Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Beim Bau der Chinesischen Mauer - Wikipedia

Beim Bau der Chinesischen Mauer

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Beim Bau der Chinesischen Mauer ist eine fragmentarische Erzählung von Franz Kafka, die 1917 entstand und postum veröffentlicht wurde. Sie schildert die Hinwendung des kollektiven Volkes an den Bau der Großen Mauer und deren Mystifizierung. Außerdem wird eine fast allwissende Führerschaft und ein sehr fernes Kaisertum skizziert.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Inhalt

[Bearbeiten] Der Mauerbau

Ein Erzähler, der Baumeister und Völkergeschichtler in einem zu sein scheint, erläutert das System des Mauerbaues in Teilschritten. Verstreut über die gesamte Grenze werden jeweils zwei Teile aufeinander zu gebaut. Nach deren Vereinigung ziehen die Bauenden weiter und errichten weit entfernt ein neues Teilstück. Dieses Vorgehen begründet er sozusagen arbeitspsychologisch. Ein anderes Vorgehen hätte die Bauenden überfordert. Das ganze Volk - sogar die kleinsten Kinder - wurden auf den Mauerbau Jahrzehnte lang eingestimmt. Für die Bauenden ist die Arbeit an der Mauer keine bloße Pflicht, sondern ein volksverbindendes Bedürfnis. Es geht um viel mehr als die Errichtung einer technischen Anlage. Ein Gelehrter propagiert sogar, den Turm von Babel mit der Mauer als Fundament doch noch realisieren zu können. Aber die Mauer wird wahrscheinlich nie ganz geschlossen und erfüllt so ihre Schutzfunktion nicht wirklich vollständig.

[Bearbeiten] Die Führerschaft

Die Führerschaft des Mauerbaus ist nicht greifbar. Beispielhaft ist der Satz „In der Stube der Führerschaft - wo sie war und wer dort saß, weiß und wusste niemand“. Man versucht die Anordnungen der Führerschaft zu verstehen, allerdings nur bis zu einem sinnverwirrenden Punkt, über den man nicht hinaus geht. Die Führerschaft scheint allwissend, es herrscht die Meinung, sie kenne jeden und wälze ungeheure Sorgen.

[Bearbeiten] Das Kaisertum

Es heißt, dass das Kaisertum zu den „allerundeutlichsten Einrichtungen“ gehört. Es ist durch die Größe des chinesischen Reiches so weit entfernt, dass man weder den aktuellen Kaiser, noch die zugehörige Dynastie kennt. Jede Nachricht von ihm an das Volk käme viel zu spät und völlig veraltet dort an, wenn überhaupt.

Eingebettet in dieser Erzählung ist eine Sage, die als Eine kaiserliche Botschaft bezeichnet, eine eigenständige Geschichte darstellt und im Rahmen des Bandes Ein Landarzt veröffentlicht wurde. Es geht darum, dass der sterbende Kaiser dem Untertanen eine Nachricht übermitteln möchte, aber der Bote aufgrund des riesenhaften Reiches diesen nie erreichen wird.

[Bearbeiten] Eine Deutung

Der Mauerbau ist ein tiefgreifendes, fast süchtig machendes Unterfangen, mit ideologischem Hintergrund. Da gibt es Vorgesetzte, „die imstande waren, bis in die Herzen mitzufühlen, worum es ging.“ Bauführer hatten am Ende einer Bauphase „alles Vertrauen zu sich, zum Bau, zur Welt verloren.“ Ihre Berichte „wurden mit gläubiger Demut angehört.“ Später wurde die Lust, weiter zu bauen „unbezwinglich“. Es ist das irrationale kollektive Streben, das aus folgendem Satz spricht: „Einheit! Einheit! Brust an Brust, ein Reigen des Volkes, Blut, nicht mehr eingesperrt im kärglichen Kreislauf des Körpers, sondern süß rollend und doch wiederkehrend durch das unendliche China.“ Aber dieses Volk, das so fühlt, wird zynisch als „Menschenmaterial“ bezeichnet. Es wird verführt zu einem Projekt, das Hybris und Unsinn gleichzeitig darstellt.

Die Führerschaft erscheint nur durch ihre Anordnungen. Wie sie dem Volk übermittelt werden, ist unbekannt. Deren Sinn versucht man sich durch Auslegung zu nähern. Unwillkürlich denkt man hier an religiöse Auslegung oder künstlerische Interpretation, also auch an die Versuche der Annäherung an Kafkas Werke. Volk und Führerschaft sind über den Mauerbau eng verbunden, zumindest interpretiert das Volk es so. In der Führerschaft tritt Organisation, Verwaltung und Rechtswesen, also eine ferne allwissende Bürokratie, hervor.

Das Kaisertum ist das rückwärts gerichtete, marode Element. Es ist erstarrt und noch nebelhafter als die Führerschaft. Das Kaisertum ist offensichtlich auch nicht am Mauerbau beteiligt. Es ist abgeschottet in seinem riesigen Palast und durch die endlose Ausdehnung des Landes. Die kaiserlichen Frauen sind degeneriert und grausam. Der Kaiser, wer immer das gerade sein mag, könnte nie seine Untertanen erreichen, selbst wenn das seine letzte Botschaft vom Sterbebett wäre.

[Bearbeiten] Zeitgeschichtlicher Bezug

In dieser 1917 entstandenen Erzählung spürt man bereits deutlich das politische Wetterleuchten, das die totalitären Systeme, links wie rechts, vorausschicken. Die große Mauer verweist schon visionär auf die gigantomanische Architektur dieser Systeme. Beklemmend in ihrer Assoziation ist die häufige Nennung der Begriffe „Volk“ und „Führerschaft“. Insbesondere wenn diese dann noch verbunden sind mit „Blut“ oder den Ausdrücken „Volkswerk“ und „Volkskraft“.

[Bearbeiten] Biografischer Hintergrund

Kafka hat sich damals stark mit asiatischer Kulturgeschichte beschäftigt aber auch mit zionistischen Bestrebungen und den Schriften von Theodor Herzl (Der Judenstaat); In der fernen oberen Schicht, der Führerschaft und dem Kaisertum, ist die sinkende k.u.k.-Monarchie erkennbar.

[Bearbeiten] Wirkung

Der schottische Schriftsteller Alasdair Gray wurde von der Geschichte stark beeinflußt. So gibt es in seinen Kurzgeschichten einen ähnlichen Bau und ein vom Volk weit entferntes chinesisches Kaisertum.

[Bearbeiten] Literatur

  • Paul Raabe: Franz Kafka: Sämtliche Erzählungen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1970, ISBN 3-596-21078-X.
  • Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4

[Bearbeiten] Weblinks

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