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Borie

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Als Borie wird eine hauptsächlich in der Provence in Süd-Frankreich anzutreffende, aus trockenem Stein errichtete Hütte bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Ursprung des Begriffs

Französisierung und Feminisierung des provençalischen Ausdrucks bôrie (männlich, siehe auch okzitanisch, weiblich: bôria), der im 19. Jahrhundert pejorativ im Sinne von "Bruchbude" (masure), "armselige Hütte" (cahute, z.B. bei Frédéric Mistral in seinem Wörterbuch "Tresor doû Felibrige") gebraucht wurde, später einen Bauernhof, eine Meierei oder ein Landgut des 17. oder 18. Jahrhunderts bezeichnete (gemäß der Ortsnamenkunde und Dokumentenarchiven).

Das Wort Borie in der Bedeutung von "Hütte aus trockenem Stein" wurde durch provençalische Gelehrte in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts populär gemacht, um einem allzu zeitgenössischen Studienobjekt von rein völkerkundlicher Bedeutung einen archäologischen Anstrich zu verschaffen.

Die Überreste zeitweiliger oder provisorischer Unterkünfte, die für ihre dörflichen Eigentümer bis dahin einfach "Hütten" waren, wurden mit einem Namen bedacht, der in der Provence vorher ausschließlich für einen Typus permanenter Behausungen verwendet wurde, der schon damals nur noch selten war. Der Begriff wurde dann in den 1960er Jahren von Pierre Desaulle in seinem Buch "Les Bories de Provence" aufgegriffen, in den 1970ern von Pierre Viala, dem Begründer des "Village des Bories" (Dorf der Steinhütten, bei Gordes) und schließlich 1990 vom Parc du Luberon, mit der Veröffentlichung des Buches "Bories".

Die Modewelle des Wortes hat in den 1970er Jahren sogar das Périgord erreicht, wo es auf die Bedeutung von "Aussiedlerhof" (ferme isolée) beschränkt wurde und den einheimischen Wörtern "chabano" und "chebano" Konkurrenz macht.

[Bearbeiten] Regionale Verbreitung

Die Bories kommen gemeinhin nur im Südosten Frankreichs vor, insbesondere in den Departements Vaucluse, Alpes-de-Haute-Provence und Bouches-du-Rhône. Einige Gelehrte des 19. Jahrhunderts erklärten sie, -ohne jemals richtige Beweise dafür zu erbringen und trotz der schwachen Haltbarkeit jedes mörtellosen oberirdischen Mauerwerks-, zu Bauwerken neolithischen, ligurischen oder waldensichen Ursprungs.

Die Bauten, die wir heute vorfinden, stammen zum größten Teil aus der zweiten Hälfte des 18. und dem 19. Jahrhundert und sind in keinem Fall vor dem 17. Jahrhundert entstanden. Die Urbarmachung großer Flächen kurz vor und nach der französischen Revolution lieferte die gigantischen Steinmassen, die für die Errichtung der Steinhütten notwendig waren. Sie dienten danach zur vorübergehenden Behausung, als Heustadel, Schafställe oder Schutzhütten für Dorfbewohner und solche Bauern, die Land fernab ihrer eigenen Gemeinden bewirtschafteten.

Ein Gebiet außerhalb Gordes (Vaucluse), das im napoleonischen Kataster als "Savournins Bas" eingetragen ist und von den Bewohnern des Weingebiets in den 1970er Jahren noch umgangssprachlich "Les Cabanes" (die Hütten) genannt wurde, ist unter dem Namen "le village des bories" (Dorf der Steinhütten) zum Freilichtmuseum dieses Typs von Bauwerk geworden.

Ein paar Gemeinden der Vaucluse, die Bories aufweisen: Bonnieux (über 200), Buoux, Ménerbes, Murs, Saignon, Saumane, Venasque (240), Viens, Villes-sur-Auzon, etc.

[Bearbeiten] Architektonische Kennzeichen

Detail einer Mühle in den Gorges de la Véroncle bei Gordes (Vaucluse): Bogen aus behauenem Stein
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Detail einer Mühle in den Gorges de la Véroncle bei Gordes (Vaucluse): Bogen aus behauenem Stein

In Form eines runden Bienenstocks oder eines Kirchenschiffes, mit einer Tür und einer oder mehreren Fensterluken ausgestattet, kann die Konstruktion eine Höhe von mehreren Metern erreichen.

[Bearbeiten] Konstruktionstechnik

Bögen und Tonnengewölbe sind weithin bekannt: aus sorgsam behauenen Steinen geformt, werden sie über einer hölzernen Bogenstruktur errichtet. Jeder Stein ist zwischen seinen beiden Nachbarn eingeklemmt und kann so nicht herabfallen. Diese Technik erfordert Holz, um den Bogen zu konstruieren, Steine, die zum Bearbeiten geeignet sind und ausgebildete Steinmetze. Aufgrund dieser Aufwände kommt sie für die hier betrachteten, bescheidenen Bauten überhaupt nicht in Betracht.

