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Faserland

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Faserland ist der 1995 erschienene Debütroman von Christian Kracht und gilt als Auslöser der Popliteratur-Welle. Der Roman erregte großes Aufsehen und ist als deutsche Variante der Romane von Bret Easton Ellis verstanden worden. Kritiker bezeichneten das Buch häufig als Kultbuch einer Generation, Stil-Bibel oder treffendes Zeugnis des Zeitgeistes. Der Titel Faserland wurde laut Literaturwissenschaftlern vom englischen Wort Fatherland (Vaterland) abgeleitet, das mit deutschem Akzent wiedergegeben wird. Möglich ist auch eine Anspielung auf Faser oder ausfasern, wie der Autor selbst in einem Interview zu Protokoll gab.[1]

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Inhalt

„Faserland“ ist ein Abgesang auf die Generation der 80er, gekleidet in den Bericht einer Reise durch Deutschland von Nord nach Süd. Ein namenloser Endzwanziger mit Platinumkreditkarte reist, scheinbar ziellos, längs durch Deutschland bis in die Schweiz. Die Fahrt geht von einem Event zum Nächsten. Es wird geraucht, gefickt, gesoffen und gekotzt aber nie wirklich genossen. Der Ich-Erzähler ist dabei mehr unfreiwilliger Zuschauer als Teilnehmer. Von Sylt aus erreicht er nach Aufenthalten in Hamburg, Frankfurt, Heidelberg, München und Meersburg am Bodensee, schließlich Zürich. An jedem dieser Orte erlebt er Dekadenz und betäubte Hoffnungslosigkeit bis hin zum Selbstmord eines Freundes. Der Protagonist sieht den Niedergang seiner Generation und erlebt gleichzeitig den eigenen, freien Fall. Untermalt wird alles durch Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend, die schön beginnen und mit steigendem Alter immer trauriger werden. Seine Reise, die der Leser, je nach Sichtweise, als Sinnsuche oder als einen langen Abschied interpretieren kann, endet am Zürichsee. Der Autor brennt nun ein Feuerwerk der Symbolik ab, das Ende des Helden ist hypothetisch. Die Hinweise auf die griechische Mythologie (Charon, Obolus, Hades) sollen dem Leser den Freitod in der Mitte des Sees suggerieren. Da dieser aber von Kracht nicht ausdrücklich beschrieben wird, weigern sich viele Leser einen Selbstmord in Betracht zu ziehen und lassen den Protagonisten lieber weiter durch die Welt irren.

[Bearbeiten] Interpretation

Faserland reflektiert das Spannungsverhältnis zwischen Schein und Sein, also wie leer das Leben wird, wenn die Eternity-Reklame gelebt wird. Es ist ein zeitloses Buch, denn es zeigt, was zur Kommunikation unfähige und von sich selbst überforderte junge Menschen, die sich nur noch in Konsummustern finden, Verheerendes anrichten. Es zeigt, was es bedeutet, wenn alle Fragen nur noch ästhetischer Natur sind und Geschmacksurteile das einzige, was man noch sagen kann. Faserland berührt hier ein klassisches Jugendthema - das Problem, daß Coolness und Style allein irgendwann nicht mehr ausreichen. Irgendwann hilft die Barbourjacke nicht mehr weiter. Und auch BRD-Deutschland findet nach 1990 keinen Halt mehr in seiner Jugend, den Wirtschaftswunder-Marken, auch weil die Nazis das Ästhetische gestohlen haben. Es bleiben nur die häßlichen Bordbistros. So zumindest das Gefühl Anfang der Neunziger.

[Bearbeiten] Markennamen

Vorgeworfen wird Kracht die Anhäufung von Markennamen, das ewige Herumreiten auf teuren Fabrikaten wie z.B. Cartier und Rolex. Aber abgesehen von der häufig erwähnten Barbourjacke kommen auch ganz profane Artikel wie Ballisto, Christinenbrunnen Mineralwasser, Siemens, Bravo etc. vor. Sicher ist das eine Anlehnung an zeitgenössische, amerikanische Schriftsteller wie Bret Easton Ellis. Jedoch auch hier übt sich der Autor wieder in der Irreführung des Lesers, der die teuren Marken verärgert registriert aber die billigen überliest. Selbst die Barbourjacke bleibt kein Statussymbol, sondern wird aufgeweicht mit Joghurt und in Brand gesteckt. Die zweite, gestohlene Jacke wurde bereits vom Vorbesitzer Alexander durch einen Aufnäher verunstaltet und wird durch das Abreißen desselben nicht wertvoller.

