Dol2day
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
 |
Der korrekte Titel dieses Artikels lautet „dol2day“. Diese Schreibweise ist aufgrund technischer Einschränkungen derzeit nicht möglich. |
dol2day ist eine 2000 gegründete, deutschsprachige Politik-Community im Internet. Ihr vollständiger Name lautet: "Democracy online Today". Sie gibt ihren Nutzern ("Dolern") die Möglichkeit, in Diskussionen über selbst gewählte Themen einzutreten, wobei der Schwerpunkt auf politischen Themen liegt. Die Mitgliedschaft ist kostenlos.
Dol2day erhebt den Anspruch, eine Demokratie-Simulation zu sein. Mitglieder haben die Möglichkeit, sich in virtuellen Parteien zusammenzuschließen. Durch "Initiativen" (virtuelle Vereine) wird die Organisation verfeinert. Alle vier Monate wird darüber hinaus ein "Internetkanzler" gewählt.
In der Anfangszeit verzeichnete die Community vor allem aus dem Umfeld der politischen Jugendorganisationen großen Zulauf. 2002 erhielt dol2day den renommierten Grimme Online Award. Zuletzt hat die Community jedoch viele ihrer Mitglieder verloren. Erwähnungen in den Medien sind selten geworden. Die von einigen Mitgliedern geäußerte Erwartung, dol2day könne aus dem Internet heraus Einfluss auf die reale deutsche Politik nehmen, hat sich bislang nicht erfüllt.
Inhaltsverzeichnis |
Redaktionelle Betreuung
Kontrolliert wird dol2day von einer Redaktion, die ihren Sitz in Aachen hat. Auf die Redaktion ging auch die Gründung von dol2day zurück. Neben dem größten Teil der Gründungsmitglieder befinden sich unter den Redakteuren inzwischen auch drei ehemalige "Internetkanzler" sowie ein weiteres Mitglied, das aus Reihen der Community ausgewählt wurde.
Der Redaktion obliegt die technische Weiterentwicklung von dol2day. Außerdem behält sie sich auch die Oberaufsicht über administrative Aufgaben und die inhaltlichen Entwicklungen von dol2day vor.
Diese Konstruktion wird verschiedentlich als problematisch angesehen, da die Redaktionsmitglieder als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zwar verantwortlich für den Betrieb des Servers und im Sinne der Mediengesetzgebung sind, gleichzeitig jedoch in der inneren Logik der Simulation nicht der Gewaltenteilung oder anderer demokratischer Konzepte unterworfen sind. Der überwiegende Teil der Community akzeptiert diesen Zustand jedoch als notwendige Bedingung für die Existenz von dol2day.
Finanziert wird dol2day hauptsächlich aus Werbung, Spenden, staatlichen projektbezogenen Zuschüssen und Preisgeldern. Außerden aus den Mitgliedsbeiträgen des 2002 durch die dol2day-Redaktion gegründeten "Vereins für multimediale Partizipation e.V.".
Technische Realisierung
Die zur Abbildung politischer Abläufe nötigen Programmteile wurden durch PHP realisiert, weitere freie Software ist im Einsatz. Während des Betriebs erwies sich die Datenbank als Flaschenhals, kurzfristige Abhilfe verschaffte sich die Redaktion durch die Auslagerung und Löschung alter Datensätze.
Politische Strömungen/ Parteien
Mittlerweile gibt es bei dol2day nicht mehr nur Parteien, die sich an den im Deutschen Bundestag vertretenen politischen Kräften orientieren. Durch Abspaltungen einzelner Flügel haben sich zusätzliche Parteien etabliert. Darüber hinaus wurden Parteien gegründet, die sich außerhalb des im Bundestag repräsentierten politischen Spektrums befinden. Einige von ihnen verfolgen auch politische Konzepte, die jenseits herkömmlicher politisch-ideologischer Konstruktionen stehen.
Parteien müssen bei dol2day eine bestimmte Mitglieder-Mindestzahl aufweisen, um nicht aufgelöst zu werden. Unabhängig davon hat sich die Redaktion mehrmals zur Löschung von Parteien des rechten Spektrums entschieden, denen eine radikal nationalistische und demokratiefeindliche Grundhaltung vorgeworfen wurde. Dies betraf die Parteien "Freiheitlich Unabhängig National" (FUN), die im Juni 2003 aufgelöst wurde, und deren Nachfolgerin "Freiheitlich Unabhängig Deutsch" (FREUNDE), deren Verbot im November 2004 erfolgte. Im Sommer 2006 wurden einige Mitglieder der "Deutsche Zentrumspartei " (DZP) gesperrt, zu diesem Zeitpunkt die mitgliederstärkste Partei bei dol, weil diese sich nach Meinung der Redaktion von der früher verbotenen FUN nicht deutlich genug distanzierten und eine Wiederbelebung der FUN betrieben. Im anschließenden Diskussionsprozess der restlichen DZP-Mitglieder mit der Redaktion löste sich die Partei dann schließlich selbst auf. Parteien des linken Spektrums wie etwa die "Kommunistische Partei" (KP), deren Vereinbarkeit mit der FDGO angezweifelt wurde, waren bislang nicht Ziel von Löschungen.
