens, mit Rücksichten auf alle bekannte europäische Arten. Teil 1. Falter, oder Tagschmetterlinge. – Leipzig (Schwickert). IV (recte VI) + 493 S.
  • Ochsenheimer, F. (1807): Die Schmetterlinge von Europa, Band 1. Leipzig (Fleischer). 2 + 323 S.
  • Ochsenheimer, F. (1808): Die Schmetterlinge von Europa, Band 2. Leipzig (Fleischer). 30 + 241 S.
  • Ochsenheimer, F. (1810): Die Schmetterlinge von Europa, Band 3. Leipzig (Fleischer).
  • Ochsenheimer, F. (1816): Die Schmetterlinge von Europa, Band 4. Leipzig (Fleischer). X + 212 S.
  • Ochsenheimer, F. & Treitschke, F. (1825): Die Schmetterlinge von Europa, Band 5/1. Leipzig (Fleischer). 414 S.

[Bearbeiten] Dramatische und andere Werke (Auswahl)

  • Ochsenheimer, F. (1791): Das Manuskript.
  • Ochsenheimer, F. (1792): Er soll sich schlagen.
  • Ochsenheimer, F. (179?): Der Brautschatz.
  • [Ochsenheimer, F.?] (1795): Streifereien durch einige Gegenden Deutschlands. Vom Verfasser der Szenen aus Fausts Leben. – Leipzig (Voß.). 311 S. Das Buch wurde früher A. W. Schreiber zugeschrieben.

[Bearbeiten] Biographische Quellen

  • Kuhn, R. (1893): Aus dem Leben eines berühmten Entomologen. – Entomologische Zeitschrift, 7: 97-100.
  • Kürschner, J. (1875-1912) Ochsenheimer. – In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 24: 144. – Leipzig (Duncker & Humblot)
  • Treitschke, F. (1841): Naturgeschichte der europäischen Schmetterlinge. Schwärmer und Spinner. – Pesth (Hartleben). – [9] + XIV + [2] + 222 S., Frontispiz, 30 Taf.
  • Zaunick, R. (1922): Ein naturforschender Schauspieler. – Dresdner Anzeiger, Nr. 472 vom 2. November 1922, S. 2.
  • (nicht eingesehen:) Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 33): 203-204.

[Bearbeiten] Fußnoten

  1. a b Treitschke, F. (1841): Naturgeschichte der europäischen Schmetterlinge. Schwärmer und Spinner. – Pesth (Hartleben). – [9] + XIV + [2] + 222, Frontispiz, 30 Taf.
  2. Kürschner, J. in ADB 24: 144.
  3. a b Kuhn, R. (1893): Aus dem Leben eines berühmten Entomologen. – Entomologische Zeitschrift, 7: 97-100.
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