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Alfred Redl

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Alfred Redl
Alfred Redl

Alfred Redl (* 14. März 1864 in Lemberg, Galizien (heute Lwíw, Ukraine), † 25. Mai 1913 in Wien) war zuletzt Oberst der österreich-ungarischen Armee und Generalstabschef des VIII. Korps (Prag). Während des größten Teils seiner vorhergehenden Dienstzeit in der Spionageabwehr war er einer der wichtigsten Spione des russischen Zarenreichs.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Redl wurde 1864 in Lemberg als Sohn eines Eisenbahn-Oberinspektors geboren. Im Alter von 15 Jahren trat er in die Lemberger Kadettenschule ein und erhielt 1887 mit 23 Jahren sein Offizierspatent.

1894 bis 1895 war Redl im Eisenbahnbureau tätig, einer für die auseinanderstrebende k.u.k.-Monarchie Österreich-Ungarns auch militärisch ausgesprochen wichtigen Institution. Seit 1900 war er im Generalstab für die Spionageabwehr (Evidenzbureau) zuständig, bis 1905 in der russischen Gruppe und von 1907 bis 1911 als stellvertretender Bureauchef. Seine Arbeit war geprägt von Innovationen, er nutzte für die damalige Zeit sehr fortschrittliche Techniken, um feindliche Geheimagenten „umzudrehen“. Nach seiner Beförderung zum Oberst im Mai 1912 wurde Redl am 18. Oktober desselben Jahres als Generalstabschef des VIII. Armeekorps nach Prag versetzt.

Von 1903 bis zu seinem Tod im Jahre 1913 arbeitete Redl als Spion für Russland. Seine Motive dafür sind bis heute unklar, weil er kurz nach seiner Enttarnung Selbstmord beging. Es wird gemutmaßt, die Russen hätten herausgefunden, dass Redl homosexuell war – und ein Verhältnis mit dem Hauptmann Meterling hatte; diese Information hätte seine Karriere beenden können.

Der russische Militärattachée Martschenko charakterisierte Redl im Oktober 1907 als

„tückisch, verschlossen, konzentriert und pflichtbewußt, gutes Gedächtnis... Süße, weiche, sanfte Sprache, ... eher schlau und falsch, als intelligent und talentiert. Zyniker, Frauenliebhaber...“

Redl erhielt eine außergewöhlich hohe finanzielle Entlohnung und führte einen Lebensstil, der weit luxuriöser war, als es sein Offiziersgehalt zugelassen hätte – unter anderem besaß er zwei Autos und mehrere Reitpferde.

Man geht davon aus, dass Redl viele Informationen an die russische Geheimpolizei Ochrana weitergegeben hat, darunter Pläne für eine zukünftige österreich-ungarische Offensive gegen Serbien. Vermutlich hat er auch russische Offiziere verraten, die sich an den österreich-ungarischen Geheimdienst gewandt hatten, wodurch diese festgenommen werden konnten.

[Bearbeiten] Enttarnung

Redls Enttarnung ist mehreren Zufällen zu verdanken. Die Scheide eines Taschenmessers, das er in Prag verlor, wurde ausgerechnet von einem von ihm selbst ausgebildeten Agenten gefunden. Dieser Agent wurde misstrauisch und beobachtete mehr und mehr Anomalien bei Redl. Redl erhielt beispielsweise Nachrichten aus Eydtkuhnen in Ostpreußen, damals ein von Agenten häufig genutzter Grenzübergang.

Anfang April 1913 war ein postlagernder Brief an „Nikon Nizetas“ vom Wiener Hauptpostamt an seinen Absender in Berlin zurückgeschickt worden. Wohl um den Absender feststellen zu können, wurde der Umschlag in Berlin geöffnet, wobei 6.000 Kronen in Noten und zwei den Preußen und Österreichern bekannte Spionageadressen in Paris und Genf zu Tage kamen. Der preußische Major Walter Nicolai informierte den österreichischen Major i.G. Maximilian Ronge vom Evidenzbureau, der zusammen mit dem Chef der Staatspolizei Edmund von Gayer den Schalter für postlagernde Briefe im Wiener Hauptpostamt am Fleischmarkt beobachten ließ. Am 25. Mai 1913 holte Oberst Redl dann weitere für ihn eingetroffene Briefe ab und wurde verfolgt. Anhand zerrissener handschriftlich ausgefüllter Abhol- und Aufgabescheine, die er weggeworfen hatte, wurde Redl identifiziert.

[Bearbeiten] Selbstmord statt Festnahme

Der Chef des k.u.k. Generalstabes, Franz Conrad von Hötzendorf, befahl daraufhin den Zugriff. Eine Offizierskommission suchte Redl in seinem Zimmer im Hotel Klomser auf und fand ihn bei Selbstmordvorbereitungen. Er wurde einem kurzen Verhör unterzogen, in dem er Ronge gestand, „in den Jahren 1910 und 1911 fremde Staaten im Großen bedient zu haben“, jedoch behauptete, ohne Komplizen gearbeitet zu haben.

Da Redl angab, keine Schusswaffe zu besitzen, übergab man ihm einen Browning. Danach zog sich die Kommission zurück, um „dem Verbrecher sodann die Möglichkeit zu geben, seinem Leben ein rasches Ende zu bereiten“, und bewachte das Hotel für den Rest der Nacht. Am Morgen wurde der Hotelportier veranlasst, Redl ans Telefon zu holen, wobei er die Leiche auffand. Redls Selbstmord wurde von Kaiser Franz Joseph sehr bedauert, weil er sich um das Seelenheil Redls sorgte.