[Bearbeiten] Kilchberg, Thomas Mann

Im letzten Kapitel begibt sich der Protagonist auf die Suche nach dem Grab von Thomas Mann. Er wandelt ohnehin auf dessen Spuren, weil auch er sich seine Homosexualität nicht eingestehen will und infolge dessen mit sich selbst nicht klar kommt. Die Angst vor seiner Neigung kommt zum Ausdruck, als er, eingeladen zu einem „Dreier“, kein Auge für die schöne Frau (Model) verschwendet und sein Blick nur an dem beteiligten Mann kleben bleibt, er flüchtet. Ein Freund scheint um seinen inneren Konflikt zu wissen, denn er schickt ihn auf eine Ferieninsel, die beliebt ist bei gleichgeschlechtlich Liebenden. Der Ich-Erzähler flüchtet sofort als er sich dessen bewusst wird und mäandert weiter bis zum bitteren (?) Ende. So gesehen könnte das offene Ende des Romans auch als ein Aufbruch „zum anderen Ufer“ gedeutet werden, also ein endgültiger Bruch mit dem alten, trostlosen Leben und ein Bekenntnis zum Selbst und zum Neuanfang.

[Bearbeiten] Warum Faserland / Fatherland

Christian Kracht spielt bei der Betitelung seines Romans „Faserland“ geschickt mit einer gewissen Doppeldeutigkeit. Zum Ersten in des Wortes direkter Bedeutung, der Faser. Ein Land, in dem kein sozialer oder familiärer Zusammenhalt mehr besteht, und das quasi „zerfasert“ erscheint. Aber warum erscheint es so? Wie sind die ständigen Anspielungen auf das Dritte Reich zu verstehen, die schon im ersten Kapitel mit der Erzählung von Görings „Blut und Ehre Dolchs“ und dem Hinweis auf die dort stationierte Flak, beginnen? Zweitens ist da die frappante Ähnlichkeit zum, im englischen, selten benutzten aber durchaus nicht unbekannten „Fatherland“ statt dem gebräuchlicheren „Home Country“.

Kracht hat seinen Titel in Anlehnung an einen Roman von Robert Harris gewählt. Das Buch aus dem Jahr 1992 trägt den deutschen Titel Vaterland (original: Fatherland), in ihm wird eine fiktive Welt beschrieben, in der Hitler den 2. Weltkrieg gewonnen hat.

Kracht lässt in seinem Roman die so genannte „feine Gesellschaft“ noch immer in der gleichen Endzeitstimmung verharren, wie sie im Frühjahr 1945 geherrscht haben muss. Der Tanz auf dem eigenen Grab, das Feiern als ob es kein Morgen gäbe, alles ist ein Ausdruck innerer Leere und Angst vor der Zukunft. Jeder will noch schnell ein Maximum an Genuss nach dem Motto: "Nach uns die Sintflut". Nur ist der Genuss schal geworden. Die Dosis muss ständig erhöht werden, um noch ein bisschen Vergnügen zu empfinden. Diese Gesellschaft befindet sich in Auflösung, denn sie ist dabei, sich selbst auszulöschen. Das Fatherland zerfasert.

[Bearbeiten] Inhaltszusammenfassung

[Bearbeiten] Sylt

Der Protagonist lässt sich von einer ehemaligen Mitschülerin (Karin) im Fisch-Gosch Restaurant auf Sylt etwas erzählen ohne zuzuhören. Hängt seinen Gedanken und Erinnerungen nach. Lernt Anne und Sergio kennen, gemeinsames Abendessen, Kuss mit Karin. Er beschließt nicht wieder zu kommen.

[Bearbeiten] Hamburg

Zugfahrt nach Hamburg. Er quartiert sich bei seinem Freund Nigel ein. Erste Gedanken über Freundschaft und Sympathie. Wird auf eine Party geschleppt, auf der er sich zum ersten mal eine Pille einwirft. Unterhält sich mit einer Unbekannten, die sich vor seinen Augen in die Badewanne übergibt. Fährt zurück zu Nigel, der bereits die Party verlassen hat, platzt in einen Dreier und flüchtet entsetzt.

[Bearbeiten] Flug (Flucht) nach Frankfurt

Lange Gedanken übers Fliegen, Spießertum, eine alte Frau und Isabella Rossellini. Schnödes Ende seiner Barbourjacke.