Statt dessen verwenden die Konstrukteure der Bories die Technik der Auskragung: Flache Steine, roh oder behauen, werden bündig einer auf den anderen gelegt. Dabei rückt jeder einzelne im Verhältnis zu seinem Vorgänger ein Stück weiter vor. Diese kostensparende Technik wird auch von den Autodidakten in der Landbevölkerung gemeistert, sofern ihnen die zig Tonnen von Steinen zur Verfügung stehen, die die Bauwerke erfordern. Dessen ungeachtet behaupten die älteren Texte die Existenz von Steinmetzen, die sich auf die Kunst des trockenen Steins spezialisiert hätten.

Konstruktion eines Kraggewölbes.
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Konstruktion eines Kraggewölbes.

Der Aufbau erfolgt ohne die Zuhilfenahme hölzerner Stützbauten. Zwei Konstruktionsprinzipien verhindern, dass das Gebilde rasch nach innen zusammenstürzt:

  • Der runde Grundriss
  • Symmetrisch gegeneinander zustrebende Auskragungen
Konstruktion mit rundem Grundriss
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Konstruktion mit rundem Grundriss

[Bearbeiten] Runder Grundriss

Der Grundriss ist annähernd rund, wie im Schema angedeutet. Jeder Stein ist zwischen seinen beiden Nachbarn eingeklemmt und kann so nicht nach innen kippen.

Viele Bories sind so konstruiert, darunter Unterstände für Landwirte und Brunnenhäuschen. Allerdings setzt diese Arbeitsweise der Ausdehnung des Bauwerks Grenzen.

[Bearbeiten] Symmetrisch gegeneinander zustrebende Auskragungen

Große Hütte aus trockenem Stein
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Große Hütte aus trockenem Stein

Die größeren Bauten aus trockenem Stein, die als Heustadel dienten oder die Schafställe, die man in der Gegend von Gordes findet, haben die Form von Kirchenschiffen. Durch ihr größeres Innenvolumen sind sie geeigneter, Vorräte zu lagern oder Tiere unterzubringen.

Gewichtsverteilung einer Kragmauer
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Gewichtsverteilung einer Kragmauer

Die Mauern sind so errichtet, dass ihr Schwerpunkt innerhalb der aufliegenden Grundfläche bleibt, um ein Umkippen zu verhindern. Lange Platten oder Verbindungssteine sind in die Mauer verkeilt und schaffen über den gesamten Querschnitt eine solide Einheit.

Alte Wagenscheune, nach dem Prinzip des Kraggewölbes erreichtet.
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Alte Wagenscheune, nach dem Prinzip des Kraggewölbes erreichtet.

An der Straße, die von Gordes nach Sénanque hin ansteigt, findet man ein Bauwerk in der Form eines Halbschiffs, das diese Technik demonstriert: Der obere Teil der rechten Mauer zeigt deutlich die Technik des "clé verticale", nämlich immer zwei Verbindungssteine, die auf der selben Seite das Ende eines Verbindungssteins der anderen Seite einschließen.

Man bemerkt auch die Decke aus großen Platten, die beide Oberkannten der beiden Außenmauern überspannt, außerdem die Neigung der höchstgelegenen Steinplatten einer Seite, um das Eindringen von Regenwasser zu verhindern.

[Bearbeiten] Die Eingänge

Sie sind normalerweise eng und niedrig.

[Bearbeiten] Borie in Saumane

Es handelt sich ebenfalls um ein großes kirchenschiffartiges Exemplar. Es ist zur Hälfte niedergerissen worden, um die Steine weiterzuverwenden. Dadurch sind der Querschnitt und die Ausdehnung der Kragmauern gut zu sehen. Die Neigung einiger Steine, die langsam nach innen kippen, zeigt an, dass das Gebäude vor dem Einsturz steht.

[Bearbeiten] Die Hütten von Breuil

Die "Cabanes du Breuil", wie man sie nennt, befinden sich 9 km von Sarlat und etwa 12 km von Eyzies entfernt, in der Nähe von Saint-André-d'Allas. Es handelt sich um ländliche Werkstätten aus dem 19. Jh, die zum angrenzenden Gutshof gehören. Ihre Besonderheit ist, dass sie mit trockenem Stein gedeckt sind.

Die Hütten sind restauriert und seit 1968 dekmalgeschützt, seit 1992 außerdem als historische Monumente klassifiziert. Das ganze Jahr über kann man sie besichtigen (von November bis März nur nach Reservierung).

Neben Postkarten haben auch Kino und Fernsehen diesen Platz bekanntgemacht: Er diente als Hintergrunddekoration in den Filmen "La Belle au bois dormant" ("Dornröschen"), "Jacques le croquant", "D'Artagnan" und "Les Misérables".

[Bearbeiten] Literatur

  • Ein Buch (in franz. und nur beim Parc Natural Régional du Luberon erhältlich) über die Bories der Provence, mit Fotos, Karten und Zeichnungen: Bories ISBN 2-85744-720-5
  • Pierre sèche en Provence, Les Alpes de Lumière, 1989/1990, ISBN 2-906162-00-0
  • G. Rohlfs 1957, Primitive Kuppelbauten in Europa

[Bearbeiten] Weblinks

Commons: Kategorie Borie – Bilder, Videos und/oder Audiodateien
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