Bei der Sektion Redls wurde festgestellt, dass sein Kreislaufsystem schwer geschädigt war; aus heutiger Sicht ist von einer Lues der Gefäße auszugehen (Spätfolge der Syphilis), die ihm in jedem Fall nur noch wenige Lebensjahre erlaubt hätte.

Die österreichische Abwehr stellte bei der Aufarbeitung des Falles fest, dass Redls Konto bei der Neuen Wiener Sparkasse seit Anfang 1907 in auffallend schneller Folge Einlagen verzeichnete, die sich von 1905 bis 1913 auf insgesamt 116.700 Kronen beliefen. Der Zeitraum und die Höhe der Einlagen wies daher auf länger andauernde und wichtigere Verratshandlungen hin, als Redl sie in der Nacht vor seinem Tod eingeräumt hatte. Genauere Aufklärung war jedoch wegen Redls Tod nicht mehr möglich.

[Bearbeiten] Militärische Folgen

Nachdem man in seinem Nachlass die „Kriegsordre de Bataille“, die Mobilisierungsanweisungen für alle Eventualfälle, das „Reservathandbuch“, Maßnahmen der Spionageabwehr in Galizien, Deckadressen fremder Generalstäbe, Spionagekorrespondenzen, Dokumente über das Kundschaftswesen u.a. gefunden hatte, ging man vom größten anzunehmenden Schaden – dem Verrat der österreichischen Aufmarschplanung gegen Russland — aus. Die gefundenen Unterlagen stellten die erforderlichen Kräfte zur Eröffnung von kriegerischen Operationen und ihre Verteilung im Raum dar. Diese Annahme wurde durch russische Historiker inzwischen bestätigt.

Da sich die Affäre trotz Redls Selbstmord nicht vertuschen ließ und ans Licht kam – nach Kischs Darstellung, weil der Schlosser plauderte, der den Ermittlern Zutritt zu Redls Wohnung in Prag verschafft hatte – bemühte sich der österreichische Geheimdienst nach Kräften, die Angelegenheit in der Öffentlichkeit herunterzuspielen. Es wurde von einer ersten Spur der Spionage im März 1912 gesprochen, Redls gesteigerter Geldbedarf „im Zusammenhang mit seiner verhängnisvollen Leidenschaft“ gesetzt und durch einen veröffentlichten Obduktionsbericht eine krankhafte Veränderung seines Gehirns konstatiert. Parallel wurde versucht, so schnell wie möglich die Aufmarschplanung zu überarbeiten, der russischen Seite aber zu suggerieren, der verratene Plan sei noch in Geltung.

Es wird angenommen, dass Redls Verrat zu den Niederlagen Österreich-Ungarns während der ersten Monate des Ersten Weltkriegs beitrug, da die von ihm verratenen Pläne sehr umfangreich waren und nicht ohne weiteres in der Zeit zwischen seinem Selbstmord und dem Ausbruch des Kriegs geändert werden konnten. Da Redl außerdem österreichische und deutsche Spione in Russland auffliegen ließ und so die massive Aufrüstung der russischen Armee nach Kräften abschirmte, erhielt Österreich-Ungarn eine viel zu optimistische Vorstellung von den Kräfteverhältnissen. Der österreichische Abgeordnete zum Reichsrat Graf Adalbert Sternberg äußerte sich nach dem Ersten Weltkrieg hierzu (und in Hinblick auf den Verrat Redls an dem russischen Generalstabsoberst Kyrill Petrowitsch Laikow, der Österreich nicht weniger als den gesamten russischen Aufmarschplan angeboten haben soll) wie folgt:

„Dieser Schurke [Redl] hat jeden österreichischen Spion denunziert, denn der Fall des russischen Obersten [Laikow] wiederholte sich mehrmals. Redl lieferte unsere Geheimnisse den Russen aus und verhinderte, dass wir die russischen Geheimnisse durch Spione erfuhren. So blieb den Österreichern und Deutschen im Jahre 1914 die Existenz von 75 Divisionen, die mehr als die gesamte österreichisch-ungarische Armee ausmachten, unbekannt...

Von Sternberg geht so weit, die Folgen des Falles Redl wie folgt zu analysieren: „Hätten wir klargesehen, dann hätten unsere Generäle den Hofwürdenträger nicht zur Kriegserklärung getrieben.“

Andererseits vertraute der zaristische Generalstab offenbar ebenfalls auf die unveränderte Gültigkeit des von ihm gekauften Aufmarschplans und war überrascht, als die österreich-ungarische Hauptmacht 100 bis 200 km weiter westlich als angenommen vordrang, was zu den schmerzlichen Schlägen bei den Schlachten von Krasnik und Komarow führte.

[Bearbeiten] Verfilmung

  • Der Film »Spionage« (1955) erzählt die authentische Geschichte des Oberst Redl, der 1913 der Spionage überführt wurde und danach Selbstmord beging. Es werden hierbei die historischen und psychologischen Hintergründe des Geschehens rekonstruiert. An dem Film wirkten Ewald Balser (Oberst Redl), Rudolf Forster, Gerhard Riedmann und Oskar Werner mit. Regie: Franz Antel.
  • 1985 kam die Geschichte Redls im Spielfilm »Oberst Redl« erneut ins Kino, in dem Klaus Maria Brandauer die Hauptrolle spielte. Weitere Mitwirkende waren Armin Mueller-Stahl und Gudrun Landgrebe. Regie: István Szabó.

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks

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