[Bearbeiten] Frankfurt

Übergibt sich im Hotelzimmer und schläft anschließend seinen Rausch in der Badewanne aus. Kneipenbesuch in Frankfurt, bei dem er in Erinnerungen an Alexander (alter Schulkamerad) schwelgt, ihn sieht aber nicht anspricht. Er klaut dessen Barbourjacke.

[Bearbeiten] Heidelberg

Weiterfahrt nach Heidelberg, wo er sich in einem älteren Hotel einquartiert Kneipenbesuch in Heidelberg. Er lernt Studenten kennen (u. a. Eugen und Nadja). Sie nehmen ihn auf die Party einer Studentenverbindung mit - Flirt mit Nadja. Eugen belästigt ihn (sexuell & mit Koks). Der Ich-Erzähler rennt völlig verwirrt in den Keller, glaubt dort Nadja und seinen ehemaligen Freund Nigel mit Spritze im Arm liegen zu sehen. Rennt weg und fällt vor der Tür in Ohnmacht.

[Bearbeiten] München

Findet sich auf einem Münchner Rave mit seinem Freund Rollo wieder ohne genaue Ahnung über sein Hinkommen. Fühlt sich zwischen den einfachen „Normalos“ wohl. Beide klappern Szenelokale wie das „Schumann's“ ab, jedoch ohne Vergnügen, und fahren dann in Rollos riesengroße Wohnung.

[Bearbeiten] Meersburg

Am nächsten Tag Aufbruch zum Elternhaus Rollos in Meersburg. Dort wird Rollo eine Geburtstagsfeier ausgerichtet. Sergio und Karin (Sylt) tauchen kurz auf. Er unterhält sich mit Rollo, der wieder völlig auf Valium und Alkohol ist. Der Protagonist hat weise Gedanken über Freundschaft, Familie und dazugehörige Liebe, sieht aber dort das genaue Gegenteil und einen zutiefst depressiven Rollo. Er fühlt sich wieder mal überfordert, stiehlt Rollos Porsche und flüchtet - diesmal nach Zürich.

[Bearbeiten] Zürich

Zum ersten Mal erscheint der Protagonist entspannt. Fast glaubt er selbst dran. Die Schweiz wird als ruhiger Gegenpol zur "Maschine Deutschland" geschildert, in der selbst deutsche industrielle Konsumgüter wie Nutella besser schmecken (dies bedarf weiterer Verifikation - zudem ist Nutella ein eigentlich italienisches Produkt). Er kauft eine deutsche Zeitung und erfährt, dass Rollo tot aus dem Bodensee gefischt wurde. Nun will er Thomas Manns Grab auf dem Kilchberg-Friedhof finden - allerdings erfolglos. Er lässt sich über (auf) den Zürichsee rudern…

[Bearbeiten] Charakterisierung des Protagonisten

  • ca. Ende zwanzig
  • Arrogant, voreingenommen, unsicher, schüchtern, verklemmt und depressiv
  • hat viel Geld
  • auf der Suche nach Sinn und Halt
  • fühlt sich schnell angegriffen
  • hält den politischen Widerstand der „Linken“ für dämlich weil fruchtlos
  • hat kein festes Reiseziel
  • Kettenraucher, Alkoholprobleme - trinkt überall Unmengen von Alkohol
  • beurteilt Menschen nach ihrem Äußeren
  • unfähig sich zu amüsieren, emotional verkümmert
  • vergeblich auf der Suche nach Freundschaft, Wärme, Halt
  • gibt sich deutlich homophob, zeigt aber selbst subtile Anzeichen homosexueller Neigungen
  • ist völlig schockiert von der Morallosigkeit seiner Umgebung
  • denkt oft über merkwürdige Dinge nach, über die sich sonst niemand Gedanken macht
  • wirkt realitätsfern und leicht träumerisch

[Bearbeiten] Stil

Der Autor nimmt den Leser als Begleiter mit auf die Reise. Wie einen langen Monolog am Telefon schildert der Protagonist seine Erlebnisse und Gedanken. Keine geschliffene Sprache, keine sorgfältig überlegten Formulierungen. Alles wirkt wie ins Unreine gedacht und sofort ausgesprochen. Dem ist natürlich nicht so. Dieser, so einfach erscheinende Stil ist wohl durchdacht. Christian Kracht wird gern, auf Grund seiner Herkunft, mit dem Hauptdarsteller dieses Romans gleichgesetzt und/oder als „Berufssohn“ abgetan. Faserland polarisiert und das war wohl auch die Intention des Autors.

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Siehe "Die Legendärste Party aller Zeiten", Interview in der Berliner Zeitung vom 19. Juli 1995

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