Der "Internetkanzler"
Der "Internetkanzler" wird alle vier Monate gewählt. Er hat innerhalb des Systems von dol2day keine fest definierten Aufgaben. Gelegentlich ist er als Repräsentant der Community aufgetreten und hat dol2day gegenüber der Presse und anderen Organisationen vertreten. Im Regelfall wird diese Aufgabe aber direkt von der Redaktion übernommen.
Die Diskrepanz zwischen der Bezeichnung "Internetkanzler", die auf eine machtvolle Position hinzudeuten scheint, und seiner nur sehr beschränkten Möglichkeit der Einflussnahme wird bei dol2day verschiedentlich durch die spöttische Bezeichnung "Internetkasper" karikiert.
Die Kanzlerwahlen
Der Internetkanzler wird meist von Parteienbündnissen aufgestellt als so genannter Kanzlerkandidat und direkt von den Dolern durch das Präferenzwahlsystem (PWS) gewählt. In der Anfangszeit wurde der Internetkanzler noch durch das Mehrheitswahlsystem (ggf. mit einer Stichwahl) gewählt.
Wechselwirkungen mit klassischer Parteipolitik
Die jeweiligen Regierungen, die virtuellen Parteien und andere engagierte Gruppen in dol2day sind in der Regel bemüht, Gesprächspartner vor allem aus Parteien, deren Jugendorganisationen und NGOs für Chat-Veranstaltungen zu gewinnen. Meist werden dafür die Kontakte der häufig auch außerhalb des Internets politisch aktiven dol2day-Mitglieder genutzt. Es existieren aber auch Kooperationen mit anderen Politik-Projekten im Internet, etwa mit politik-digital.de.
Nicht zuletzt entstehen durch ein Aufeinandertreffen von Vertretern verschiedener politischer Jugendorganisationen, die zudem noch auf den weit - gemessen an der politischen Landschaft der Bundesrepublik - überproportionalen Anteil an rechtsradikal orientierten Nutzern treffen, in dol2day Dialoge, Diskussionen und sogar gemeinsame Positionen, die ohne diese Plattform wohl nicht möglich gewesen wären.
Umgang mit Störfaktoren
Neben dem Gremium und den Moderatoren behält sich die Redaktion regelmäßig das Recht vor, an den demokratischen Strukturen vorbei direkte Urteile zu treffen.
Gremium
Schon in der ersten Zeit des Betriebs von dol2day ergab sich die Notwendigkeit des Umganges mit "destruktiven" Verhaltensmustern und teilweise strafrechtlich relevanten Äußerungen einzelner Mitglieder. Dazu wurde ein so genanntes "Gremium" geschaffen, das von der Redaktion mit den Werkzeugen ausgestattet wurde, gemeldete Fälle abzuarbeiten, d.h. der Redaktion entweder einen Freispruch, eine Verwarnung oder eine zeitlich befristete/dauerhafte Sperrung eines Benutzers zu empfehlen. Zuletzt hat sich die Redaktion häufiger dazu entschieden, diese Empfehlungen nicht in jedem Fall abzuwarten, sondern bereits während eines noch laufenden Verfahrens eine Sperrung auszusprechen.
Die Entscheidungspraxis des Gremiums ist seit seiner Einrichtung Gegenstand erhitzter Diskussionen. Oft wird dabei den Gremianten politische Voreingenommenheit unterstellt; Vertreter des rechten Spektrums glauben häufig eine Linkslastigkeit des Gremiums erkennen zu können, während links orientierte Doler oft vermeintlich zu große Toleranz gegenüber "Rechts" bemängeln. Die Mehrzahl aller Sanktionen wird allerdings gegen Benutzer ergriffen, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden.
Moderatoren
Seit Januar 2005 wird die dol2day-Redaktion zusätzlich zum "Gremium" durch zehn von ihr selbst ernannte Moderatoren unterstützt. Diese der Redaktion zumeist persönlich bekannten Mitglieder der Community haben verschiedene administrative Aufgaben übernommen. Unter anderem können sie eigenverantwortlich die Beiträge anderer Benutzer für Dritte unsichtbar machen, sofern damit gegen geltendes Recht oder die Diskussionskultur verstoßen wurde. Auch bei Spam werden die Moderatoren tätig, die ihre Aufgabe ehrenamtlich erfüllen.
Zusätzlich zu den zehn durch die Redaktion ernannten Mitgliedern unterstützen der jeweilige Internet-Kanzler sowie der Vizekanzler das Moderatoren-Team.
Richtungsstreit
Unter dem Eindruck sinkender Mitgliederzahlen wurde zuletzt immer wieder über die Frage des Selbstverständnisses der Community diskutiert. Denn was dol2day vorrangig sein soll, ist unter seinen Nutzern umstritten: Während einige Mitglieder das Projekt in erster Linie als Diskussionsplattform für Politik-Themen ansehen und fordern, seine Regelwerke möglichst einfach und für Neueinsteiger leicht verständlich zu halten, sind andere der Meinung, dass die Idee der Demokratie-Simulation stärker betont und eine weitgehende Selbstverwaltung der Community anzustrebt werden solle. Eine dritte Gruppe hebt den Spiel-Charakter des Projektes hervor und regt an, den Spaß in den Mittelpunkt dol2days zu stellen. Die Redaktion hat sich in diesem Richtungsstreit bislang meist zurückhaltend geäußert und betont, dass dol2day das sei, was seine Mitglieder daraus machten. In regelmäßigen Abständen gibt es sehr intensive Diskussionen über die Zukunft von dol2day, die jedoch in keinen Konsens münden.
